Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Werbungskosten bei Haftungsinanspruchnahme eines vormals wesentlich beteiligten, ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführers für Steuerschulden der aufgelösten Kapitalgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
Zahlungen eines vormals wesentlich beteiligten, ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführers aufgrund einer Haftungsinanspruchnahme nach § 69 AO für Steuerschulden der inzwischen aufgelösten Kapitalgesellschaft sind nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Haftungsinanspruchnahme durch eine Pflichtverletzung während der Tätigkeit als angestellter Gesellschafter-Geschäftsführer verursacht wurde und ein objektiver Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und der beruflichen Tätigkeit besteht.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 1; AO § 69
Tenor
Abweichend von dem Bescheid vom 30. Juli 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 2009 wird die Einkommensteuer 2007 unter Berücksichtigung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. ./. 10.101,97 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 1/10 und der Beklagte zu 9/10 zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte ist befugt, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Kläger ihrerseits zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
Die Kläger sind die Erben des am 19. Juni 2012 verstorbenen C. (künftig: Steuerpflichtiger). Der Steuerpflichtige war Inhaber des Einzelunternehmens C., Immobilien/Bau/Versicherungen. Er ermittelte seinen Gewinn zunächst durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung und ging zum 31. Dezember 2006 zur Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich über.
Außerdem war er finanziell zu 100 % an der D. Ltd. (D.) beteiligt und führte als Verfügungsberechtigter ihre Geschäfte in Deutschland. Diese Gesellschaft war in der Zeit vom 20. Mai 1996 bis zu ihrer Löschung am 29. Januar 2002 im britischen Handelsregister eingetragen. Sie erbrachte Bauleistungen in Deutschland, kam ihren inländischen steuerlichen Verpflichtungen jedoch nur unzureichend nach. Nach den Erkenntnissen des für ihre Besteuerung zuletzt zuständigen Finanzamts H. unterhielt sie in England keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und beschäftigte dort auch kein eigenes Personal. Der formelle Sitz erwies sich als bloßes Rechtsdomizil einer Briefkastengesellschaft. Das Stammkapital betrug 100,00 GBP, von denen lediglich 2,00 GBP eingezahlt waren. Bei der Gesellschafterin, der E. Ltd., handelte es sich ebenso wie bei der Schriftführerin, der F. Ltd., um inaktive Gesellschaften, die regelmäßig nur zum Zwecke der treuhänderischen Übernahme von Geschäftsanteilen und Direktorenmandaten gegründet werden.
Mit Haftungsbescheid vom 10. April 2003 nahm das Finanzamt H. den Steuerpflichtigen als ehemaligen inländischen Verfügungsberechtigten der D. neben der Gesellschaft für deren Steuerschulden zunächst in Höhe von 20.981,33 EUR gemäß § 69 i.V.m. § 35 Abgabenordnung (AO) in Anspruch. Auf den dagegen erhobenen Einspruch des Steuerpflichtigen nahm das Finanzamt H. den Haftungsbescheid mit Schreiben vom 18. April 2007 teilweise zurück und reduzierte die Haftungssumme auf 10.101,97 EUR. In der Bilanz seines Einzelunternehmens auf den 31. Dezember 2006 stellte der Steuerpflichtige für diese Haftungsschuld eine Rückstellung in Höhe von 11.000,00 EUR ein.
In der Zeit von September 2008 bis Juni 2009 führte der Beklagte hinsichtlich des Einzelunternehmens des Steuerpflichtigen eine Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 2005 und 2006 durch.
Dabei stellte die Prüferin fest, dass der Steuerpflichtige im Februar 2006 einen „Masseur-Sessel” für 2000,00 EUR brutto für sein Unternehmen angeschafft hatte. Weil eine Besichtigung des Sessels im Rahmen der Betriebsprüfung nicht möglich gewesen sein soll, verneinte die Prüferin die betriebliche Veranlassung der Anschaffung dieses Sessels und versagte die geltend gemachten Absetzungen für Abnutzung (AfA) in Höhe von 365,14 EUR sowie den Vorsteuerabzug in Höhe von 275,86 EUR.
Außerdem erkannte sie die Rückstellung für die Haftungsschuld nicht an, weil diese Schuld in keinem Zusammenhang mit dem Einzelunternehmen des Steuerpflichtigen stehe.
Den gegen die entsprechenden Änderungsbescheide für 2006 eingelegten Einspruch wies der Beklagte ebenso zurück wie den mit derselben Begründung erhobenen Einspruch gegen die (erstmalige) Einkommensteuerfestsetzung 2007.
Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.
Zur Begründung führte der Steuerpflichtige aus, er nutze den Sessel in seinem Büro. Entgegen der entsprechenden Behauptung in der Einspruchsentscheidung habe er sich nicht geweigert, den Sessel der Betriebsprüferin zu zeigen. Vielmehr habe der Beklagte die mehrfachen Angebote zur Besichtigung des Sessels nicht wahrgenommen.
Seine Auffas...