Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf einer Lohnsteuer-Anrufungsauskunft
Leitsatz (redaktionell)
- Bei dem Widerruf einer Lohnsteuer-Anrufungsauskunft handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, weil auch die Anrufungsauskunft selbst lediglich eine Wissenserklärung darstellt, die von der Finanzbehörde jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann.
- Ein solcher Widerruf kann daher nicht zulässigerweise durch Einspruch oder Anfechtungsklage, sondern nur mit einer Feststellungsklage angegriffen werden.
- Zu Unrecht der Lohnsteuer unterworfene Nachteilsausgleichszahlungen bei Wechsel der Zusatzversorgungskasse können nicht in späteren Veranlagungszeiträumen durch den Ansatz negativer Einnahmen ausgeglichen werden.
Normenkette
EStG § 11 Abs. 2, § 42e; AO §§ 118, 130 Abs. 2, § 131 Abs. 2, § 347 Abs. 1 S. 1; FGO § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1
Streitjahr(e)
2008
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin war bis zum 31. Dezember 2000 Mitglied der Zusatzversorgungskasse der Stadt X (ZVK). Mit der Mitgliedschaft verfolgte sie den Zweck, ihren Arbeitnehmern, die einen tarifvertraglichen Anspruch auf eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung hatten, einen zusätzlichen Versorgungsanspruch zu verschaffen. Auf Grund einer am 10. Januar 2001 zwischen der ZVK und der Y-Zusatzversorgungskasse Z (Y-ZVK) abgeschlossenen Vereinbarung übernahm diese das Vermögen der ZVK. Die bisherigen Mitglieder der ZVK wurden mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 Mitglieder der Y-ZVK und hatten zum Ausgleich der mit der Übernahme für die YZVK verbundenen Nachteile eine Ausgleichszahlung zu leisten. Mit der Klägerin wurde ein von ihr ab dem Jahr 2001 in 15 Raten zu zahlender Ausgleichsbetrag von 49.000.000 DM vereinbart. Die Klägerin behandelte die Zahlungen des Nachteilsausgleichs als geldwerten Vorteil ihrer Arbeitnehmer und erhob hierauf Lohnsteuer nach dem Pauschalsteuersatz des § 40b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Soweit der Höchstbetrag für eine Pauschalierung der Lohnsteuer überschritten wurde, erhob sie die Lohnsteuer nach einem individuellen Steuersatz.
Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14. September 2005 VI R 148/98 (BFHE 210, 443, BStBl II 2006, 532) entschieden hatte, dass einem Arbeitnehmer kein Arbeitslohn zufließt, wenn dessen Arbeitgeber beim Wechsel zu einer anderen umlagefinanzierten Zusatzversorgungskasse Sonderzahlungen leistet, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 6. Dezember 2005 beim beklagten Finanzamt, ihr eine Anrufungsauskunft über die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Rückabwicklung der Versteuerung der Nachteilsausgleichszahlungen zu erteilen. Sie bat um Bestätigung, dass die Nachteilsausgleichszahlungen künftig nicht mehr der Lohnsteuer zu unterwerfen seien. Ferner teilte sie unter Nr. 3 ihres Schreibens ihre Absicht mit, die Versteuerung der Nachteilsausgleichszahlungen im laufenden Kalenderjahr dergestalt rückgängig zu machen, dass die zu stornierenden Beträge als negative Einnahmen vom Arbeitslohn abgesetzt würden. Die in den Veranlagungszeiträumen 2002 bis 2004 zu Unrecht der Lohnsteuer unterworfenen Beträge sollten in den Veranlagungszeiträumen 2005 und 2006 als negative Einnahmen behandelt werden. Den nicht mehr bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern werde sie auf Wunsch eine Bescheinigung über die zu Unrecht versteuerten Nachteilsausgleichszahlungen ausstellen. Der Erstattungsanspruch, der für die in den Jahren 2002 bis 2005 fälschlicherweise pauschal versteuerten Nachteilsausgleichszahlungen entstanden sei, solle im kommenden Abrechnungszeitraum mit entsprechenden Zahlungen verrechnet werden.
Das beklagte Finanzamt erteilte der Klägerin mit Schreiben vom 29. Juni 2006 eine Anrufungsauskunft, mit der es bestätigte, dass die bis zum 31. Dezember 2005 von der Klägerin erbrachten Nachteilsausgleichszahlungen nicht der Lohnsteuer unterliegen würden. Des Weiteren stimmte das beklagte Finanzamt der von der Klägerin geplanten und unter Nr. 3 ihres Schreibens vom 6. Dezember 2006 dargestellten Vorgehensweise „grundsätzlich” zu.
Mit Schreiben vom 20. September 2006 widerrief das beklagte Finanzamt seine Zustimmung zu der von der Klägerin geplanten und unter Nr. 3 ihres Schreibens vom 6. Dezember 2006 mitgeteilten Vorgehensweise. Es lägen keine negative Einnahmen i.S. des § 11 Abs. 2 EStG vor, weil die bisher versteuerten Nachteilsausgleichszahlungen nicht zurückgezahlt würden. Die Zahlungen an die Y-ZVK würden auf Grund des BFH-Urteils in BFHE 210, 443, BStBl II 2006, 532 lediglich nicht mehr als steuerpflichtiger Arbeitslohn behandelt. Eine Erstattung der für die Zahlungen bis zum Veranlagungszeitraum 2005 entrichteten Lohnsteuerbeträge komme nur dann in Betracht, wenn die Lohnsteueranmeldungen nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO) noch geändert werden könnten.
Den hiergegen von der Klägerin eingelegten Einspruch verwarf das beklagte Finanzamt mit Entscheidung vom 26. November 2007 als unzulässig und führte aus: Ein Einspruch g...