rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit für Klagen des Arbeitnehmers gegen seinen (ehemaligen) Arbeitgeber auf korrekte Ausfüllung der Lohnsteuerbescheinigung. Ausstellung einer Lohnsteuerbescheinigung für 2000
Leitsatz (redaktionell)
Für einen Rechtsstreit wegen der Erteilung einer Lohnsteuerbescheinigung und der zutreffenden Eintragung, Ergänzung oder Berichtigung von Daten in der Lohnsteuerbescheinigung sind ausschließlich die Gerichte für Arbeitssachen zuständig, da es sich um eine bürgerlich-rechtliche Angelegenheit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über Arbeitspapiere handelt (entgegen BAG-Beschluss vom 11.6.2003 5 AZB 1/03, BFH/NV Beilage 2003, 253; NJW 2003, 2629).
Normenkette
FGO § 33; EStG § 41b; GVG §§ 13, 17a Abs. 2 S. 1; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e; FGO § 155; GG Art. 19 Abs. 4
Tenor
1. Der Rechtsweg zum Finanzgericht München ist mangels sachlicher Zuständigkeit unzulässig.
2. Die o.g. Streitsache wird an das sachlich und örtlich zuständige Arbeitsgericht München verwiesen.
3. Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Am 18. März 2004 ging beim Finanzgericht (FG) München der Klageschriftsatz des Klägers vom 12. März 2004 ein. Er will erreichen, dass der Beklagte (Herr … B.) als „Vertreter und persönlich haftender Geschäftsführer der inzwischen im Handelsregister gelöschten B. GmbH” verurteilt wird, „in der dem Kläger erteilten Lohnsteuerbescheinigung … für den Zeitraum der Beschäftigung vom 01.02.2000 bis 31.03.2000” bestimmte Angaben über den Bruttoarbeitslohn, die Lohnsteuer etc. „zu ergänzen”.
Mit Aufklärungsanordnung des Gerichts vom 22. April 2004 wurden die Beteiligten gemäß § 17 a Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Streitsache an das „sachlich und örtlich zuständige Arbeitsgericht München” zu verweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Für die vorliegende Klage ist nicht der Finanzrechtsweg gemäß § 33 der Finanzgerichtsordnung (FGO), sondern nach § 13 GVG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) der Weg zu den Arbeitsgerichten eröffnet. Gemäß § 155 FGO i.V.m. § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG wird deshalb nach Anhörung der Beteiligten die Unzulässigkeit des Finanzrechtswegs festgestellt und der Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht München verwiesen.
1. Durch § 33 FGO ist der Finanzgerichtsbarkeit der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) garantierte gerichtliche Schutz des Einzelnen gegen Eingriffe der (deutschen) öffentlichen Gewalt für den Bereich der Abgabenangelegenheiten (mit Ausnahme der Straf- und Bußgeldverfahren) zugewiesen (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf – BT-Drucks IV/1446 S. 43). Der Begriff der Abgabenangelegenheiten in § 33 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 FGO umfasst „eindeutig” die Verwaltungstätigkeit jedenfalls der Finanzbehörden des Bundes und der Länder gegenüber gewaltunterworfenen Bürgern (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 13. Februar 1990 VIII R 188/85, BStBl II 1990, 582). Solche Abgabenangelegenheiten sind nur die mit der Verwaltung der Abgaben oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten im Spannungsfeld der Eingriffsverwaltung zwischen Bürger und Staat (vgl. Urteil des FG des Landes Brandenburg vom 3. Dezember 1996 1 K 1366/96, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1997, 358, wodurch trotz des die Finanzgerichte bindenden Amtsermittlungsprinzips des § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO ein Versäumnisurteil erlassen wurde). An dem im Finanzrechtsweg zu entscheidenden Streit muss eine Finanzbehörde beteiligt sein (vgl. Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung – AO –/FGO, § 33 FGO, Rdnr. 156; von Beckerath in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 33 FGO Rdnr. 29). Rechtsstreitigkeiten, die das bürgerlich-rechtliche Verhältnis zwischen Rechtspersonen des Privatrechts betreffen und in denen es um bloße Reflexwirkungen von Abgabenvorschriften in den Bereich des Privatrechts geht, gehören vor die ordentlichen Gerichte, soweit nicht besondere Gerichtsbarkeiten (z.B. Arbeitsgerichte) eingerichtet sind (vgl. dazu Gräber/Koch, FGO, 5. Aufl., § 33 Rdnr. 1). Entscheidend dafür, welche Gerichtsbarkeit zuständig ist, ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 4. Juni 1974 GmS-OGB 2/73, Neue Juristische Wochenschrift – NJW – 1974, 2087). Maßgebend ist, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen etwa des Arbeitsrechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (vgl. Beschluss des 5. Senats des Bundesarbeitsgerichts – BAG – vom 11. Juni 2003 5 AZB 1/03, NJW 2003, 2629). Wenn an dem Rechtsstreit ausschließlich Privatrechtssubjekte beteiligt sind, scheidet eine Zuordnung des Rechtsstreits zum öffentlichen Recht grundsätzlich aus (...