Entscheidungsstichwort (Thema)
Spendenhaftung gemäß § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG. Aufwendungsersatz. ernsthafte Zusage bei mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit der Partei
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Aussteller einer Bescheinigung über eine Parteispende durch Verzicht auf Aufwendungsersatz haftet nicht wegen Ausstellens einer unrichtigen Spendenbescheinigung, wenn dem Auftragnehmer zivilrechtlich wirksam ein vertraglicher Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen eingeräumt worden ist, der nicht unter der Bedingung des Verzichts stand.
2. Im Streitfall war der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien darauf gerichtet, für die Partei gegen Auslagenersatz unentgeltlich tätig zu werden. Für die Rechtswirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung ist es unerheblich, ob der Landesverband bzw. die Partei wirtschaftlich leistungsfähig sind.
3. Soweit das BMF-Schreiben vom 7. Juni 1999, IV C 4 – S 2223 – 111/99 (BStBl I 1999, 591) die mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als Indiz dafür ansieht, dass der Aufwendungsersatz nicht ernsthaft zugesagt worden ist und das Finanzamt hieraus die Unwirksamkeit der Zusage des Auslagenersatzes ableitet, kann dies bei einem zweiseitigen Rechtsgeschäft keine Rolle spielen.
Normenkette
EStG 1990 § 10b Abs. 4 S. 2, Abs. 3 Sätze 4-5; EStG 1997 § 10b Abs. 4 S. 2, Abs. 3 Sätze 4-5; AO 1977 § 191 Abs. 1 S. 1, § 5; BGB § 626
Nachgehend
Tenor
1. Der Haftungsbescheid vom 14. Dezember 2000 und die Einspruchsentscheidung vom 28. Januar 2004 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Strittig ist, ob der Kläger, der Landesverband A der Partei X, gemäß § 10b Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) als Aussteller unrichtiger Spendenbescheinigungen in den Jahren 1996 und 1997 für entgangene Steuern haftet.
Im Rahmen einer Sachverhaltsaufklärung hat das Finanzamt A am 12./13. Januar 2000 festgestellt, dass 1997 auf Aufwendungsersatzansprüche in Höhe von … DM zugunsten der Partei verzichtet worden sei, nur … DM seien tatsächlich erstattet worden. Da die Auszahlung nur in wenigen Fällen tatsächlich erfolgt sei, bestünden Zweifel an der Ernsthaftigkeit der übrigen Erstattungsanträge. Gegen die Ernsthaftigkeit spreche auch, dass den Aufwendungsersatzansprüchen in Höhe von insgesamt … DM nur Gesamtbesitzposten des Landesverbandes in Höhe von … DM zum 31. 12. 1997 gegenüberstünden. Daher sei der Erstattungsanspruch nicht ohne weiteres realisierbar gewesen, da er aus den vorhandenen Mitteln nicht habe bestritten werden können. Hierbei müsse auf den Landesverband und nicht auf die Bundespartei abgestellt werden.
Gegen die Ernsthaftigkeit der Erstattungsvereinbarung sprächen noch folgende Punkte:
- das Schreiben des Landesverbandes vom 12. Oktober 1996 an die Mitglieder, in dem erläutert werde, dass die Höhe der staatlichen Zuschüsse auch von der Höhe der Eigenleistungen der Partei abhänge;
- der Hinweis für Rentner und Studenten, dass sie trotz fehlender steuerlicher Auswirkungen das Formular „Aufwendungen für die Partei” ausfüllen sollten; die Spendenbescheinigung könnten diese dann ohne Schaden für sich oder die Partei wegwerfen;
- auch seien entgegen dem Hinweis im entsprechenden Vordruck der Partei bei den Aufwendungsersatzspenden über den steuerlichen Sätzen liegende Kfz-Kosten und Verpflegungsmehraufwendungen abgerechnet worden; bei den tatsächlich erstatteten Aufwendungen seien dagegen ausschließlich die steuerlichen Sätze berücksichtigt worden;
- die zugesagte Rückzahlung der Wahlkampfspenden 1993 (… DM/Kandidat) an die nicht gewählten Kandidaten habe mangels vorhandener Mittel nicht erfolgen können; die entsprechende Verzichtserklärung sei 1997 unterschrieben worden; daher könne davon ausgegangen werden, dass 1997 auch keine Aufwandserstattungen in Höhe von … DM hätten vorgenommen werden können.
Aus diesen Gründen sei die Einräumung der Aufwendungsersatzansprüche von vornherein unter der Bedingung des Verzichts auf die Erstattung erfolgt, so dass keine rechtswirksam eingeräumten Aufwendungserstattungsansprüche vorlägen. Da aus dem Rundschreiben vom 12. Oktober 1996 hervorgehe, dass die Spendenaktion die Steigerung der staatlichen Zuschüsse und die Steuerersparnis für die Mitglieder aufgrund der Spendenbescheinigung zum Ziel gehabt habe, liege ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken des Landesschatzmeisters und seines Vertreters zur Verwirklichung eines Gesamtplanes vor.
Auf den Bericht über die Feststellungen zur Sachverhaltsaufklärung vom 21. Februar 2000 einschließlich Anlagen (Schreiben vom 12. Oktober 1996; Formular „Aufwendungen für die Parte...