Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für das Fällen von 67 Birken wegen Pollenallergie als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (redaktionell)
- Krankheitskosten können auch dann als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen sein, wenn der Nachweis der Notwendigkeit der durchgeführten Maßnahme erst durch ein nachträglich ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Attest geführt wird.
- Durch die gegenteilige Rechtsprechung des BFH wird der Anwendungsbereich des § 33 EStG zu Lasten des Steuerpflichtigen ohne gesetzliche Grundlage und ohne zwingenden Grund eingeschränkt.
Normenkette
EStG § 33; EStDV § 64
Streitjahr(e)
2003
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für das Fällen von 67 Birken im November 2003 auf Grund einer Birkenpollenallergie der Tochter des Klägers als außergewöhnliche Belastungen i. S. d. § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen sind.
In seiner Einkommensteuererklärung machte der mit seiner Ehefrau zusammen veranlagte Kläger Aufwendungen in Höhe von 7.716,00 € als Krankheitskosten geltend.
Mit Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 6. April 2004 setzte der Beklagte die Einkommensteuer des Klägers und seiner mit ihm zusammen veranlagten Ehefrau auf 44.448,00 € fest. Bei der Steuerfestsetzung berücksichtigte er die geltend gemachten Krankheitskosten nicht. Zur Begründung berief er sich darauf, dass die Entfernung von Allergie auslösenden Stoffen nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden könne, wenn durch diese eine Gesundheitsgefährdung (z. B. Formaldehyd) ausgehe und sich diese in der Wohnung befänden. Da durch die Birken keine Gesundheitsgefährdung ähnlich dem Formaldehyd ausgehe und sich diese nicht in der Wohnung befänden, könnten die Aufwendungen für das Entfernen der Birken nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.
Gegen diesen Einkommensteuerbescheid legten der Kläger und seine Ehefrau Einspruch ein. Zur Begründung des Einspruchs beriefen sich die Einspruchsführer darauf, dass die Tochter des Klägers,... , an allergischem Asthma-Bronchiale leide, das durch eine Birkenpollenallergie verursacht werde. Seit dem Jahre 2001 sei sie beim Arzt für Innere Medizin und u.a.…in Behandlung. Durch die verschiedenen Therapiemaßnahmen wie Hyposensibilisierungsbehandlungen und anti-asthmatische Therapie sei kein befriedigendes Ergebnis erzielt worden. Der Krankheitsverlauf sei insbesondere durch die auf dem Wohnsitzgrundstück befindlichen Birken negativ beeinflusst worden. Die vom Arzt angeordnete Therapie wie Schutz vor Birkenpollen und Stoßlüften der Zimmerräume sei nicht möglich gewesen, da sich die Birken im unmittelbaren Lebensraum der Tochter befunden hätten. Die Birken hätten gefällt werden müssen, um eine konkrete Gesundheitsgefährdung zu entfernen. Zum Nachweis für diese Behauptung reichten der Kläger und seine Ehefrau ein fachärztliches Attest des Arztes für Innere Medizin u.a. vom 10. Juni 2004 ein, aus dem sich u. a. ergibt, dass sich die Tochter seit dem 3. Quartal 2001 in seiner fachärztlichen Behandlung befinde. Die Patientin leide an allergischem Asthma-Bronchiale und nachgewiesener Birkenpollenallergie. Es sei eine extrem hohe Konzentration von Antikörpern gegen Birke nachweisbar und es handele sich somit um eine massive Allergie, die einer Therapie bedürfe. Hyposensibilisierungsmaßnahmen und eine fachgerechte anti-asthmatische Therapie gemäß den Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga hätten keine eindeutige Besserung erbracht. Die körperliche Leistungsfähigkeit sei weiterhin eingeschränkt. Den Eltern sei bereits 2001 das Fällen sämtlicher Birken, die in der Nähe stehen und auf die sie Zugriff haben, empfohlen worden. Hierbei handele es sich um eine eindeutig medizinisch notwendige Maßnahme i. S. d. Allergenkarenz, die bei jedem allergischen Krankheitsbild, insbesondere bei schweren Asthmaformen, durchgeführt werden sollte. Außerdem reichten die Einspruchsführer die Rechnung der Firma…GmbH über das Fällen der Birken und Weiden mit einem Gesamtrechnungsbetrag von 7.502,88 € ein. Ferner reichten der Kläger und seine Ehefrau einen Lageplan des Grundstücks ein, auf den Bezug genommen wird.
Nachdem der Beklagte erstmals mit Schreiben vom 15. Februar 2005 die Auffassung vertreten hatte, dass die Vorlage eines zeitlich vor den Aufwendungen erstellten amts- oder vertrauensärztlichen Attests notwendig sei, um die Aufwendungen für das Fällen der Birken als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen, vertraten die Einspruchsführer die Auffassung, dass im Streitfall ein Ausnahmefall vorliege, in dem auch ein nachträglich erstelltes amtsärztliches Attest zuzulassen sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2005 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung berief sich der Beklagte u. a. darauf, dass ein vor Durchführung der Maßnahme ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Gut...