Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Einsatzwechseltätigkeit bei an mehreren staatlichen Einrichtungen betriebener Ausbildung zur Rechtspflegerin in Baden-Württemberg
Leitsatz (redaktionell)
Wird die insgesamt dreijährige Ausbildung der volljährigen Tochter zur Rechtspflegerin in 21 Monaten an einer Fachhochschule, in 13 Monaten an einem Amtsgericht und in zwei Monaten bei der Staatsanwaltschaft durchgeführt, liegt keine Einsatzwechseltätigkeit vor, so dass bei der Ermittlung der für den Kindergeldanspruch maßgeblichen Einkünfte der Tochter Verpflegungsmehraufwendungen nicht und die Fahrtkosten zur jeweiligen Ausbildungsstätte nur der Höhe nach begrenzt auf die Entfernungspauschale als Werbungskosten abgezogen werden können.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 2 Abs. 2, § 9 Abs. 5, 1 S. 3 Nr. 4, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 Sätze 1-3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Gewährung von Kindergeld ab dem 01. Januar 2004 für die Tochter des Klägers, A, (geb. am 05. Oktober 19XX).
Die Tochter A wurde mit Wirkung vom 01. September 2002 zur Beamtin auf Widerruf bei der Landesjustizverwaltung Baden-Württemberg zur Rechtspflegeanwärterin ernannt und nahm im Rahmen des bis Oktober 2005 andauernden Vorbereitungsdienstes für den gehobenen Justizdienst von September 2002 bis August 2003 am Studium I 2002/2003 an der Fachhochschule B (Hochschule für Rechtspflege) – FH – teil (vgl. Bescheinigung der FH vom 06. Mai 2003). Vom September 2003 an befand sich die Tochter des Klägers zur weiteren Ausbildung beim Amtsgericht C (s. Bescheinigung des Amtsgerichts C vom 07. Oktober 2003, Bl. 37 FG-Akte). Im Anschluss daran kehrte sie ab Oktober 2004 wieder an die FH zurück.
Ab Dezember 2003 mietete die Tochter A eine Wohnung in der D-Str. 6 in C an (vgl. Bl. 28 FG-Akte).
Der Kläger erhielt für seine Tochter A bis Dezember 2003 Kindergeld.
Mit Bescheid vom 13. April 2004 hob die beklagte Familienkasse der E AG gestützt auf § 70 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes – EStG – die Kindergeld-Festsetzung ab 01. Januar 2004 auf, da der Grenzbetrag von 7.680 EUR voraussichtlich überschritten werde. Der Einspruch dagegen wurde mit Einspruchsentscheidung vom 15. Oktober 2004 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Klage macht der Kläger nunmehr im Wesentlichen geltend, dass ausgehend von einem Bruttoeinkommen der Tochter in Höhe von 11.048 EUR und Werbungskosten in Höhe von insgesamt 4.263 EUR die Einkünfte in Höhe von 6.785 EUR unter dem Grenzbetrag von 7.680 EUR lägen. Die Tätigkeit der Tochter stelle eine Einsatzwechseltätigkeit dar, sodass für die Einsatzorte C und B ein pauschaler Verpflegungsmehraufwand und die Fahrtkosten nach B mit der Dienstreisepauschale angesetzt werden könnten.
Wegen der vom Kläger vorgenommenen Berechnung der Werbungskosten im Einzelnen wird insbesondere auf den Schriftsatz vom 01. August 2005 samt Anlagen (Bl. 103 ff. FG-Akte) verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 13. April 2004 über die Aufhebung der Kindergeld-Festsetzung sowie die Einspruchsentscheidung vom 15. Oktober 2004 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, für die Tochter A Kindergeld für das Kalenderjahr 2004 zu zahlen.
Die Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass bei der Tochter A keine Einsatzwechseltätigkeit vorliege und aus diesem und weiteren Gründen lediglich Werbungskosten in Höhe von 3.187 EUR anerkannt werden könnten, sodass die Einkünfte in Höhe von 7.867 EUR in 2004 über dem Grenzbetrag von 7.680 EUR lägen.
Auf die Aufklärungsanordnung des Gerichts vom 18. Mai 2005 (Bl. 80 FG-Akte) wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Die beklagte Familienkasse durfte die Kindergeldfestsetzung zum 01. Januar 2004 aufheben, da die Tochter des Klägers Einkünfte i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG von mehr als 7.680 EUR in 2004 bezogen hat.
Unter den Voraussetzungen der genannten Regelung wird für ein über 18 Jahre altes und in Berufsausbildung befindliches Kind das Kindergeld (s. § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG) gewährt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 EUR im Kalenderjahr hat.
Die Ermittlung der Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen des § 2 Abs. 2 EStG. Deshalb sind die Werbungskosten bzw. Werbungskostenpauschbeträge von den Einkünften des Kindes abzuziehen.
Im Bezug auf die ausbildungsbedingten Arbeitsstätten der Tochter des Klägers in C und in B können entgegen der Ansicht des Klägers jedoch weder Fahrtkosten noch Verpflegungsmehraufwendungen nach den Grundsätzen für eine so genannte Einsatzwechseltätigkeit (vgl. § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG), sondern lediglich die jeweiligen Entfernungspauschalen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte angesetzt...