Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitliche Zuordnung nachträglicher Kaufpreisveränderung, Freistellung nach § 8b KStG, Organschaft
Leitsatz (redaktionell)
1) Nachträgliche Veränderungen des Kaufpreises und der Kosten der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen sind dem Jahr der Veräußerung zuzuordnen und dort nach den Grundsätzen des § 8b Abs. 2, 3 KStG zu berücksichtigen.
2) Die Rückwirkung der nachträglichen Änderung betrifft nicht nur die Einkommenskorrektur nach § 8b KStG, sondern auch die Erfassung des hierin liegenden steuerbilanziellen Erlöses (gegen BMF v. 13.3.2008, BStBl. I 2008, 506).
3) Bei Veräußerung der Kapitalgesellschaftsanteile durch eine Organgesellschaft erfolgt die nachträgliche Korrektur im Veräußerungsjahr außerbilanziell auf der Ebene der Organgesellschaft.
Normenkette
KStG § 8b Abs. 2-3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die zeitliche Zuordnung einer nachträglichen Kaufpreiserhöhung für die Übertragung einer Kapitalbeteiligung im Hinblick auf die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns gemäß § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). Die Höhe des insgesamt erzielten Veräußerungserlöses, der nachträglichen Kaufpreiserhöhung im Streitjahr sowie die tatsächlichen Umstände des Sachverhaltes sind dabei unstreitig.
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist seit dem Jahr 2005 gewerbesteuerlicher und körperschaftsteuerlicher Organträger der B GmbH als Organgesellschaft. Gesellschafter der Klägerin sind ausschließlich Kapitalgesellschaften, die C Verwaltungs GmbH als Komplementärin sowie die D Management GmbH und die E GmbH als Kommanditisten.
Im Jahr vor dem Streitjahr veräußerte die Organgesellschaft ihre 100%ige Beteiligung an der A Holding GmbH (im Folgenden: AH) an fremde Dritte. Die Übertragung der Anteile erfolgte mit Wirkung zum 26. Oktober 2006. Der Buchwert der Anteile an der AH betrug zu diesem Zeitpunkt 326.500.000 EUR.
Aus der Veräußerung der Kapitalbeteiligung erlöste die Organgesellschaft im Jahr 2006 einen vorläufigen Veräußerungsgewinn i.H.v. 2.528.467,00 EUR. Hinsichtlich der unstreitigen Berechnung dieses Veräußerungsgewinns wird auf den Bericht über die Betriebsprüfung bei der Organgesellschaft, Textziffer 2.3, verwiesen.
Der Anteilskaufvertrag enthielt verschiedene, aufschiebend bedingte Vereinbarungen, welche die künftige Kooperation der Organgesellschaft und der Käufergruppe betrafen (Kaufoption für Geschäftsanteile an noch zu gründenden Kapitalgesellschaften, Verkäuferdarlehen, Gewährleistungsverpflichtungen, Ausgleichszahlung für den Fall der „Nichtausübung” der Option etc.). Zwischen der Organgesellschaft als Verkäuferin der Kapitalbeteiligung und den Käufern kam es in der Folgezeit zu Unstimmigkeiten. Am 5. April 2007 schlossen die Organgesellschaft und die Käufer einen außergerichtlichen Vergleich, der unter anderem eine nachträgliche Kaufpreiszahlung auf die Anteile an der AH durch die Käufer i.H.v. 6.405.256 EUR sowie den Wegfall einer Gewährleistungsverpflichtung der Organgesellschaft i.H.v. 9,7 Millionen EUR vorsah. Per Saldo erhöhte sich der Gewinn der Organgesellschaft aus der Veräußerung der Kapitalanteile im Jahr 2007 um 16.105.256 EUR auf einen Gesamt-Veräußerungsgewinn in den Jahren 2006 und 2007 von 18.633.723 EUR.
In ihrer steuerlichen Gewinnermittlung des Jahres 2006 erklärte die Klägerin ein ihr zuzurechnendes Einkommen der Organgesellschaft vor Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG i.H.v. 136.635.546 EUR. Darin enthalten sei ein Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der AH i.H.v. 2.528.467,00 EUR, der § 8b Abs. 2 KStG unterfalle, so dass lediglich eine pauschale Hinzurechnung nicht abzugsfähige Betriebsausgaben i.H.v. 5 % (126.423,35 EUR) zu berücksichtigen sei.
In der steuerlichen Gewinnermittlung des Streitjahres 2007 erklärte sie ein ihr zuzurechnendes Einkommen der Organgesellschaft vor Anwendung des § 8b KStG i.H.v. 88.602.461 EUR. Darin enthalten sei ein Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der AH i.H.v. 16.105.256 EUR, der nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei zu belassen sei; eine pauschale Hinzurechnung i.H.v. 5 % als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben hätte nicht zu erfolgen, da die Änderung des Veräußerungsgewinns ein rückwirkendes Ereignis darstelle und insoweit die Veranlagung des Jahres 2006 zu ändern sei.
Mit Feststellungsbescheid für 2007 vom 10. Juli 2009 stellte der Beklagte den Gewinn der Klägerin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gesondert und einheitlich fest. Dabei berücksichtigte er das Einkommen und die Einkünfte der Organgesellschaft erklärungsgemäß i.H.v. 88.602.461 EUR, wovon ein Betrag i.H.v. 16.094.655,37 EUR auf solche Einkünfte entfiel, auf die § 8b Abs. 2 KStG anzuwenden ist. Die Differenz des unter § 8b Abs. 2 KStG fallenden Betrages i.H.v. 10.600 EUR ergibt sich aus einem anderen unstreitigen, von der Klägerin selbst erklärten Korrekturposten aus der Teilwertabschreibung auf eine andere Kapitalbeteiligung.
Mit Schreiben vom 20. August 2009 beantragte die...