Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuererhöhende Auswirkung des Progressionsvorbehalts nur bei positivem zu versteuerndem Einkommen
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Besteuerung außerordentlicher Einkünfte kann die Regelung über den Progressionsvorbehalt (wegen Bezugs von Arbeitslosengeld) nur tariferhöhend berücksichtigt werden, wenn das nach der sog. 1/5-Regelung zu ermittelnde verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Bezüge (Steuersatz-Einkommen) positiv ist.
Normenkette
EStG § 32b Abs. 2 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Sätze 2-3
Streitjahr(e)
1999
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind Ehegatten, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. In der Einkommensteuererklärung erklärten die Kläger u.a. einen Betrag von 240.000 DM als Entschädigung für die Beendigung des Anstellungsverhältnisses des Klägers bei der „W” AG (Anlage N des Klägers). Die Kläger beantragten, den nach Abzug des Freibetrages nach § 3 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes - EStG - verbleibenden Betrag von 204.000 DM ermäßigt zu besteuern. Für die Klägerin erklärten die Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 7.424 DM sowie den Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von 9.765 DM (Anlage N der Klägerin).
Im Einkommensteuerbescheid vom 21.3.2000 gewährte der Beklagte die ermäßigte Besteuerung antragsgemäß, berücksichtigte jedoch den Freibetrag nach § 3 Nr. 9 EStG nicht. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, auf Grund dessen der Beklagte am 12.4.2000 einen Änderungsbescheid erließ, in dem er die Einkommensteuer nunmehr unter Berücksichtigung des Freibetrags auf 17.240 DM festsetzte. Dem lag folgende Berechnung zu Grunde:
zu versteuerndes Einkommen |
166.324 DM |
davon 1/5 |
33.264 DM |
zuzüglich Arbeitslosengeld |
9.765 DM |
Summe |
43.029 DM |
darauf ESt nach Splittingtabelle 1999 |
4.456 DM |
durchschnittlicher Steuersatz |
10,3666 % |
zu versteuerndes Einkommen ( durchschnittlicher Steuersatz (33.264 DM ( 5 ( 10,3666 %) = Einkommensteuer |
17.240 DM |
Die Kläger erhielten ihren Einspruch aufrecht und machten nunmehr geltend, der Steuerberechnung liege eine fehlerhafte Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts zu Grunde. Zutreffend sei eine Berechnung, die zu einer niedrigeren Steuer führe, nämlich:
zu versteuerndes Einkommen |
166.324 DM |
zuzüglich Arbeitslosengeld |
9.765 DM |
Summe |
176.089 DM |
davon 1/5 |
35.217 DM |
darauf ESt nach Splittingtabelle 1999 |
2.338 DM |
durchschnittlicher Steuersatz |
6,63865 % |
1/5 des zu versteuerndes Einkommens ( 5 ( durchschnittlicher Steuersatz (33.26480 DM ( 5 ( 6,63865 %) = Einkommensteuer |
11.041 DM |
Mit Einspruchsentscheidung vom 21.7.2000 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Er hielt an seiner Auffassung fest, die Steuer sei zutreffend berechnet. Es entspreche den gesetzlichen Regelungen, zunächst die außerordentlichen Einkünfte zu fünfteln und dann die Progressionseinkünfte hinzuzurechnen. Der danach errechnete Steuersatz sei auf die außerordentlichen Einkünfte anzuwenden.
Dagegen richtet sich die am 17.8.2000 erhobene Klage. Die Kläger wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Sie sind weiterhin der Ansicht, die Berechnung des Beklagten führe zu einer überhöhten Steuer. Es sei systemwidrig, dass die Steuerbelastung durch die Anwendung des Progressionsvorbehaltes auf das steuerfreie Arbeitslosengeld der Klägerin höher sei als bei einer Versteuerung des Arbeitslosengeldes. So hätte die Steuer ohne den Bezug des Arbeitslosengeldes 9.100 DM betragen, bei einer vollen Besteuerung des Arbeitslosengeldes würde sich die Einkommensteuer auf 11.650 DM belaufen. Eine Steuerpflicht des Arbeitslosengeldes würde damit zu einer Mehrsteuer von 2.590 DM führen. Demgegenüber liege die Steuerfestsetzung des Beklagten mit 17.241 DM um 8.141 DM höher als ohne den Bezug des Arbeitslosengeldes. Die Berechnungsweise des Beklagten führe damit dazu, dass der steuerfreie Betrag von 9.765 DM zu einer Mehrsteuer von 8.141 DM führe. Dies entspreche einer Belastung des steuerfreien Arbeitslosengeldes von 83 %. Dies belege, dass die Berechnung des Beklagten mit § 32b EStG nicht vereinbar sei, da durch die Steuerfreiheit von Einkunftsteilen die Steuerbelastung allenfalls vermindert, nicht aber vermehrt werden solle. Halte man die Berechnungsweise für dem Gesetz entsprechend, seien die entsprechenden Regelung verfassungswidrig, da die damit verbundene Spitzenbelastung von 83 % weit über die verfassungsmäßig zulässige Spitzenbelastung von 50 % hinausgehe.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuer 1999 unter Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 21.3.2000 und der Einspruchsentscheidung vom 21.7.2000 auf 9.100 DM festzusetzen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er hält die von ihm vorgenommene Berechnung weiterhin für zutreffend.
Wegen der weiteren ...