Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Steuerfreiheit eines Entnahmegewinns.
Die Klägerin war Eigentümerin des unbebauten, 1.428 qm großen Grundstücks … das als Gesamthandsvermögen bilanziert war. Am 23.06.1988 wurde dort mit dem Bau eines Einfamilienhauses begonnen, das … jun., einer der beiden Geschäftsführer der GmbH und Kommanditist, nach Fertigstellung selbst nutzte. Am 14.11.1988 veräußerte die Klägerin das Grundstück an ihn zum Preis von 49.260,– DM, dem von einem Gutachter ermittelten Grundstückswert. Die Differenz zum Buchwert von 1.000,– DM verbuchte sie zunächst als außerordentlichen Ertrag 1988.
Anläßlich einer Betriebsprüfung für die Jahre … beantragte die Klägerin, den Entnahmegewinn nach § 52 Abs. 15 S. 10, 11 des Einkommensteuergesetzes – EStG – steuerfrei zu belassen. Der Prüfer vertrat demgegenüber die Auffassung, der Steuerbefreiungstatbestand greife schon nach seinem Wortlaut bei aus dem Gesamthandsvermögen von Personengesellschaften entnommenen Grundstücken nicht ein. Etwas anderes gelte nur dann, wenn sich der Grund und Boden im Sonderbetriebsvermögen des entnehmenden Mitunternehmers befunden habe. Zudem betrage der maßgebliche Teilwert, da entgegen der Annahme des Gutachters Erschließungskosten von 9.900,– DM nicht mehr erhoben worden seien, 59.160,– DM. Entsprechend erhöhte der Beklagte den Entnahmegewinn in einem geänderten Feststellungsbescheid auf 58.160,– DM. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Steuerbefreiung nach § 52 Abs. 15 S. 10, 11 EStG gelte für jegliches Betriebsvermögen, sowohl eines Einzelbetriebes als auch einer Mitunternehmerschaft. Im letzteren Fall sei – so auch hier – auf die Wohnungsnutzung durch den Mitunternehmer abzustellen.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Feststellungsbescheides die Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1988 auf … DM gesondert und einheitlich festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Entnahmegewinn ist steuerfrei.
Gem. § 52 Abs. 15 S. 10 EStG bleibt ein Entnahmegewinn bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft außer Ansatz, wenn Grund und Boden nach dem 31.12.1986 dadurch entnommen wird, daß dort die Wohnung des Steuerpflichtigen errichtet wird. Bei zum Betriebsvermögen gehörigem Grund und Boden gilt die Regelung gem. Satz 11 der Vorschrift „sinngemäß”.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Anwendung der Vorschrift scheitert nicht daran, daß sich der Grund und Boden im Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft befand. Die Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 15 S. 11 EStG schreibt ausdrücklich vor, daß die Sätze 6–10 für jedes gewerbliche Betriebsvermögen gelten. Dies bedeutet, daß auch Mitunternehmer von Mitunternehmerschaften in den Genuß der Sätze 6–10 kommen sollen. Eine Einschränkung auf den Einzelunternehmer läßt sich § 52 Abs. 15 S. 11 EStG nicht entnehmen (Autenrieth, Deutsche Steuer-Zeitung 1990, 95, 98; Schmidt, EStG, 13. Aufl. § 15 Anm. 77 d). Eine solche systematische Auslegung wird durch den Regelungszweck dieser Vorschriften bestätigt. Die personenbezogenen Normen des § 52 Abs. 15 Sätze 6–11 EStG enthalten ebenso wie etwa § 6 b EStG eine steuerliche Vergünstigung, welche die steuerfreie Entnahme von Grund und Boden unabhängig davon, wie der Steuerpflichtigte organisiert ist, und ob er die Einkünfte allein (als Einzelunternehmer) oder zusammen mit anderen (als Mitunternehmer) erzielt, ermöglichen soll. Entsprechend dem Grundsatz, daß die neue Steuerbefreiungsvorschrift des § 52 Abs. 15 Sätze 6–10 EStG Entnahmegewinne bei Grund und Boden in gleichem Umfang begünstigen will, wie diese nach der bisherigen Rechtslage steuerpflichtig gewesen wären, muß auch bei Personengesellschaften des Handelsrechts die Steuerbefreiung eingreifen, wenn Grund und Boden aus dem Gesamthandsvermögen der Personenhandelsgesellschaft mit Wohnungen für eigene Wohnzwecke eines Mitunternehmers nach dem 31.12.1986 bebaut und entnommen wird (Autenrieth a.a.O.; Seithel, Deutsches Steuerrecht 1989, 55, 60).
Das Merkmal” Wohnung des Steuerpflichtigen” ist daher bei Mitunternehmerschaften nicht wörtlich aufzufassen (so aber Stephan, Der Betrieb 1989, 193, 196). Es ist vielmehr bei verständiger Würdigung des systematischen Zusammenhangs der Norm und des Regelungszwecks dahingehend zu verstehen, daß jede Wohnung, die durch einen Mitunternehmer genutzt wird, steuerfrei entnommen werden kann, da jeder Mitunternehmer selbst steuerpflichtig ist. Das Auslegungsergebnis ist durch den Wortlaut des Satz 11 der Vorschrift gedeckt, der lediglich eine „sinngemäße” Anwendung des Satz 10 vorsieht.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1988 sind daher wie folgt einheitlich und gesondert festzustellen:
Einkünfte bisher |
… DM |
Entnahmegewinn |
./. 58.160,00 DM |
Einkünfte lt. Urteil |
… DM |
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –. Die Revisionszulassung beruht auf § 115 Abs. ...