Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnungsbetrag für Vorerwerbe
Leitsatz (redaktionell)
- Der Abzugsbetrag nach § 14 Abs. 1 S. 2 ErbStG ist nach den zur Zeit des letzten Erwerbs geltenden Vorschriften und dem nach dem Wert der früheren Erwerbe einschlägigen Steuersatz zu ermitteln. Dieser Steuersatz kann nicht nach dem sich aus dem Wert des letzten Erwerbs zuzüglich des Wertes der Vorerwerbe ergebenden Gesamtbetrag bemessen werden.
- Mit der Einführung des § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG durch das Jahressteuergesetz 1997 hat der Gesetzgeber den Problembereich einer möglichen Überprogression bei einer Folge von Schenkungen, die sich über den Zehnjahreszeitraum hinaus erstreckt, nunmehr abschließend durch eine pauschalierende Billigkeitsbestimmung dahingehend geregelt, dass anstelle der fiktiven Steuer nach § 14 Abs. 1 S. 2 ErbStG die tatsächlich für die in die Zusammenrechnung einbezogenen früheren Erwerbe zu entrichtende Steuer abzuziehen ist, wenn diese höher ist.
Normenkette
ErbStG § 14 Abs. 1 Sätze 1-3
Streitjahr(e)
2005, 2006
Nachgehend
Tatbestand
Der Vater des Klägers wendete diesem am 13. Dezember 1990 eine freigebige Zuwendung mit einem Steuerwert von 7.317.429 DM zu. Am 19. Dezember 1995 erhielt der Kläger von seinem Vater weitere Zuwendungen mit Steuerwerten von 149.691 DM und 177.217 DM (insgesamt 326.908 DM). Das beklagte Finanzamt setzte wegen der Erwerbe vom 19. Dezember 1995 gegen den Kläger letztmalig mit Bescheid vom 24. März 2000 52.304 DM Schenkungsteuer fest. Dabei berücksichtigte es den Vorerwerb aus dem Jahr 1990, was zu einem Steuersatz für den Gesamterwerb von 16 v.H. führte.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 18. Dezember 2003 übertrug der Vater des Klägers diesem unentgeltlich Geschäftsanteile an der A-Holding-GmbH. Für diesen Erwerb setzte das beklagte Finanzamt gegen den Kläger mit Bescheid vom 23. November 2005 439.916 EUR Schenkungsteuer fest. Dabei rechnete es dem Wert der Geschäftsanteile von 4.156.700 EUR die Vorerwerbe vom 19. Dezember 1995 mit 167.145 EUR (= 326.908 DM) hinzu und zog von der mit einem Steuersatz von 19 v.H. ermittelten Steuer für den Gesamtbetrag von 466.659 EUR einen Betrag von 26.743 EUR ab, welcher der mit dem Bescheid vom 24. März 2000 festgesetzten Steuer von 52.304 DM für die Vorerwerbe entsprach. Die fiktiv für die Vorerwerbe berechnete Steuer ermittelte das beklagte Finanzamt wie folgt:
Erwerbe vom Dezember 1995 |
167.145 EUR |
./. Freibetrag von 90.000 DM abzüglich für die Zuwendung vom Dezember 1990 bereits verbrauchter Freibetrag von 90.000 DM |
0 EUR |
steuerpflichtiger Erwerb |
167.145 EUR |
abgerundet |
167.100 EUR |
auf zu erhebender Steuersatz von 11 v.H |
hier 18.381 EUR |
Den hiergegen eingelegten Einspruch des Klägers, mit dem er begehrte, den Anrechnungsbetrag für die Vorerwerbe mit 31.757 EUR abzuziehen, wies das beklagte Finanzamt mit Entscheidung vom 6. Juni 2006 zurück.
Der Kläger trägt mit seiner Klage vor: Der Anrechnungsbetrag für die Vorerwerbe vom Dezember 1995 sei unter Anwendung eines Steuersatzes von 19 v.H. zu ermitteln, so dass sich ein Betrag von 31.757,55 EUR und nicht ein solcher von lediglich 26.743 EUR ergebe. Der Steuersatz von 19 v.H. sei in dem Schenkungsteuerbescheid vom 23. November 2005 zugrunde gelegt worden. Nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. Januar 2002 II R 78/99, BFHE 197, 280, BStBl II 2002, 316 sei die Überprogression, die dadurch eingetreten sei, dass der Vorerwerb aus dem Jahr 1995 durch die Zusammenrechnung mit dem Erwerb aus dem Jahr 1990 einem Steuersatz von 16 v.H. unterworfen worden sei, zu korrigieren. Die Korrektur der Überprogression bemesse sich nach dem Steuersatz, der für den Vorerwerb aus dem Jahr 1995 nach § 14 Abs. 1 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) auf die Zuwendung aus dem Jahr 2003 anzuwenden sei. Dies seien 19 v.H. von 167.100 EUR und damit 31.749 EUR.
Der Kläger beantragt,
1. den Schenkungsteuerbescheid vom 23. November 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2006 aufzuheben, soweit damit mehr als 434.902 EUR Steuer festgesetzt worden ist;
2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt es vor: Im Streitfall sei gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG die tatsächlich für die Vorerwerbe entrichtete Steuer von umgerechnet 26.743 EUR anzurechnen, weil diese höher sei als die fiktiv nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG berechnete Steuer. Bei der Berechnung der fiktiven Steuer sei der Steuersatz zugrunde zu legen, der zur Zeit des letzten Erwerbs vom 18. Dezember 2003 für die Vorerwerbe anzuwenden gewesen wäre. Der insoweit anzuwendende Steuersatz müsse nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG nicht mit dem Steuersatz für den Letzterwerb übereinstimmen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der Schenkungsteuerbescheid vom 23. November 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2006 ist – im angefochte...