rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verrechnung ausländischer Verluste

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach der Freistellungsmethode des Art. 14 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Belgien sind Verluste eines Rechtsanwalts, der in der Bundesrepublik Deutschland seine Hauptkanzlei betreibt, aus einem daneben in Belgien unterhaltenen Anwaltsbüro in der Bundesrepublik Deutschland nicht zu berücksichtigen. Es ist aber ernstlich zweifelhaft i. S. des § 69 Abs. 2 FGO, ob der Ausschluss der Verrechnung der Verluste aus der festen Einrichtung in Belgien mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.

 

Normenkette

DBA BEL Art. 14, 23 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 69 Abs. 2; EG Art. 43

 

Tenor

1. Die Vollziehung der nachstehenden Einkommensteuerbescheide für 1991, 1992 und 1994 wird in Höhe folgender Steuerbeträge ausgesetzt (in EUR):

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

3. Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Jahr

Datum des letzten Bescheides

Einkommensteuer

entspricht DM

– 1991:

20. Juli 2000

xx

xx

– 1992:

30. September 1997

xx

xx

– 1994:

4. Juli 2000

xx

xx

 

Tatbestand

I.

Streitig ist in der Hauptsache, ob der in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Antragsteller Verluste aus einem Anwaltsbüro in Belgien mit seinen deutschen Gewinnen aus der selbständigen Arbeit als Rechtsanwalt verrechnen darf.

Die verheirateten Antragsteller werden beim Antragsgegner – dem Finanzamt (FA) – zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Antragsteller betreibt seine Hauptkanzlei in München. Im Jahr 1991 eröffnete er in Brüssel in gemieteten Räumen ein Büro, das bis zur Anstellung eines Rechtsanwaltes Ende des Jahres 1992 lediglich von einer Teilzeitsekretärin betreut wurde. Die Kanzlei wurde unter der Brüsseler Anschrift in das belgische Anwaltsverzeichnis aufgenommen und die Begründung der Niederlassung angezeigt. Das Büro war mit Telefon- und Faxanschluss sowie Kopierer ausgestattet. Nach Angaben des Antragstellers habe es als Anlaufstelle zur Kontaktaufnahme und -pflege mit Mandanten vor Ort und in seltenen Einzelfällen als Konferenzraum gedient. Dagegen seien Rechtsfälle nur in München bearbeitet worden, und auch Schriftsätzen seien ausschließlich in der Kanzlei in München verfasst worden.

Im Rahmen einer im Jahr 1994 für die Jahre 1989 bis 1991 durchgeführten Außenprüfung (AP) beantragten die Antragsteller, die Verluste des Brüsseler Büros im Jahr 1991 von den Gewinnen der Münchner Kanzlei abzuziehen. Die Verluste wurden nach einer gesonderten Einnahmen- und Ausgabenrechnung für das auswärtige Büro ermittelt. Nach Ansicht der Antragsteller führe allein der Unterhalt einer festen Einrichtung in Brüssel noch nicht zu einem Besteuerungsrecht des belgischen Staates. Vielmehr müsse nach dem Arbeitsortprinzip die Berufstätigkeit unmittelbar dort ausgeführt werden. Der Prüfer für Auslandsbeziehungen der Oberfinanzdirektion (OFD) München ging davon aus, dass die Verlustverrechnung nicht möglich sei, weil nach den konkreten Verhältnissen im Brüsseler Büro nicht mehr nur vorbereitende Tätigkeiten ausgeübt worden seien. Vielmehr seien im Jahr 1991 Stellenanzeigen aufgegeben worden, und man habe nach einem Rechtsanwalt für das dortige Büro gesucht. Auch seien Besprechungen in Brüssel erfolgt. Der Antragsteller habe selbst Einnahmen aus dem Mandat „N” der ständigen Einrichtung in Brüssel zugeordnet. Nach dem Kommentar zum OECD-Musterabkommen (OECD-MA) zu Art. 14 sei daher das Besteuerungsrecht dem belgischen Staat zugeordnet. Vorbereitende und laufende Aufwendungen, die im Zusammenhang mit steuerfreien ausländischen Einnahmen stehen, dürften gem. § 3c Einkommensteuergesetz (EStG) nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (BFH-Urteil vom 28. April 1983 IV R 122/79, BFHE 138, 366, BStBl II 1983, 566; Finanzgericht -FG- München, Urteil vom 26. November 1993 10 K 3763/90, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1995, 247). Sie dürften lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden.

Die Feststellungen der AP wurden im ESt-Änderungsbescheid 1991 vom 25. Mai 1996 ausgewertet. Darin wurden die Verluste aus dem Brüsseler Büro entsprechend der Auffassung des Prüfers lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt. Entsprechend verfuhr das FA in den auf Grund einer weiteren AP für die Folgejahre ergangenen ESt-Änderungsbescheiden vom 30. September 1997 für die Jahre 1992 bis 1994. Die Einsprüche und die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) blieben erfolglos. Ebenso erfolglos blieb der Einspruch gegen die Ablehnung der AdV hinsichtlich des Jahres 1991.

Mit ihrem Antrag an das Gericht verfolgen die Antragsteller ihr Begehren weiter.

Zur Begründung tragen sie vor, dass die auf das Brüsseler Büro entfallenden Verluste im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ohne weiteres von den deutschen Gewinnen abgezogen werden dürften. Sie verweisen insbesondere auf die Entscheidungen des EuGH vom 12. September 2003 C-431/01 ([Mertens], EuGHE 2002, I07073) und vom 14. Dezember 2000 C-14...

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