Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel
Leitsatz (redaktionell)
Die indizielle Wirkung der sog. 3-Objekt-Grenze kommt in dem Fall nicht zum Tragen, wenn der Steuerpflichtige das Objekt bereits vor Fertigstellung weiter veräußert hat und dabei die Verpflichtung übernommen hat, das Objekt fertig zu stellen. In diesem Fall wird der Steuerpflichtige nicht mehr wie ein privater Bauherr, sondern vielmehr wie ein Bauunternehmer tätig.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger mit der Errichtung und Veräußerung eines Mehrfamilienhauses einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben und hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat.
Die Kläger sind verheiratet und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist als Bauingenieur selbstständig tätig und erzielt hieraus gewerbliche Einkünfte.
Mit Übertragungsvertrag vom 14.10.1992 übertrug die Mutter des Klägers diesem unter anderem das unbebaute Grundstück R im Wege vorweggenommener Erbfolge. Das unbebaute Grundstück gehörte seit ca. 1960 der Mutter. Wegen der Einzelheiten wird auf den Übertragungsvertrag vom 14.10.1992 bezug genommen. Die Schwester des Klägers erhielt andere Grundstücke von der Mutter.
Der Kläger errichtete anschließend auf einer Teilfläche ein Mehrfamilienhaus mit 11 Wohneinheiten. Die Baugenehmigung datiert vom 6.12.1993. Das Objekt wurde im November 1994 fertiggestellt. Die Herstellungskosten betrugen ca. 2,35 Mio. DM.
Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 16.8.1994 veräußerte der Kläger das Objekt an Eheleute zu je ½ Miteigentumsanteilen. Der Kaufpreis betrug 4 504 000,00 DM. Dieser Betrag war ein Festpreis, auch wenn sich Materialpreise und Lohnkosten ändern sollten (Textziffer II 1. des Vertrages). Das Gebäude befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem teilfertigen Zustand. Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch den Bauzustand, wird auf den Vertrag vom 16.8.1994 bezug genommen.
Die Finanzierung erfolgte durch die Bank L. Zins und Tilgung wurden über einen Zeitraum von 19 Jahren und 7 Monaten ermittelt. Der Kläger konnte jederzeit in unbegrenzter Höhe Sondertilgungen vornehmen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung oder andere „Gebühren” zahlen zu müssen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Finanzierungsangebot der Bank L vom 1.10.1993 und dessen Annahme durch den Kläger vom 4.10.1993 Bezug genommen. Außerdem wird auf ein Schreiben des Klägers an die Bank L vom 8.7.1993 Bezug genommen.
Der Beklagte berücksichtigte in dem erstmaligen Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 06.06.1997, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, keinen Gewinn aus der Veräußerung des vorgenannten Objektes.
1998 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung statt. Darin kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass der Kläger mit der Errichtung und der Veräußerung des Mehrfamilienhauses einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben habe. Die Beteiligten verständigten sich darauf, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Objektes 961 162,00 DM (unter Berücksichtigung einer Gewerbesteuerrückstellung) beträgt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 11.01.1999 bezug genommen.
Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ am 01.03.2000 einen Einkommensteueränderungsbescheid, in dem er bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb einen Gewinn aus der Grundstücksveräußerung in Höhe von 961 162,00 DM erfasste.
Die Kläger legten rechtzeitig gegen den Einkommensteueränderungsbescheid Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte aus anderen Gründen die Einkommensteuerfestsetzung mit Bescheid vom 27.09.2001. Dieser Bescheid wurde zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens.
Anschließend wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 04.11.2003 den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:
Indiz für einen gewerblichen Grundstückshandel sei die Veräußerung von mehr als 3 Objekten innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs. Im Fall der Errichtung durch den Steuerpflichtigen und anschließenden Verkauf von Großobjekten könne ein gewerblicher Grundstückshandel jedoch auch ungeachtet der 3-Objekt-Grenze vorliegen. Im Streitfall habe der Kläger durch die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit 11 Wohneinheiten und der Veräußerung noch während der Bauzeit die Voraussetzungen für einen gewerblichen Grundstückshandel erfüllt.
Die Änderung der Steuerbescheide verstoße nicht gegen den Vertrauensschutz des § 176 AO. Bereits bei der erstmaligen Festsetzung der Einkommensteuer im Jahre 1997 habe die Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, die 3-Objekt-Grenze gelte nicht für Mehrfamilienhäuser. Der Bundesfinanzhof habe in seinen bis dahin ergangenen Urteile nicht gegenteilig entschieden. Erst mit Urteil vom 14.01.1998 habe der BFH zu dem Objekt Mehrfamilienhaus Stellung genommen.
Mit der Klage...