rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht bei zu Unrecht vom Arbeits- ans Finanzgericht verwiesener Streitigkeit über die Änderung von Eintragungen des Arbeitgebers auf der Lohnsteuerkarte. Berichtigung der Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte
Leitsatz (amtlich)
1. Für Streitigkeiten um die korrekte Eintragung von Daten auf der Lohnsteuerkarte ist nicht die Finanz-, sondern die Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig. Hat das Arbeitsgericht gleichwohl einen derartigen Rechtsstreit zu Unrecht an das FG verwiesen, so hat dieses über die Sache entscheiden; die Klage beim FG ist nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (gegen FG Nürnberg, Urteil vom 2.2.1995 VI 80/94, EFG 1995, 578).
2. Da es sich aber nach wie vor um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit handelt, sind damit auch vom FG als nunmehrigem gesetzlichen Richter grundsätzlich die Vorschriften der ZPO und des ArbGG anzuwenden, mit der Folge, dass nicht der Amtsermittlungs-, sondern der Verhandlungsgrundsatz – Beibringungsgrundsatz – gilt und bei substantiiertem Vortrag des Klägers gegen den beklagten Arbeitgeber ein Versäumnisurteil ergehen kann.
Normenkette
FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1; ArbGG §§ 59, 46 Abs. 2 S. 1; EStG § 41b Abs. 1 S. 2; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e; GVG § 17a Abs. 2 S. 3; FGO § 76 Abs. 1; ZPO § 128 Abs. 1, § 331
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte 1995 der Klägerin auf der Grundlage zu berichtigen, daß sie vom 05.06. bis 31.08.1995 zu einem monatlichen Nettoentgelt von 2.000,00 DM bei ihm beschäftigt war, und die entsprechende Einbehaltung der Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Arbeitnehmeranteil zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu bescheinigen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Versäumnisurteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Beschluß:
Der Streitwert wird 8.000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin hat Klage beim Arbeitsgericht L. mit dem Antrag erhoben, den Beklagten zu verurteilen, ihre, der Klägerin, Lohnsteuerkarte sowie die Versicherungsnachweise dahingehend zu berichtigen, daß sie in der Zeit vom 05. Juni 1995 bis zum 31. August 1995 zu einem monatlichen Nettoentgelt in Höhe von 2.000,00 DM beim Beklagten beschäftigt und gesetzlich versichert war, sowie den Beklagten zu verurteilen, ihr nachzuweisen, daß er die Sozialversicherungsbeiträge für den vorgenannten Zeitraum abgeführt habe.
Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, sie sei in der im Antrag genannten Zeit als Tresenkraft bei dem Beklagten beschäftigt gewesen. Es sei ein monatliches Nettoentgelt in Höhe von 2.000,00 DM vereinbart worden. Das habe der Beklagte jeweils monatlich pünktlich gezahlt, er habe aber keine Gehaltsabrechnungen vorgelegt. Das Arbeitsverhältnis sei durch fristlose Kündigung beendet worden. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe ihr der Beklagte die Lohnsteuerkarte ausgehändigt. Auf ihr seien lediglich eine Dauer des Dienstverhältnisses für die Zeit vom 01. bis 31.08.1995 und ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1.200,00 DM eingetragen worden.
Für ihr Vorbringen hat die Klägerin Beweis angetreten durch die Benennung von Zeugen und durch die Ankündigung der Vorlage der Originallohnsteuerkarte.
Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht L. am 22.12.1995 ist der Beklagte nicht erschienen. Die Klägerin hat nach Erörterung des Sach- und Streitstandes beantragt, den Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht zu verweisen.
Durch Verfügung vom 19.01.1996 hat das Arbeitsgericht L. die Beteiligten zu seiner Absicht angehört, das Verfahren, soweit es die Verurteilung zur Berichtigung der Lohnsteuerkarte betreffe, abzutrennen und an die Finanzgerichtsbarkeit zu verweisen. Die Klägerin hat entsprechende Verweisung beantragt.
Durch Beschluß vom 07.05.1996 hat das Arbeitsgericht L. den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das „Finanzgericht Cottbus” verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei dem geltend gemachten Anspruch der Klägerin handele es sich um eine Streitigkeit, die in die Zuständigkeit der Finanzgerichte falle, weil die Verpflichtung des Arbeitgebers zum ordnungsgemäßen Ausfüllen der Lohnsteuerkarte auf den öffentlich rechtlichen Vorschriften des Lohnsteuerrechts beruhe.
Gegen den Beschluß wurden keine Rechtsmittel eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten durch Versäumnisurteil zu verurteilen, die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte 1995 auf der Grundlage zu berichtigen, daß sie vom 05.06. bis 31.08.1995 bei ihm zu einem Nettoentgelt von 2.000,00 DM beschäftigt war, und den entsprechenden Bruttoarbeitslohn, die einbehaltene Lohnsteuer, den einbehaltenen Solidaritätszuschlag und den Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu bescheinigen.
Der Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsmäßiger Ladung nicht erschienen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet gemäß §§ 59, 46 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsgerichtsgesetz – ArbGG –, 331 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Zivilpr...