Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Umfang der Begründung eines Antrages auf "schlichte Änderung" innerhalb der Antragsfrist
Leitsatz (redaktionell)
Stellt ein Steuerpflichtiger fristgerecht einen Antrag auf "schlichte Änderung" mit der Maßgabe, den Einkommensteuerschätzungsbescheid auf 0,- DM herabzusetzen, ist das Antragsbegehren hinreichend bezeichnet. Eine Begründung des Antrages (hier: Einreichung der Steuererklärung) kann auch im Einspruchsverfahren über die Ablehnung dieses Änderungsantrages noch nachgereicht werden.
Normenkette
AO 1977 §§ 5, 172 Abs. 1, 1 Nr. 2a; FGO § 102
Tatbestand
I.
Mit Bescheid vom 27.10.1998 veranlagte der Beklagte den Kläger zur Einkommensteuer 1996 aufgrund von geschätzten Besteuerungsgrundlagen, weil der Kläger eine Steuererklärung bis dahin nicht vorgelegt hatte. Mit Schreiben vom 27.11.1998, das am gleichen Tage bei dem Beklagten einging, stellte der steuerliche beratene Kläger bezüglich der Einkommensteuer 1996 Antrag auf schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO und beantragte zugleich, die Steuer auf 0,– DM festzusetzen. Mit Schreiben vom 30.11.1998 teilte der Beklagte der damaligen steuerlichen Beraterin des Klägers mit, daß ihr Antrag auf schlichte Änderung gemäß § 172 AO nicht mit hinreichender Klarheit erkennen ließe, inwieweit eine Beschwer durch den von ihr benannten Bescheid vorläge; sie wurde deshalb gebeten, den Antrag näher zu begründen. Nachdem eine Begründung ausgeblieben war, wies der Beklagte den Antrag auf schlichte Änderung der Einkommenfestsetzung 1996 durch Ablehnungsbescheid vom 14.01.1999 zurück, da bisher keine Begründung eingereicht worden sei. Mit beim Beklagten am 12.02.1999 eingegangenem Einspruchsschreiben gegen den Ablehnungsbescheid gab die damalige Beraterin des Klägers an, die Steuererklärung läge dem Beklagten bereits vor. Mit Begleitschreiben (ohne Datum), eingegangen beim Beklagten gemäß Eingangsstempel am 16.02.1999, wurde die Einkommensteuererklärung 1996 mit Anlage GSE und mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sowie Entwicklung des Anlagevermögens jeweils vom 01.01. bis 31.12.1996 vorgelegt. Der Beklagte weigerte sich, die Steuererklärung auszuwerten und die Steuerfestsetzung zu berichtigen, weil bis zum Zeitpunkt des Ergehens des Ablehnungsbescheides die Antragsbegründung (= Abgabe der Steuererklärung) noch nicht vorgelegen hätte und daher die Ablehnung der schlichten Änderung nicht ermessensfehlerhaft gewesen sei. Dem gegenüber vertrat die Bevollmächtigte die Auffassung, daß eine Begründung zum Antrag auf schlichte Änderung zunächst nicht habe abgegeben werden müssen. Sie habe gegen die Ablehnung fristgerecht Einspruch nach § 348 Abs. 2 AO eingelegt und „diese Fristsetzung zur Ablehnung (§ 364 b AO)” eingehalten, und zwar in der Abgabe der Steuererklärung.
Der Einspruch blieb erfolglos und wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30. April 1999 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung gab der Beklagte an, der Einspruch gegen die Ablehnung des Antrags auf schlichte Änderung sei beschränkt auf die mit dem Antrag vorgebrachten Punkte. Er führe nicht zu einer Gesamtaufrollung des Steuerfalls. Eine Aushöhlung der Bestandskraft des Steuerbescheids erfolge hierdurch nicht, weil die Überprüfung sich auf den Regelungsinhalt der Ablehnung und damit auf die Frage beschränke, ob die Ablehnung der schlichten Änderung rechtswidrig gewesen sei (Hinweis auf BStBl II 1994, 439, 441). In diesem Rechtsbehelfsverfahren erreiche der Steuerpflichtige weniger als durch das Rechtsbehelfsverfahren aufgrund der ordentlichen Rechtsbehelfe (Einspruch gegen den Steuerbescheid), deren Gegenstand die materielle rechtliche Überprüfung des zu ändernden Bescheides selbst sei. Die Korrektur nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 a AO läge im Ermessen (§ 5 AO) des Finanzamtes. Der Steuerpflichtige sei nur insoweit beschwert, als er geltend machen könnte, das Finanzamt habe sein Ermessen bei der Ablehnung des Änderungsantrags nicht zweckgerecht ausgeübt. Im Streitfall hätte die Antragsbegründung (Abgabe der Steuererklärungen) im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag trotz ausreichender Gelegenheit nicht vorgelegen, so daß der Beklagte sein Ermessen zutreffend ausgeübt und den Antrag zu Recht abgelehnt habe.
Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgt der inzwischen durch den Prozeßbevollmächtigten vertretene Kläger seinen Änderungsantrag weiter. Er begehrt die Änderung des Einkommensteuerbescheides für 1996 (vom 27.10.1998) gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a AO (sog. schlichte Änderung); eine Änderung, die der Beklagte mit Bescheid vom 14.01.1999 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.04.1999 abgelehnt habe. Zur Begründung macht der Kläger geltend, die Aufforderung des Beklagten, den Antrag auf schlichte Änderung näher zu begründen, habe eine formlose Fristsetzung auf den 28.12.1998 enthalten und demnach keine Fristsetzung im Sinne von § 364 b AO bedeutet. Die zur Begründung erforderliche Steuererklärung sei dem Beklagten zeitlich parallel zur Einspruchserhebung zugele...