Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuflusszeitpunkt geldwerter Vorteile bei im Rahmen von Darlehensverträgen vereinbarten Aktienoptionen
Leitsatz (redaktionell)
1. Gewährt ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ein Darlehen, das mit einem Wandlungsrecht zum Bezug von Aktien ausgestattet ist, wird ein Zufluss von Arbeitslohn nicht bereits durch die Hingabe des Darlehens oder die Ausübung des Optionsrechts begründet, sondern erst dann, wenn dem Arbeitnehmer durch Erfüllung des Anspruchs das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien verschafft wird. Der geldwerte Vorteil bemisst sich im Falle der Ausübung des Wandlungsrechts aus der Differenz zwischen dem Börsenpreis der Aktien an dem Tag, an dem der Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erlangt, und den Erwerbsaufwendungen.
2. Ist dem Finanzgericht nur der Börsenkurs am Tag der Ausübung des Wandlungsrechts bekannt und kann es den Tag der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien und damit auch den an diesem Tag geltenden Börsenkurs nicht ermitteln, weil der Arbeitnehmer diese nur ihm bekannten Umstände trotz gerichtlicher Aufforderung nicht mitteilt, so kann das Gericht daraus schließen, dass der am Tag der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht maßgebende Börsenkurs der Aktien tatsächlich zumindest nicht niedriger war als der Börsenkurs bei Ausübung des Wandlungsrechts.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 1-2, § 11 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 1999 vom 18. August 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 2001 wird in der Weise geändert, dass die Einkommensteuer auf 1.759.706 DM (entsprechend 899.723,39 EUR) herabgesetzt wird.
2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger zu 96 % und der Beklagte zu 4 %.
3. Soweit der Beklagte die Kosten trägt, ist das Urteil für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
I.
Streitig ist der Zufluss von Arbeitslohn durch Gewährung und Verwertung von Aktienoptionsrechten im Zusammenhang mit Wandeldarlehen eines Arbeitnehmers. Der Rechtsstreit befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Die Kläger wurden im Streitjahr (1999) als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Am 24. Oktober 1997 hatte der Kläger mit seiner Arbeitgeberin, der am 30. Oktober 1997 erstmals mit einem Gründungskapital von zunächst 10 Millionen DM an der Börse eingeführten Firma AG (im Folgenden: AG), einen Darlehensvertrag über ein der AG zu gewährendes Darlehen in Höhe von 7.500 DM geschlossen (Rechtsbehelfs-Akte 1999 Bl 25). Dieses war mit jährlich 2 % zu verzinsen und spätestens nach 10 Jahren (28. Oktober 2007) zurückzuzahlen. Gem. § 5 des Darlehensvertrages war der Darlehensgeber berechtigt, von dem gewährten Darlehen je 5 DM Darlehensteilbetrag in eine Aktie der Gesellschaft im Nennbetrag von gleichfalls 5 DM zu wandeln. Im Falle der Ausübung des Umtauschrechts war ferner eine Barzuzahlung in Höhe des Wandelungspreises, verringert um den Nennbetrag des umzutauschenden Darlehens zu leisten, wobei zur Ermittlung des geltenden Wandlungspreises der Emissionskurs der Aktie um 5 % pro Jahr zu erhöhen war. Das Wandlungsrecht konnte erstmals am 28. Oktober 1999 für höchstens 50 % der zu beziehenden Aktien ausgeübt werden, für den Rest frühestens am 28. Oktober 2001 (§ 6 des Darlehensvertrages). Die Rechte aus diesem Vertrag durften ursprünglich nur ausnahmsweise mit Zustimmung der X-AG und nur zu Sicherungszwecken an Dritte abgetreten werden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 14. Oktober 1992 Bezug genommen.
Die Hauptversammlung der AG hatte am 17. September 1997 beschlossen, den Vorstand zu ermächtigen, bis 28. Oktober 1997 mit 2 % verzinsliche, auf den Inhaber lautende Wandelschuldverschreibungen im Gesamtnennbetrag von bis zu 750.000 DM zu begeben und diese dem Vorstand und Aufsichtsrat der Gesellschaft sowie allen Arbeitnehmern der X-AG und der mit ihr verbundenen Unternehmen anzubieten (vgl. Geschäftsbericht der X-AG für das Jahr 1997 und Schriftsatz der Klägervertreter vom 28. Dezember 2001). Daraufhin beschloss der Vorstand am 10. Oktober 1997 die Ausgabe von Inhaber-Wandelschuldverschreibungen im Gesamtbetrag von 620.000 DM (Zustimmung des Aufsichtsrates vom 13. Oktober 1997). In dieser Höhe wurden in der Zeit bis 28. Oktober 1997 allerdings Wandelungsdarlehensverträge abgeschlossen und die Darlehensbeträge auf ein Konto der Gesellschaft eingezahlt. Wandelschuldverschreibungen wurden nicht ausgegeben. Neben dem Kläger haben außer den Vorstandsmitgliedern noch mindestens 30 weitere Mitarbeiter der AG derartige Darlehensverträge abgeschlossen (vgl. die von den Proz...