Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung der Mineralölsteuer nach Stromerzeugung aus versteuertem Gasöl
Leitsatz (redaktionell)
- Der EuGH wird um eine Vorabentscheidung zu folgender Frage ersucht:
- Ist Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a der RL 2003/96/EG vom 27.10.2003 dahin auszulegen, dass sich ein Unternehmen, das versteuertes Gasöl zur Stromerzeugung verwendet und einen Antrag auf Vergütung der Steuer gestellt hat, unmittelbar auf diese Bestimmung berufen kann?
- Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a Satz 1 der RL 2003/96 ist die klare und genaue Verpflichtung der Mitgliedstaaten entnehmen, Energieerzeugnisse, die zur Stromerzeugung verwendet worden sind, von der Steuer zu befreien.
- Der deutsche Gesetzgeber ist dieser Verpflichtung nicht innerhalb der Frist des Artikel 28 Absatz 1 der RL 2003/96, sondern erst durch das am 1.8.2006 in Kraft getretene Energiesteuergesetz nachgekommen.
- Von der möglichen Befugnis, zur Stromerzeugung verwendete Energieerzeugnisse aus umweltpolitischen Gründen weiter zu besteuern, hat der deutsche Gesetzgeber im Umsetzungsakt keinen Gebrauch gemacht.
Normenkette
RL 2003/96/EG Art. 6 Buchst. c, Art. 14 Abs. 1 Buchst. a, Art. 28 Abs. 1; MinöStG §§ 1-2; EnergieStG § 53; KN Pos. 2710
Streitjahr(e)
2004
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist die Betreiberin des Flughafens X. Zur Bordstromversorgung von Flugzeugen unterhält sie Bodenstromaggregate, mit denen Strom erzeugt wird. Für die Erzeugung des Stroms verwendete sie im Kalenderjahr 2004 insgesamt 585.642 Liter versteuertes Gasöl. Am 30. Dezember 2005 beantragte sie beim beklagten Hauptzollamt die Vergütung der Steuer und bezog sich zur Begründung ihres Antrags auf Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2003/96/EG (Richtlinie 2003/96) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 283/51). Das beklagte Hauptzollamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18. Januar 2006 ab und führte aus, das noch geltende deutsche Mineralölsteuergesetz sehe für die Verwendung von versteuertem Gasöl zur Stromerzeugung keine Vergütung der Steuer vor. Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2003/96 entfalte keine unmittelbare Wirkung.
Die Klägerin hat nach der erfolglosen Durchführung eines außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens Klage erhoben, mit der sie ihr Vergütungsbegehren weiterverfolgt und vorträgt: Im Gegensatz zu der vom beklagten Hauptzollamt vertretenen Auffassung könne sie sich auf Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2003/96 berufen, weil diese Bestimmung inhaltlich unbedingt sei. Danach gelte der Grundsatz der Steuerfreiheit von zur Stromerzeugung verwendeten Energieerzeugnissen. Ausnahmen hiervon müssten durch den jeweiligen Mitgliedstaat geregelt werden. Habe der Mitgliedstaat keine Ausnahme geregelt, verbleibe es bei der Steuerbefreiung.
Das beklagte Hauptzollamt ist der Klage entgegengetreten und trägt vor: Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2003/96 entfalte keine unmittelbare Wirkung, weil die Bestimmung nicht inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sei. Den Mitgliedstaaten sei die Möglichkeit verblieben, Energieerzeugnisse aus umweltpolitischen Gründen zu besteuern. Was hierunter zu verstehen sei, sei weder in Artikel 14 noch in anderen Bestimmungen der Richtlinie 2003/96 definiert. Einem einzelstaatlichen Gericht sei es allein unter Zugrundelegung des Artikels 14 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2003/96 nicht möglich festzustellen, ob ein bestimmter Tatbestand steuerbefreit sei oder eine Besteuerung aus umweltpolitischen Gründen erfolgen könne.
II.
Für die Entscheidung über die Vorlagefrage sind folgende Vorschriften des deutschen Mineralölsteuergesetzes, das im Jahr 2004 noch gegolten hat, von Bedeutung:
§ 1 Begriffsbestimmungen
(1) Mineralöl unterliegt im Steuergebiet nach Maßgabe des Absatzes 3 der Mineralölsteuer. Steuergebiet ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Gebiet von Büsingen und ohne die Insel Helgoland...
(2) Mineralöl im Sinne des Gesetzes sind:
...
4. die Waren der Position 2710 der Kombinierten Nomenklatur,
...
§ 2 Regelsteuersätze, Begriffsbestimmungen
(1) Die Steuer beträgt
...
4. für 1.000 l Gasöle der Unterposition 2710 0069 der Kombinierten Nomenklatur …
a) mit einem Schwefelgehalt von mehr als 10 mg/kg 485,70 EUR,
b) mit einem Schwefelgehalt von höchstens 10 mg/kg 470,40 EUR...
Das am 1. August 2006 in Kraft getretene deutsche Energiesteuergesetz enthält unter anderem folgende Bestimmung:
§ 53 Steuerentlastung für die Stromerzeugung und die gekoppelte Erzeugung von Kraft und Wärme
(1) Eine Steuerentlastung wird auf Antrag vorbehaltlich Absatz 2 gewährt für Energieerzeugnisse, die nachweislich…versteuert worden sind und die
1. zur Stromerzeugung in ortsfesten Anlagen oder
2. zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme in ortsfesten Anlagen mit einem Monats- oder J...