Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerverstrickung einbringungsgeborener Anteile
Leitsatz (redaktionell)
- Werden in der Eröffnungsbilanz einer durch Einbringung der Mitunternehmeranteile einer KG entstandenen AG nicht sämtliche stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens aufgelöst, führt dies zur Steuerverstrickung der einbringungsgeborenen Anteile.
- Auf die mögliche Unzulässigkeit des Buchwertansatzes infolge der Zurückbehaltung wesentlicher Teile des bisherigen Unternehmens kommt es für die Steuerverstrickung der Anteile nicht mehr an, wenn die auf dem Buchwertansatz beruhende Körperschaftsteuerveranlagung des Übertragungsjahrs bestandskräftig und nicht mehr änderbar ist.
- Die zum Sonderbetriebsvermögen II gehörenden Anteile der Komplementär-GmbH der einbringungsbetroffenen KG sind nicht als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen.
- Die nachträgliche Erhöhung der Wertansätze des eingebrachten Betriebsvermögens zum Umwandlungszeitpunkt ist keine Bilanzänderung, sondern eine steuerrechtlich unbeachtliche rückwirkende Sachverhaltsgestaltung.
- Die Entscheidung darüber, zu welchem Wert das eingebrachte Betriebsvermögen angesetzt werden, obliegt allein der aufnehmenden Kapitalgesellschaft. Aus Schriftverkehr im Besteuerungsverfahren der einbringungsbetroffenen KG kann daher keine bindende tatsächliche Verständigung über den Teilwertansatz abgeleitet werden.
- Auch eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben scheidet aus , wenn zum Zeitpunkt der möglichen Zusicherung eine wirtschaftliche Disposition über die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz der AG nicht mehr möglich war.
Normenkette
UmwStG 1995 § 20 Abs. 1, 2 S. 1, § 21 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1; EStG § 4 Abs. 2 S. 2, § 16
Streitjahr(e)
2007
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei den im Streitjahr (1996) vom Klägerveräußerten Aktien der „D-AG” („D-AG”) um einbringungsgeborene Anteile im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 (UmwStG) handelt.
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zusammenveranlagt wurden. Der Kläger hielt seit Gründung „D-AG” am 1.01.1988 Aktien dieser Gesellschaft im Privatvermögen, die er im Streitjahr veräußerte. Er war innerhalb von 5 Jahren vor dem Verkauf nicht (mehr) wesentlich im Sinne des § 17 EStG in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung an der „D-AG” beteiligt.
Die „D-AG” war durch Umwandlung der „D-GmbH & Co. KG” („D-KG”) entstanden. Hierbei wurde das Vermögen der „D-KG” mit allen Aktiva und Passiva unter Zugrundelegung deren Handelsbilanz zum 31.12.1987 auf die „D-AG” übertragen.
Die „D-KG” ihrerseits war am 12.12.1986 gegründet worden. Gründungsgesellschafter der „D-KG” waren neben der „D Verwaltungs-GmbH” („D-V GmbH”) als Komplementärin der Kläger und die „D Vertriebs-GmbH L-Stadt” („D-L GmbH”) als je zur Hälfte beteiligte Kommanditisten. Der Kläger war zugleich alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der „D-V GmbH”. Am Kapital der „D-KG” waren die Kommanditisten mit einer Einlage von je 1.000.000 DM beteiligt, wobei die „D-V GmbH” treuhänderisch für den Kläger einen Kapitalanteil von 2000 DM hielt, was lediglich der Erfüllung der Formerfordernisse des § 40 1 S. 2 Nr. 1 Umwandlungsgesetz 1987 diente. Der Kläger erbrachte die Kommanditeinlage durch Einbringung von Anteilen an der „D-L GmbH” mit einem Nominalwert von 125.000 DM.
Gesellschafter der „D-L GmbH” waren neben dem Kläger die Herren „M1” und „M2”. Die „D-L GmbH” erfüllte ihre Einlageverpflichtung durch Einbringung eigener Anteile im Nominalwert von 125.000 DM, die sie zuvor von ihren Gesellschaftern zu einem Preis von 1.225.000 DM erworben hatte. Am 20.09.1987 erwarben „M1” und „M2” jeweils 450.000 DM sowie der Kläger die restlichen 100.000 DM der Anteile (Kommanditeinlage) der „D-L GmbH”. Ab diesem Zeitpunkt waren damit der Kläger mit einem Anteil von 1.100.000 DM (55 v.H.) sowie „M1” und „M2” mit je 450.000 DM (je 22,5 v.H.) Kommanditisten der „D-KG”.
Die Einlage des Klägers war zunächst zum Buchwert erfolgt, wobei der überschießende Betrag von 875.000 DM in einer negativen Ergänzungsbilanz ausgewiesen wurde. Dem nachfolgend gestellten Antrag des Klägers auf Einbringung zum Teilwert wurde entsprochen, so dass die ursprünglich eingebrachten Anteile des Klägers bei gleichzeitigem Wegfall der negativen Ergänzungsbilanz nunmehr auch steuerlich wie in der Handelsbilanz mit 1.000.000 DM bilanziert waren.
Zum 1.01.1988 wurde die „D-AG” von den Gesellschaftern der „D-KG” gegründet. Das Grundkapital bei Gründung betrug 2.000.000 DM, aufgeteilt in 40.000 Aktien im Nennbetrag von je 50 DM. Die Gründer übernahmen gegen Sacheinlage Aktien der „D-AG”. Sie brachten hierzu ihre Mitunternehmeranteile an der „D-KG” in die „D-AG” ein. Die Beteiligung an der „D-V GmbH” übernahm der Kläger dagegen in das Privatvermögen. Der Wert des eingebrachten Vermögens der „D-KG” wurde mit 2.000.000 DM angesetzt. Dieser Wert entspricht dem Buchwertansatz in der Bilanz der „D-KG” zum 31.12.1987. Auf den Kläger entfielen 22.000 Aktien (i...