Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug bei Finanzierung der Ausbildung durch die Eltern und späterer teilweiser Erstattung der Kosten durch den Arbeitgeber
Leitsatz (redaktionell)
- Dem Abzug von Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als vorab entstandene Werbungskosten steht es nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige seine Aufwendungen aus Geld bestritten hat, das ihm zuvor seine Eltern auf sein Konto überwiesen haben.
- Über die Frage eines etwaigen, aus § 3c EStG folgenden Abzugsverbotes wegen erst künftig zu erwartender steuerfreier ausländischer Einkünfte ist bei derartigen vorab entstandenen Werbungskosten nicht im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung des verbleibenden vortragsfähigen Verlustes, sondern erst im Rahmen der Veranlagung zu entscheiden, bei der die – ggf. dem Progressionsvorbehalt unterliegenden – Einnahmen zu erfassen sind.
- Eine Verlustfeststellung scheitert nicht daran, dass im Zeitpunkt der Antragstellung auf gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Verlustes für die bislang nicht veranlagten Zeiträume der Verlustentstehung bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war oder dass der Antrag nicht innerhalb der für eine Antragsveranlagung geltenden Frist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG gestellt worden ist.
- Liegt für ein späteres Jahr eine bestandskräftige, unabänderbare und einen positiven Gesamtbetrag der Einkünfte ausweisende Steuerfestsetzung vor, ist dennoch der zum Ende des Vorjahrs festgestellte Verlust auch zum Ende dieses Jahres in verbleibender Höhe festzustellen.
- Der Steuerpflichtige ist dabei nicht gehindert, geltend zu machen, der positive Gesamtbetrag der Einkünfte sei niedriger gewesen, als in dem Steuerbescheid für das bestandskräftig veranlagte Jahr zugrunde gelegt.
- Die in § 181 Abs. 5 Satz 1 AO enthaltene Einschränkung, dass die Festsetzungsfrist für den Folgebescheid im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen sein darf, gilt nur zugunsten des Steuerpflichtigen, nicht hingegen dann, wenn dessen Antrag auf Erlass eines ihm günstigen Grundlagenbescheides bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist für den Folgebescheid nicht bearbeitet wird; die insoweit bestehende Lücke im Gesetz ist durch analoge Anwendung des § 171 Abs. 3 AO zu schließen.
Normenkette
EStG §§ 3c, 9, 10d Abs. 4, § 19; AO § 157 Abs. 2, § 171 Abs. 3, 10, § 181
Streitjahr(e)
1994, 1995, 1996
Nachgehend
Tatbestand
Nach seinem Abitur im Jahr 1992 studierte der Kläger, der nach seinen Angaben in den Jahren 1992 bis 1995 keine Einnahmen i.S.d. Einkommensteuergesetzes – EStG – erzielte, Maschinenbau. Das Studium brach er ohne Abschluss zum Beginn des Wintersemesters 1994/1995 ab, um ab dem 5.12.1994 eine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer zu machen. Nach erfolgreichem Abschluss dieser Ausbildung durch Erwerb der Erlaubnis zum Verkehrsflugzeugführer am 5.7.1996 begann der Kläger ab dem 1.8.1996 bei der Flug AG eine unbezahlte Standardisierungsschulung nebst Erwerb der Musterzulassung für den Airbus A 320. Der erste Schulungsabschnitt endete im Oktober 1996, der zweite Ausbildungsabschnitt begann im März 1997. In der ausbildungsfreien Zeit übte der Kläger eine Aushilfstätigkeit bei der P AG aus. Seit Beendigung der Standardisierungsschulung am 2.5. 1997 ist der Kläger bei der Flug AG als Verkehrsflugzeugführer fest angestellt.
Für die Jahre 1994 und 1995 gab er keine Steuererklärung ab. Für das Jahr 1996 wurde die Einkommensteuer mit Bescheid vom 27.2.1997 unter Berücksichtigung eines Gesamtbetrages der Einkünfte (GdE) von 5.607 DM erklärungsgemäß mit 0 DM festgesetzt und die einbehaltene Lohnsteuer von 738 DM erstattet. Mit Bescheid vom 18.8.1998 wurde – ausgehend von einem GdE von 36.071 DM und steuerfreien ausländischen, dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünften in Höhe von 6.504 DM – die Einkommensteuer für das Jahr 1997 auf 6.203 DM festgesetzt. Mit Änderungsbescheid vom 12.7.1999 (ursprünglicher Einkommensteuerbescheid vom 22.4.1999) wurde die Einkommensteuer des Klägers für das Jahr 1998 auf Basis eines GdE von 117.127 DM und steuerfreien ausländischen, dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünften in Höhe von 10.414 DM festgesetzt. In dem versteuerten Arbeitslohn waren 47.690 DM enthalten, die die Flug AG dem Kläger zur Erstattung seiner Ausbildungskosten gezahlt hatte.
Mit Schreiben vom 3.9.2003 beantragte der Kläger, wegen der mit der Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer verbundenen Aufwendungen auf den 31.12.1994, den 31.12.1995 und den 31.12.1996 einen vortragsfähigen Verlust gem. § 10 d EStG festzustellen. Dazu legte er die von ihm abgeschlossenen Ausbildungsverträge sowie die Mietverträge über Unterkünfte vor, die er am Ausbildungsort angemietet hatte. Des weiteren legte er Kontoauszüge vor, aus denen sich ergibt, dass der Kläger die Aufwendungen von seinem eigenen Konto gezahlt hatte. Das dazu erforderliche Geld hatten ihm jeweils zuvor seine Elt...