Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechung ausländischer Quellensteuer
Leitsatz (redaktionell)
Eine Steuerermäßigung gemäß § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG wird nur gewährt, wenn auf die ausländischen Einkünfte rechnerisch deutsche Einkommensteuer entfällt. Dies verstößt weder gegen EU-Recht noch gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Normenkette
EGVtr Art. 52, 58 (jetzt Art. 48 EG), Art. 73b Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 34c Abs. 1
Tatbestand
Im Streitjahr (1994) erzielten der Kläger und seine mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehefrau 9.498 DM Zinsen aus Geldanlagen und Dividenden aus Aktien verschiedener in- und ausländischer Kapitalgesellschaften. Von den vorgenannten Bruttoerträgen hatten die inländischen Schuldner 1.347 DM Kapitalertragsteuer sowie 2.101 DM Körperschaftsteuer einbehalten, im Ausland waren die Bruttoerträge um 232 DM Quellensteuern gemindert worden. Davon entfielen 209 DM auf Staaten der Europäischen Union (EU), nämlich Spanien, Großbritannien und Nordirland, Italien, Frankreich und die Niederlande. An Kontoführungs- und Depotgebühren zahlten die Kläger 1.088 DM. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen KSO und AUS sowie die von den Eheleuten erstellte Übersicht „Einkünfte aus Kapitalvermögen” und die hierzu eingereichten Belege zur Einkommensteuererklärung Bezug genommen.
Der Beklagte minderte die Kapitalerträge um die Werbungskosten, die ausländischen Steuern und den Sparerfreibetrag bis auf 0 DM und setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr ausgehend von den übrigen Einkünften der Eheleute aus Gewerbebetrieb, selbständiger und nichtselbständiger Arbeit sowie Vermietung und Verpachtung durch Einspruchsentscheidung vom 6. November 1998 auf 6.928 DM fest, worauf er die genannte Kapitalertrag- und die Körperschaftsteuer in voller Höhe anrechnete. Der vom Kläger erhobene Einspruch blieb im Ergebnis nur insofern ohne Erfolg, als der Beklagte es unter Hinweis auf die mit 0 DM erfassten ausländischen Kapitaleinkünfte ablehnte, für die 232 DM ausländische Quellensteuern die Steuermäßigung nach § 34c Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zu gewähren.
Hierauf hat der Kläger Klage erhoben und sein Begehren zuletzt auf die Anrechnung der von den EU-Staaten einbehaltenen Quellensteuern beschränkt. Er trägt vor:
Die Nichtanrechnung der EU-Quellensteuern im Gegensatz zur vollständigen Anrechnung der inländischen Quellensteuern stelle eine Diskriminierung der aus der EU stammenden Kapitaleinkünfte und der in der EU ansässigen Kapitalgesellschaften dar, die gegen europäisches Recht verstosse. Das Prinzip der Nichtdiskriminierung verlange, dass es steuerlich keinen Unterschied machen dürfe, ob jemand Einkünfte aus Kapitalvermögen von einer deutschen Gesellschaft oder einer Gesellschaft im übrigen Raum der EU beziehe. Die Ungleichbehandlung entstehe nur in Deutschland und könne nicht in dem anderen Land angegangen werden, denn dieses behandele alle Ausschüttungsempfänger – Inländer wie Ausländer – entsprechend den europäischen Verträgen gleich. Eine Steuervergünstigung würde dort eine Diskriminierung einzelner Einkünfte bedeuten. Die bisher zum Diskriminierungsverbot vorliegenden Urteile des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) seien zwar nicht unmittelbar einschlägig, sollten aber im Streitfall analog angewendet werden. Die Angelegenheit möge vom Finanzgericht dem EuGH vorgelegt werden.
Der Kläger beantragt,
die Einkommensteuer 1994 um 209 DM anrechenbare ausländische Steuern herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht geltend: Eine Anrechnung der ausländischen Quellensteuern könne nach geltendem Recht nicht vorgenommen werden. Der Kläger lasse unbeachtet, dass im Streitfall eine Doppelbesteuerung nicht vorliege und daher eine Anrechnung ausländischer Quellensteuern systemwidrig sein würde. Dass in dem jeweiligen ausländischen Staat keine entsprechende Steuervergünstigung bestehe, müsse bei der Festsetzung der deutschen Einkommensteuer unberücksichtigt bleiben. Es bleibe dem Kläger unbenommen, dies bei der ausländischen Finanzbehörde geltend zu machen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die Einkommensteuer kann nach § 100 Abs. 1 und 2 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht wie beantragt herabgesetzt werden, weil der angefochtene Einkommensteuerbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung nicht rechtswidrig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Beklagte hat die Einkommensteuer nach § 2 Abs. 6 EStG zutreffend ohne eine Steuerermäßigung festgesetzt.
I. Die für das Begehren des Klägers allein in Betracht kommende Steuerermäßigung nach § 34c Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 Satz 2 EStG in Verbindung mit den einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen (– DBA –, vgl. Art. 9 Abs. 1 und 2 DBA-Frankreich, Art. 10 Abs. 1 und 2 DBA-Italien, Art. VI Abs. 1 DBA-Großbritannien und Nordirland, Art. 10 Abs. 1 und 2 DBA-Spanien und Art. 20 Abs. 2 DBA-Niederlande) greift im Streitfall nicht ein. Nach dem Text des § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG kann die Steuere...