Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzurechnung nicht abzugsfähiger Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Es kann nicht sachdienlich sein, im Wege der Teileinspruchsentscheidung über Fragen zu entscheiden, die gänzlich leer laufen würden, wenn der – nach Auffassung der Finanzbehörde - im Übrigen die Verfahrensruhe rechtfertigende Musterprozess vor dem BFH im Sinne des Einspruchsführers entschieden wird.
- Die Verfassungsmäßigkeit des § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001, der bei der Hinzurechnung nicht abzugsfähiger Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG die Berücksichtigung von Unterentnahmen aus der Zeit vor 1999 ausschließt, ist ernstlich zweifelhaft.
- Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm rechtfertigen die Aussetzung der Vollziehung.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4a, § 52 Abs. 11 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1; AO § 363 Abs. 2 S. 2, § 367 Abs. 2a S. 1; FGO § 69
Streitjahr(e)
2003, 2004
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Hinzurechnung nicht abzugsfähiger Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes – EStG – in den Streitjahren 2003 und 2004.
Die Antragstellerin erzielt gewerbliche Einkünfte aus der chemisch-technischen Veredelung von Pflanzenfasern. Nicht vermögensmäßig beteiligte Komplementärin der Antragstellerin ist die A.-Beteiligungs GmbH, Kommanditisten sind Herr Bert A. mit einer Beteiligung von 75 % und Frau Heike A. mit einer Beteiligung von 25 %. Es besteht eine Betriebsaufspaltung zwischen der Antragstellerin als Betriebsgesellschaft und der A.-Grundstücks GbR als Besitzgesellschaft.
Zum 1. Januar 1999 erwarb der Kommanditist Bert A. 50 % seiner Beteiligung zu einem Kaufpreis i.H.v. 5.372.000 DM zuzüglich 19.119 DM Anschaffungsnebenkosten hinzu. Zugleich erwarb er eine entsprechende Beteiligung an der A.-Grundstücks GbR. Die Anteilserwerbe wurden in voller Höhe fremdfinanziert über ein Darlehen der A-Bank sowie ein Darlehen der Antragstellerin, die sich wiederum bei der A-Bank refinanzierte. Die Verbindlichkeiten wurden in der Sonderbilanz des Gesellschafters bei der jeweiligen Personengesellschaft als negatives Sonderbetriebsvermögen II passiviert. Im Jahr 2003 wurden die Verbindlichkeiten aus dem Anteilserwerb umgeschuldet durch Ablösung des Darlehens bei der A-Bank und Aufnahme eines Darlehens bei der B-Bank.
Durch Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 11. März 2005 bzw. 19. Juni 2006 stellte der Antragsgegner die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 370.456,31 EUR (2003) bzw. 535.052,71 EUR (2004) fest.
Mit Bescheiden vom 7. Mai 2008 änderte der Antragsgegner die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2003 und 2004 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO - und stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 396.329,31 EUR (2003) bzw. 551.047,71 EUR (2004) fest. Den Gewinnerhöhungen lagen Hinzurechnungen nach § 4 Abs. 4a EStG i.H.v. 25.873 EUR (2003) bzw. 15.995 EUR (2004) zugrunde. Auf die den Bescheiden beigefügten Berechnungen des Hinzurechnungsbetrags sowie der Über-/Unterentnahme und des verbleibenden Verlusts nach § 4 Abs. 4a EStG wird Bezug genommen. Dabei behandelte der Antragsgegner 14,62 % der im Sonderbereich des Kommanditisten Bert A. angefallenen Schuldzinsen für die Finanzierung der Personengesellschaftsanteilserwerbe, d.h. 18.288,43 EUR (2003) bzw. 15.000,08 EUR (2004), als auf den Erwerb von Umlaufvermögen entfallend und damit als nicht begünstigt im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG.
Gegen diese Bescheide legte die Antragstellerin fristgemäß Einspruch ein. Sie machte zunächst geltend, der zum 1. Januar 1999 bestehende Unterentnahmesaldo i.H.v. 2.084.000 EUR müsse entgegen der bestehenden Gesetzeslage berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die beim Bundesfinanzhof - BFH - anhängigen Revisionsverfahren könne der Einspruch zum Ruhen gebracht werden. Weiterhin müsse die Anschaffung der Beteiligung an einer Personengesellschaft insgesamt als Anschaffung von Anlagevermögen im Sinne von § 4 Abs. 4a EStG angesehen werden. Jedenfalls betrage der auf das Umlaufvermögen entfallende Kaufpreisanteil lediglich 6,9 %. Auf die Anlage 2 zum Schreiben vom 22. Juli 2008 (Einspruchshefter des Antragsgegners) wird Bezug genommen. Ferner seien die im Jahr 2003 im Sonderbereich berücksichtigten Entnahmen fehlerhaft. Sie ergäben sich nur aus der Umfinanzierung des Finanzierungsvolumens aus dem Anteilskauf, das sich nunmehr in einem anderen Verhältnis auf die Antragstellerin und die A.-Grundstücks GbR aufteile. Die Umschuldung sei nicht im Verhältnis 1:1 erfolgt, vielmehr sei der Finanzierungsbetrag für die Anteile an der Antragstellerin erhöht und für die Anteile an der A.-Grundstücks GbR vermindert worden. Hieraus ergebe sich vordergründig eine Entnahme im Bereich der Antragstellerin und eine Einlage im Bereich der A.-Grundstüc...