Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 166 AO findet auch bei VdN-Festsetzung Anwendung
Leitsatz (redaktionell)
Ein gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehender Steuerbescheid ist unanfechtbar im Sinne des § 166 AO.
Normenkette
AO §§ 166, 164 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte die Klägerin gemäß §§ 69, 34 der Abgabenordnung – AO – für Körperschaftsteuer- und Umsatzsteuerschulden der A GmbH der Jahre 2002 bis 2003 (KSt) bzw. 2002 bis 2004 (USt) einschließlich steuerlicher Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 76.043,40 EUR in Haftung nehmen kann.
Die A GmbH (im Folgenden A GmbH) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 9. Dezember 1999 gegründet und am 14. Januar 2000 im Handelsregister eingetragen (HRB … des Amtsgerichts B). Alleiniger Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der A GmbH war Herr C, satzungsmäßiger Gegenstand des Unternehmens der Handel und die Aufbereitung von …. Am 20. April 2000 wurden die Geschäftsanteile an der A GmbH auf die D B.V. übertragen. Die A GmbH hatte ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. November bis zum 31. Oktober.
Am 6. September 2000 wurde im Handelsregister die Abberufung des Herrn C und die Bestellung des Herrn E als neuem Geschäftsführer eingetragen. In dem am 7. August 2000 ausgefüllten Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der Gründung einer Kapitalgesellschaft war Herr E bereits als gesetzlicher Vertreter der A GmbH angegeben. Am 24. Januar 2001 wurden im Handelsregister die Abberufung des Herrn E und die Bestellung der Klägerin als neue Geschäftsführerin im Handelsregister eingetragen.
Der Beklagte beantragte am 16. März 2006 beim Amtsgericht B die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A GmbH. Den Antrag der A GmbH vom 12. April 2006, diesen Antrag zurückzunehmen, lehnte er am 2. Mai 2006 ab.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 3. August 2006 wurde die Klägerin als Geschäftsführerin abberufen und Herr F zum neuen Geschäftsführer bestellt. Am 29. September 2006 wurde im Handelsregister des Amtsgerichts B die Verlegung des Sitzes der A GmbH nach G eingetragen. Herr F legte das Geschäftsführeramt am 9. Januar 2007 nieder.
Am 5. November 2007 wurde die A GmbH im Handelsregister des Amtsgerichts K wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.
Die Klägerin war in den Streitjahren alleinige Gesellschafterin der Firma D B.V. Als Geschäftsführer dieser Gesellschaft war ihr Ehemann, Herr M im Handelsregister eingetragen. Die Firma D B.V. war gemeinsam mit Herrn M Gesellschafter der Firma H S.A.
Mangels vorgelegter Steuererklärungen veranlagte der Beklagte die A GmbH mit Bescheiden vom 5. November 2004 unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO für das Jahr 2002 zur Körperschaftsteuer und zur Umsatzsteuer. Er setzte die Körperschaftsteuer aufgrund eines Verlustvortrags auf Null EUR und die Umsatzsteuer auf 1.400 EUR zzgl. steuerlicher Nebenleistungen fest.
Gegen diese Bescheide legte die A GmbH fristgerecht Einsprüche ein und legte zur Begründung am 23. März 2005 Steuererklärungen und einen Jahresabschluss vor. In ihrer Umsatzsteuererklärung deklarierte sie eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung in Höhe von 302.500 EUR.
Der Beklagte bat im Folgenden um Belege zu der erklärten innergemeinschaftlichen Lieferung. Die A GmbH reagierte hierauf nicht.
Am 27. September 2005 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid zur Körperschaftsteuer 2002, in welchem er die A GmbH erklärungsgemäß veranlagte und die Körperschaftsteuer auf 2.123 EUR zzgl. Solidaritätszuschlag und steuerlicher Nebenleistungen festsetzte. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Mit Einspruchsentscheidung ebenfalls vom 27. September 2005 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer 2002 auf 48.320,91 EUR zzgl. steuerlicher Nebenleistungen fest und wies den Einspruch im Übrigen zurück. Er folgte dabei den Angaben der A GmbH in ihrer Steuererklärung, sah aber die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der erklärten innergemeinschaftlichen Lieferung gemäß § 6a des Umsatzsteuergesetzes – UStG – nicht als erfüllt an. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Für das Jahr 2003 veranlagte der Beklagte die A GmbH mit Bescheiden vom 26. August 2005 (USt) und vom 17. Oktober 2005 (KSt) erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer. Er setzte die Körperschaftsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 9.238 EUR zzgl. Solidaritätszuschlag und steuerlicher Nebenleistungen und die Umsatzsteuer endgültig auf 1.153,26 EUR zzgl. steuerlicher Nebenleistungen fest. Im Jahresabschluss auf den 31. Oktober 2003 hatte die Klägerin die Neubildung einer Ansparabschreibung gemäß § 7g EStG in Höhe von 76.000 EUR ausgewiesen; weiterhin bestand eine nicht aufgelöste § 7g-Rücklage aus dem Wirtschaftsjahr 2001/2002 in Höhe von 114.900 EUR. Im Körperschaftsteuerbescheid bat der Beklagte um Erläuterung der Ansparabschreibungen in...