Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwand für den Abtransport von Gerüsten
Leitsatz (redaktionell)
Für den Aufwand, der einem Gerüstbauunternehmen beim Abtransport des auf der jeweiligen Baustelle befindlichen Materials entstehen wird, kann keine Rückstellung gebildet werden, weil die Räumung des Grundstücks im überwiegenden Interesse des Gerüstbauunternehmen liegt, die das Material nach der Räumung für weitere Baustellen verwenden kann.
Normenkette
HGB § 249 Abs. 2 S. 1; EStG § 5 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin berechtigt war, in den Streitjahren Rückstellungen für die mit der Auflösung von Baustellen verbundenen Aufwendungen zu bilden.
Die Klägerin ist eine … GmbH, deren Unternehmensgegenstand u.a. in der Ausführung von Gerüstbauten jeder Art besteht. … Der Sitz der Klägerin befindet sich in A., in B. unterhält sie ein Zentrallager für Gerüstmaterial.
In den Streitjahren war die Klägerin im Wesentlichen im Spezialgerüstbau bei Großindustrieanlagen tätig. Mit den Betreibern dieser Anlagen schloss die Klägerin, wenn sie bei entsprechenden Ausschreibungen den Zuschlag bekommen hatte, jeweils Rahmenverträge mit einer Laufzeit von regelmäßig … Jahren, auf deren Grundlage mit den jeweiligen Auftraggebern Einzelverträge (Abrufe) über konkret zu erbringende Gerüstbauarbeiten geschlossen wurden. In den Rahmenverträgen waren Entgelte für die Erstellung von Gerüsten vereinbart, die überwiegend nach der Größe der zu errichtenden Gerüste (in der Regel Aufmaß der Gerüste und Abrechnung nach laufenden Metern), nachrangig auch pauschal (z.B. bei Kleingerüsten) oder nach dem Umfang angefallener Arbeitsstunden bemessen waren. Mit diesen Entgelten waren nach den Vereinbarungen in den Rahmenverträgen auch der An- und Abtransport des Gerüstmaterials, dessen Vorhaltung, die Baustelleneinrichtung sowie die Montage und die Demontage der Gerüste abgegolten. Die Abrechnung der Gerüstarbeiten mit dem jeweiligen Auftraggeber und die gewinnerhöhende Erfassung der Entgelte bei der Klägerin erfolgte jeweils nach Abwicklung der Einzelaufträge. Um der Vorhalteverpflichtung nachzukommen und die geschuldeten Arbeiten zeitnah ausführen zu können, errichtete die Klägerin in zahlreichen Fällen mit Zustimmung des jeweiligen Auftraggebers auf dem Gelände der Industrieanlagen Materiallager, in denen sich die für die Abwicklung der Aufträge benötigten Materialbestände sowie weitere Betriebs- und Geschäftsausstattung (u.a. Container für Büroarbeiten und für die Unterbringung von Arbeitnehmern; Trecker, Anhänger und Gabelstapler etc. für den Transport des Gerüstmaterials auf der Baustelle) befanden. Mit den Rahmenverträgen verpflichtete sich die Klägerin regelmäßig gegenüber ihren Auftraggebern, von diesen zur Verfügung gestellte Lager- und Arbeitsplätze sowie Zufahrtswege in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten bzw. wieder in den Zustand zu versetzen, in dem sie der Klägerin zu Beginn des Vertrages zur Verfügung gestellt worden sind. Auf von der Klägerin exemplarisch vorgelegte „Zusätzliche Vertragsbedingungen 12/86” (ZVB 12/86) und „Allgemeine Vertragsbedingungen 01/2017” (AVB 01/2017) wird Bezug genommen.
Ab dem Jahre 2004 begann die Klägerin mit der Bilanzierung einer – nach der Laufzeit der Rahmenverträge abgezinsten – Rückstellung für den bei Auslaufen der Rahmenverträge erforderlichen Abtransport des auf der jeweiligen Baustelle befindlichen Materials. Die Bemessung der Rückstellung nahm die Klägerin in der Weise vor, dass sie zum jeweiligen Bilanzstichtag den auf der Baustelle gelagerten Materialbestand erfasste und hiervon ausgehend eine Kalkulation der Personalkosten im Zusammenhang mit der Rückführung des Materials ins Zentrallager nach B. (Zeitaufwand für das Zusammenführen, Sichten, Ordnen, Verpacken, Verladen, Transportieren und Abladen des Materials) sowie der Kosten für den Transport vornahm. Auf die exemplarisch zu den Akten gereichten Kalkulationen zum 31.12.2009 bis 2013 wird Bezug genommen.
Die Rückstellung entwickelte sich wie folgt:
|
€ |
Bestand 31.12.2003 |
0,00 |
Zuführung 2004 |
14.000,00 |
Bestand 31.12.2004 |
14.000,00 |
Zuführung 2005 |
107.200,00 |
Bestand 31.12.2005 |
121.200,00 |
Zuführung 2006 |
96.000,00 |
Bestand 31.12.2006 |
217.200,00 |
Zuführung 2007 |
23.200,00 |
Bestand 31.12.2007 |
240.400,00 |
Zuführung 2008 |
46.400,00 |
Bestand 31.12.2008 |
286.800,00 |
Zuführung 2009 |
52.230,88 |
Bestand 31.12.2009 |
339.030,88 |
Zuführung 2010 |
17.569,12 |
Bestand 31.12.2010 |
356.600,00 |
Reduzierung 2011 |
./. 7.782,29 |
Bestand 31.12.2011 |
348.817,71 |
Zuführung 2012 |
21.241,40 |
Bestand 31.12.2012 |
370.059,11 |
Reduzierung 2013 |
./. 4.200,00 |
Bestand 31.12.2013 |
365.859,11 |
Im Jahr 2008 begann das Finanzamt (FA) für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C. (GKBP) bei der Klägerin mit der Durchführung einer Betriebsprüfung für die Jahre 2002 bis 2007. Der Prüfer vertrat u.a. die Auffassung, die Bildung einer Rückstellung für die mit der Auflösung von Baustellen verbundenen Aufwendungen sei unzulässig, da Rückstellungen für drohe...