rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückstellungsbildung wegen Erfüllungsrückstand. Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung als Ermessensentscheidung und in der Besetzung der mündlichen Verhandlung. Nichtberücksichtigung nachträglichen Vorbringens
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Rückstellungsbildung aufgrund der Verpflichtung zur Nachbetreuung von Lebensversicherungen ohne zusätzliche Vergütung erfordert Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die so konkret und spezifiziert sind, dass eine angemessene Schätzung der Höhe der zu erwartenden Betreuungsaufwendungen möglich ist. Dabei sind nur Leistungen für die Betreuung bereits abgeschlossener Verträge einzubeziehen.
2. Die Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist vom Senat in derjenigen Besetzung zu treffen, in der er bereits mündlich verhandelt hat (entgegen BFH v. 28.2.1996, II R 61/95, BStBl II 1996, 318, und BFH v. 23.10.2003, V R 24/00, BStBl II 2004, 89).
3. Wirksam erlassen ist ein Urteil erst mit seiner Verkündung gem. § 104 Abs. 1 FGO, bei Zustellung des Urteils jedoch frühestens mit einer etwaigen formlosen Bekanntgabe der Urteilsformel an einen Beteiligten. Solange eine – in diesem Sinn – noch nicht verkündete Entscheidung noch nicht zugestellt ist, stellt sie ein grundsätzlich noch abänderbares „Internum” des Gerichts dar.
4. Der FG-Senat entscheidet nach eigenem Ermessen über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
5. Ein Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist gem. § 155 FGO i.V.m. § 296a S. 1 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen, wenn es sich nicht um bloße Ergänzungen oder Erläuterungen des bisherigen Vortrags wie sie womöglich ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung berücksichtigt werden könnten, sondern um einen neuen Sachvortrag gepaart mit der erstmaligen Vorlage von Unterlagen handelt.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 3a; HGB § 249; FGO § 93 Abs. 2 S. 3, § 5 Abs. 3 S. 2, §§ 104, 103, 155; ZPO § 296a; AO § 162
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die einkommensteuerliche Berücksichtigung einer Rückstellung für die Betreuung von Lebensversicherungsverträgen.
Der am 30. Mai 1965 geborene Kläger betreibt ausweislich des vom ihm vorgelegten Vertretungsvertrag mit der X. Versicherungs-AG, Zweigniederlassung B., seit dem 01. Januar 1998 eine sog. X.-Hauptvertretung.
In diesem Vertrag ist u.a. bestimmt:
„2.1.1 Der Vertreter ist ständig damit betraut, der vertragsschließenden Gesellschaft und den mit dieser im Rahmen der X.-Gruppe verbundenen Gesellschaften sowie Kooperationspartnern (alle nachfolgend Gesellschaften genannt) Versicherungsgeschäft … nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen bzw. der dem Vertreter ausgehändigten Richtlinien und Produktbeschreibungen der Gesellschaft zu vermitteln. Der Vertreter ist dabei verpflichtet, sich mit ganzer Kraft um den regelmäßigen Zugang neuer und für die Erhaltung der bestehenden Versicherungen zu bemühen (Bemühungspflicht).
Um die bestehenden Versicherungen zu erhalten, pflegt der Vertreter im Rahmen seiner Möglichkeiten laufend Kontakt mit den Versicherungsnehmern, berät sie aus eigener Initiative oder auf deren Wunsch. Ziel ist es dabei immer, das der Kunde umfassend versichert ist und bleibt.
Der Vertreter nimmt stets die Interessen der Gesellschaften mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahr und weist die Gesellschaften auf drohende Gefahren hin (Interessenwahrnehmungspflicht).
2.1.2 Die Beiträge werden von den Gesellschaften direkt eingezogen. Ausnahmen davon erhält ein Merkblatt über die Annahme und Abrechnung von Beiträgen in der jeweils geltenden Fassung. Der Vertreter wird die Gesellschaften beim Beitragseinzug unterstützen, und zwar insbesondere dann, wenn der Versicherungsnehmer in Beitragsverzug geraten ist.
2.2 Vollmachten
2.2.1 Der Vertreter ist als Versicherungsagent i.S.d. VVG, soweit nicht im Vertretungsvertrag oder in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen etwas anderes bestimmt ist, bevollmächtigt …
- Anträge auf Abschluss, Verlängerung oder Änderung eines Versicherungsvertrages sowie den Widerruf solcher Anträge entgegenzunehmen
- Anzeigen beim Abschuss und während der Laufzeit des Versicherungsvertrages sowie sonstige die Versicherung betreffende Erklärungen von dem Versicherungsnehmer entgegenzunehmen
- die von den Gesellschaften ausgefertigten Versicherungsscheine, Nachträge und Beitragsberechnungen nach Einlösung auszuhändigen
- Beiträge nebst Zinsen und Kosten anzunehmen, soweit er von den Gesellschaften ausgefertigte und unterzeichnete Dokumente besitzt.
…
2.2.2 … Der Vertreter ist ferner nicht berechtigt, Beitragsklagen im eigenen Namen oder im Namen der Gesellschaften zu erheben …
6. Provision (Vergütung)
6.1 Der Vertreter erhält für seine Tätigkeit von den Beiträgen, die aufgrund der von ihm vermittelten oder ihm zur Betreuung übertragenen Versicherungsverträge gezahlt werden, Provisionen und evtl. Pfl...