Entscheidungsstichwort (Thema)

Unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung, Ingangsetzung der Einspruchsfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Rechtsbehelfsbelehrung der Familienkasse, nach der Einwendungen bei der zuständigen Familienkasse zu erheben sind, Fragen jedoch an das regionale Forderungsmanagement (Regionaldirektion) zu richten sind, ist irreführend und gefährdet bei objektiver Betrachtung die Möglichkeit zur Fristwahrung. Die Einspruchsfrist von einem Monat wird hierdurch nicht in Gang gesetzt.

 

Normenkette

AO § 356 Abs. 2, 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Einspruchsfrist versäumt ist und wenn nein, ob die Beklagte zu Recht die Festsetzung des Kindergeldes für den Zeitraum November 2008 bis Dezember 2010 aufgehoben hat und die Rückforderung von Kindergeld in Höhe von 5.484 Euro rechtmäßig ist.

Der Kläger erhielt für seinen Sohn E, geboren am 00.00.0000, Kindergeld auch für den Zeitraum November 2008 bis Dezember 2010.

E hatte am 01.08.2007 eine Ausbildung als Elektroniker der Fachrichtung Energie- und Gebäudetechniker bei der Firma N in V begonnen. Auf die Ausbildungsbescheinigung vom 29.08.2008 wird Bezug genommen (in der Kindergeldakte abgeheftet zwischen Blatt 151 und Blatt 166, zwischen den Seiten befinden sich insgesamt 11 unpaginierte Seiten und sodann wiederum Blatt 143 und 144 und sodann eine unpaginierte Seite).

Mit Schreiben vom 03.03.2011 wandte sich die Familienkasse S an den Kläger und wies darauf hin, er sei darum gebeten worden, für E einen Nachweis über die Fortdauer bzw. das Ende der Berufsausbildung sowie eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen vorzulegen. Wenn er nicht innerhalb von zwei Wochen antworte, müsse die Festsetzung des Kindergeldes ab November 2008 aufgehoben werden. Handschriftlich ist auf dem Schreiben vermerkt „ZV vom 18.11.10”. Dieser Hinweis bezieht sich darauf, dass der Kläger bereits früher zur Vorlage dieser Unterlagen aufgefordert worden sein soll. In der Akte befindet sich aber lediglich ein Schreiben vom 18.11.2008, das das Kindergeld für die Tochter B betrifft und das im Übrigen an die Fachhochschule C gerichtet ist.

Mit Bescheid vom 24.03.2011 hob die Familienkasse S die Festsetzung des Kindergeldes gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) für den Zeitraum November 2008 bis Dezember 2010 auf, da der Kläger trotz Aufforderung keinen Nachweis über das Ende der Ausbildung oder über eine daran anschließende Ausbildung vorgelegt habe. Außerdem fehle die Erklärung zu den Einkünften und Bezügen für den Zeitraum November 2008 bis Dezember 2010. Das Kindergeld sei in Höhe von insgesamt 5.484 Euro überzahlt worden. Der Betrag sei nach § 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) vom Kläger zu erstatten. Der Bescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung. Unter der Rechtsbehelfsbelehrung befindet sich folgender Text

„Hinweise:

Wenn Sie mit der oben aufgeführten Forderung grundsätzlich nicht einverstanden sind, wenden Sie sich bitte an Ihre zuständige Familienkasse.

Bei Fragen zur Rückzahlung wenden Sie sich bitte unverzüglich an das regionale Forderungsmanagement.

…”

Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 24.03.2011 Bezug genommen, Blatt 173 der Kindergeldakte.

Am 31.08.2011 ging bei der Regionaldirektion ein Schreiben ein, mit dem der Kläger sich gegen eine Mahnung der Familienkasse wendet. Er habe im März 2011 das ausgefüllte Formular und Kopien des Ausbildungsvertrags und des Prüfungsbescheids für seinen Sohn E eingereicht. Er übersende erneut Kopien des Ausbildungsvertrags und des Prüfungsbescheids. Aus der von ihm vorgelegten Bescheinigung des Prüfungsausschusses ergibt sich, dass E. im Ausbildungsbetrieb N. den Ausbildungsberuf Elektroniker erlernt und vor dem zuständigen Prüfungsausschuss die Gesellen-/Abschlussprüfung bestanden hat. Die Bescheinigung datiert vom 28.01.2011. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheinigung, Blatt 180 der Kindergeldakte, Bezug genommen.

Die Familienkasse S teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 12.09.2011 mit, dass die Festsetzung des Kindergeldes mit Bescheid vom 24.03.2011 aufgehoben worden sei, und deswegen von ihm Kindergeld für November 2008 bis Dezember 2010 zurückgefordert werde. Aufgrund des neuen Antrags könne Kindergeld nicht mehr erneut festgesetzt werden. Die für die Entscheidung notwendigen Tatsachen seien erst nachträglich bekannt gegeben bzw. die Unterlagen erst verspätet eingereicht worden. Die Entscheidung könne deshalb für die Vergangenheit nicht mehr korrigiert werden. Eine Korrektur nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sei nicht möglich.

Im Oktober 2012 erkundigte sich der Kläger telefonisch nach dem Bearbeitungsstand.

Am 23.01.2013 riefen der Kläger und seine Frau bei der Familienkasse S an und teilten mit, sie hätten die Vordrucke abgeschickt, nach Erhalt der Mahnung seien im August 2011 nochmals alle Unterlagen an die Familienkasse übersandt worden.

Mit Schreiben vom 31.01.2013 wandten sich die Prozessbevollmächtigten an die Familienkasse S. Sie tragen vor, die Ehefrau des Klägers habe das im März 2011 übersandte Formularschreibe...

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