Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug, Voraussetzungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Für den Zeitpunkt der Rechnungserstellung muss die im Abrechnungspapier genannte Bezeichnung und Anschrift des leistenden Unternehmers zutreffen. Da erst mit der Vorlage der Rechnung der Vorsteuerabzug eröffnet wird, ist dies der für die Überprüfung und Erhebung des Steueranspruchs entscheidende Zeitpunkt.
2. Die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs haben objektiven Charakter. Die subjektive, gutgläubige Überzeugung des Leistungsempfängers kann ein bestimmtes, objektiv nicht erfülltes Merkmal nicht ersetzen.
Normenkette
UStG §§ 14, 15 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin betreibt die Lieferung und Verlegung von Baustahl- und Baustahlmatten.
Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin ließ der Beklagte Vorsteuerbeträge aus Eingangsrechnungen der…-GmbH (im Folgendem: V-GmbH), … Str. …, des Jahres 2001 in Höhe von … DM (… EUR) im gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid 2001 nicht zum Abzug zu, da die V-GmbH nicht im Handelsregister eingetragen und somit rechtlich nicht existent sei. Ein beim Finanzgericht gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung blieb erfolglos (Beschluß vom 20.10.2003 11 V 4803/03).
Die V-GmbH war durch notariellen Vertrag vom …1999 gegründet worden (Notar …, Urkundenrollen-Nr. …/1999). Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der GmbH war die in … wohnhafte … (nach späterer Verheiratung …). Die aufgrund dieses Vertrages erfolgte Anmeldung zum Handelsregister wurde durch Beschluss des Amtsgerichts … vom …2000 Az. … AR …/99 zurückgewiesen. Der Anmeldung habe nicht entsprochen werden können, weil die Handwerkskammer ihrer Mitwirkungspflicht nicht habe nachkommen können, da die Beteiligten die Vorlage der notwendigen Unterlagen und die Erteilung der erforderlichen Auskünfte verweigert hätten.
Hinsichtlich des Geschäftssitzes der V-GmbH ermittelte die Umsatzsteuer-Sonderprüfung, dass die auf der Rechnung der GmbH angegebene Telefonnummer seit Oktober 2000 einer anderen Person zugeteilt war. Dabei wurde festgestellt, dass es sich bei der angegebenen Geschäftsadresse um eine Halle handelte und diese ein Herr … an Herrn … vermietet hatte, wobei dieser wiederum eine Untervermietung an die V-GmbH aufgrund eines mündlichen Vertrages vorgenommen hatte. Im Januar 2000 seien sowohl Herr … als auch die GmbH spurlos verschwunden. Es sei ein alter Computer, Werkzeuge und Müll hinterlassen und von Herrn … entsorgt worden (Aussage des … vom 11.03.2003 vor dem Finanzamt). Auf den in der Prüferakte abgehefteten Vermerk über die Ortsbesichtigung wird Bezug genommen. Ermittlungen bei der … Bank ergaben, dass auf den Namen der V-GmbH ein Konto bei der … Bank (Nr. …) vor 2000 eröffnet und bis Ende August 2000 unterhalten wurde; verfügungs- und vertretungsberechtigt waren … sowie …
In der Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat August 2003 machte die Klägerin den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der V-GmbH in derselben Höhe wie für 2001 geltend. Zum Nachweis wurden im Wesentlichen identische Rechnungen wie für 2001, allerdings lautend auf V-GmbH „i.Gr.” vorgelegt. Auch diesen Vorsteuerabzug lehnte der Beklagte ab.
In der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Dezember 2003 machte die Klägerin wiederum die Vorsteuern aus den Eingangsrechnungen der V-GmbH i.Gr., nunmehr unter der Anschrift … Str. …, in Höhe von … EUR geltend. Ferner begehrte sie den Abzug von Vorsteuer aus Rechnungen der … GmbH (im Folgendem: M-GmbH), …, in Höhe von … EUR; die Rechnungen datieren vom …2003.
Die Leistungsgegenstände der Rechnungen der Firma V-GmbH i.Gr. waren wie folgt bezeichnet: Tagelohn; Lama schneiden; Baustahl 500S; Lima. Als Gesellschafterin und Geschäftsführerin war … aufgeführt. Leistungsgegenstand der Rechnungen der M-GmbH waren Tagelohn sowie Lieferung von Lagermatten. Als Geschäftsführer dieser GmbH war auf den Rechnungen … angegeben. Auf den weiteren Inhalt der Rechnungen, abgeheftet in der Umsatzsteuer-Hilfsakte, wird Bezug genommen.
Im Bescheid über die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Dezember 2003 vom …2004 erkannte der Beklagte diese Vorsteuerbeträge nicht an.
Zur Begründung führte der Beklagte unter Verweisung auf vorausgegangene Schreiben aus, eine V-GmbH bzw. eine V-GmbH i.Gr. habe im Leistungszeitraum unter der Adresse …-Straße… und auch unter der nunmehr, zwei Jahre nach ursprünglicher Rechnungserteilung für den behaupteten Leistungsbezug in 2001 angegebenen Anschrift … Straße … keinen Unternehmenssitz unterhalten. Die Wohnung … Straße sei von Frau …, der Schwester von …, angemietet gewesen. Die Schwester habe von der Mutter die Vollmacht erhalten, die Vormundschaft für ihren minderjährigen Bruder zu übernehmen. Dieser habe das 32 qm grosse Appartement bewohnen sollen, um von dort aus eine Lehre als Maler und Anstreicher ausüben zu können. Auf Befragen des Finanza...