Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch eines deutschen Selbständigen, der in Griechenland als Architekt tätig war
Leitsatz (redaktionell)
- Ein aus Griechenland zugezogener selbständiger Architekt, der ungeachtet seiner ausschließlichen freiberuflichen Tätigkeit im Inland übergangsweise (August 2007 bis März 2008) in der griechischen Kasse für Ingenieure und Bauunternehmer für öffentliche Arbeiten (TSMEDE) rentenversichert und beitragspflichtig ist, hat für seine zusammen mit ihren Eltern in Deutschland lebende Tochter, für die aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses seiner Ehefrau bei einem griechischen Konsulat 18 € Kindergeld vom griechischen Staat geleistet werden, für diesen Zeitraum Anspruch auf Teil-Kindergeld in Höhe der Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld und den griechischen Familienleistungen.
- Die Einschränkung des persönlichen Geltungsbereichs der VO (EWG) Nr. 1408/71 nach deren Anhang I Teil I Buchst C. (Versicherungs- oder Beitragspflicht in deutscher Versicherung) findet ausschließlich auf solche Familienleistungen Anwendung, die für Familienangehörige gezahlt werden sollen, die nicht in der Bundesrepublik Deutschland wohnen.
Normenkette
EStG § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; VO (EWG) Nr. 1408/71 Art. 1 Buchst. a Ziff. ii, Buchst. j Unterabs. 4, Art. 2 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1, 2 Buchst. b), Art. 14a Nr. 2; VO (EWG) Nr. 1408/71 Art. 73; Anhang I Teil I Buchst. C Unterabs. b erster Gedankenstrich; Anhang II; DVO (EWG) Nr. 574/72 Art. 10
Streitjahr(e)
2007, 2008
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger war in Griechenland als Architekt selbständig tätig und dort in der Kasse für Ingenieure und Bauunternehmer für öffentliche Arbeiten (TSMEDE) rentenversichert. Die Ehefrau des Klägers ist als vom griechischen Staat beamtete Lehrerin beschäftigt. Seit dem 31.7.2007 arbeitet sie bei dem griechischen Konsulat in Z-Stadt. Sie erhält für die am 25.3.2006 geborene gemeinsame Tochter B, die seit dem 1.8.2007 zusammen mit ihren Eltern in Deutschland lebt, 18 EUR Kindergeld vom griechischen Staat. Der Kläger beantragte am 23.8.2007 deutsches Kindergeld. Mit Bescheid vom 28.2.2008 lehnte die Familienkasse unter Bezug auf den Beschluss der Verwaltungskommission der Europäischen Gemeinschaften Nr. 207 zur Auslegung des Begriffs der Erwerbstätigkeit i.S. der VO (EWG) 1408/71 den Antrag ab. Den hiergegen vom Kläger am 18.3.2008 erhobenen Einspruch, wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 9.6.2008 unter Hinweis auf die Zugehörigkeit des Klägers zur Einrichtung der Altersvorsorge in Griechenland zurück.
Der Kläger hat am 7.7.2008 Klage erhoben und trägt im Wesentlichen vor, es sei nicht zutreffend, dass er in Deutschland nicht erwerbstätig sei. Vielmehr sei er hier als freiberuflicher Architekt selbstständig tätig. Er habe bis Mai 2007 Einkünfte in Griechenland bezogen und bis März 2008 Beiträge zu dem Ingenieurversorgungswerk geleistet. Ab Juni 2007 habe er aus Griechenland keine Einkünfte mehr erhalten. Seit 1.8.2008 ist er Mitglied der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 4.2.2009 rückwirkend ab April 2008 Kindergeld in Höhe von 154 EUR bewilligt.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
unter Aufhebung des Bescheides vom 28.2.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.6.2008 die Beklagte zu verpflichten, für seine Tochter B Kindergeld in Höhe von monatlich 136 EUR für den Zeitraum August 2007 bis März 2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, der Kläger habe in dem fraglichen Zeitraum ausschließlich den griechischen Sozialvorschriften unterlegen, daher scheide deutsches Kindergeld aus.
Die Beteiligten haben, soweit die Beklagte rückwirkend Kindergeld für den streitbefangenen Zeitraum bewilligt hat, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Sie haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und sich damit einverstanden erklärt, dass der Berichterstatter an Stelle des Senats entscheidet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Familienkasse vorgelegten Kindergeldakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid vom 28.2.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.6.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte war daher dazu zu verpflichten, dem Kläger Teil-Kindergeld in Höhe der Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld und den griechischen Familienleistungen zu zahlen.
Der Kläger hat, da sowohl er wie auch seine leibliche Tochter in Deutschland einen Wohnsitz haben, grundsätzlich einen Anspruch auf deutsches Kindergeld nach § 62 ff EStG. Dies wird von der Beklagten auch nicht bestritten. Der Kindergeldanspruch ist nicht nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen. Hiernach wird Kindergeld für ein Kind nicht gezahlt, für das Leistungen im Ausland gewährt werden, die dem Kinde...