Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind bei länger als vier Monate in der Zeit zwischen dem Abbruch einer Schulausbildung und dem Unterrichtsbeginn an einer Technikerschule ausgeübter Vollzeiterwerbstätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine von einem volljährigen Kind in einem Zeitraum, in dem das Kind eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen kann, ausgeübte Vollzeiterwerbstätigkeit kann die Berücksichtigungsfähigkeit des Kindes nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG ausschließen (Anschluss an BFH-Rechtsprechung).
2. Hat der volljährige Sohn die Schulausbildung abgebrochen, sich sofort um einen Platz an einer Technikerschule beworben und bis zum Beginn des Unterrichts in der Technikerschule länger als vier Monate eine ausbildungsfremde Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeübt, so ist ernstlich zweifelhaft, ob der Sohn während der Vollzeiterwerbstätigkeit überhaupt den Tatbestand des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG erfüllt.
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
Tenor
1. Der Kindergeldaufhebungs- und Rückforderungsbescheid wird insoweit aufgehoben, als die Kindergeldfestsetzung für die Monate Januar und Februar 2009 sowie September bis Dezember 2009 aufgehoben und Kindergeld für den Zeitraum Januar und Februar 2009 zurückgefordert wurde.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger für seinen Sohn B, geboren am 27. Dezember 1986, Kindergeld für die Zeit von Januar bis Februar und von September bis Dezember 2009 sowie der Kinderbonus für 2009 zusteht.
Auf seinen Antrag gewährte die Agentur für Arbeit A – Familienkasse – (Beklagte) dem Kläger zunächst Kindergeld für seinen Sohn B ab Januar 2009. Nachdem der Kläger die Familienkasse davon informierte, dass der Sohn die Schulausbildung am 13. Februar 2009 abgebrochen habe, stellte diese die Kindergeldzahlung ab Februar 2009 ein. Mit Verfügungen vom 4. bzw. 12. Mai 2009 zahlte die Beklagte Kindergeld für Februar 2009 i.H.v. 164 EUR sowie den Kinderbonus i.H.v. 100 EUR nach und hob mit Bescheid ebenfalls vom 4. Mai 2009 die Kindergeldfestsetzung ab März 2009 auf.
Am 13. Oktober 2009 beantragte der Kläger erneut Kindergeld für seinen Sohn B ab September 2009 und legte auf die Anfrage der Familienkasse eine Verdienstbescheinigung der C-AG für September 2009, ein Bewerbungsschreiben vom 13. Februar 2009 sowie einen Bewilligungsbescheid über Aufstiegsfortbildungsförderung vom 10. Februar 2009 für die Zeit ab Oktober 2009 vor. Auf die Verdienstbescheinigung, das Bewerbungsschreiben und den Bewilligungsbescheid wird Bezug genommen. Weitere Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz liegen nicht vor.
Daraufhin hob die Familienkasse wegen voraussichtlicher Überschreitung des Jahresgrenzbetrags die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 8. Dezember 2009 ab Januar 2009 auf und forderte Kindergeld für die Monate Januar und Februar 2009 i.H.v. 328 EUR sowie den Kinderbonus i.H.v. 100 EUR zurück. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen (vgl. Einspruchsentscheidung vom 5. März 2010).
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger weiterhin Kindergeld für seinen Sohn B für die Zeit von Januar bis Februar und von September bis Dezember 2009 begehrt. Zur Begründung trägt er vor, der Sohn habe sich in den streitgegenständlichen Monaten in Ausbildung befunden. Die Einkünfte und Bezüge in diesen Monaten hätten den anteiligen Jahresgrenzbetrag nicht überschritten. In den Monaten März bis Mitte September habe sich der Sohn weder in Ausbildung befunden noch sei er ausbildungswillig gewesen. Er habe den Abbruch der Ausbildung selbst herbeigeführt. Die Einkünfte aus seiner Vollzeiterwerbstätigkeit in der Zeit von März bis Mitte September 2009 seien daher bei der Berechung der Einkünfte und Bezüge im Rahmen des Prüfung, ob der anteilige Jahresgrenzbetrag überschritten sei, nicht einzubeziehen.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze vom 25. März und 25. Mai 2009 samt Anlagen Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den Kindergeldaufhebungs- und Rückforderungsbescheid insoweit aufzuheben, als die Kindergeldfestsetzung für die Monate Januar und Februar 2009 sowie September bis Dezember 2009 aufgehoben und Kindergeld für den Zeitraum Januar und Februar 2009 zurückgefordert wurde.
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Sie bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf ihre Einspruchsentscheidung und führt weiter aus, der Bundesfinanzhof (BFH) habe seine typisierende...