Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung bei vollendetem 55. Lebensjahr
Leitsatz (redaktionell)
Für die Gewährung des Freibetrages nach § 16 Abs. 4 EStG ist auch nach der Neufassung der Vorschrift durch das Jahressteuergesetz 1996 darauf abzustellen, dass der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Veräußerung das 55. Lebensjahr vollendet hat.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Freibetrages gem. § 16 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Der am 26. Dezember 1945 geborene Kläger war Kommanditist der O. gesellschaft. …GmbH & Co. (O. … GmbH & Co. KG). Die O. GmbH & Co. KG verkaufte mit Vertrag vom 8. Mai 2000 die „N.”, ihr einziges Schiff. Die „N.” wurde am 16. Juni 2000 an den Erwerber übergeben.
Ausweislich der Mitteilungen für 2000 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen des Finanzamtes I. vom 22. November 2002 und vom 9. September 2003 hatte der Kläger als Beteiligter der O. GmbH & Co. KG nach Anwendung des § 15a EStG anzusetzende steuerpflichtige Veräußerungsgewinne und andere tarifbegünstigte Einkünfte gem. §§ 16, 34 EStG in Höhe von 39.604,36 DM erzielt.
Der gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderte Einkommensteuerbescheid 2000 vom 8. April 2003 erfasste zwar die laufenden Einkünfte aus der Beteiligung des Klägers an der O. GmbH & Co. KG entsprechend den Angaben der Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 22. November 2002 mit 0 DM, der Veräußerungsgewinn hingegen blieb unberücksichtigt.
Am 22. Juli 2005 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 8. April 2003 gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erneut und legte der Besteuerung des Klägers nunmehr um den Veräußerungsgewinn von 39.604,00 DM erhöhte Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugrunde. Der Bescheid nimmt Bezug auf die Mitteilung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 9. September 2003 und enthält den Hinweis, dass innerhalb der Rechtsbehelfsfrist die Nachholung eines Antrags auf ermäßigte Besteuerung gem. § 34 Abs. 1 EStG möglich sei.
Mit seinem Einspruch vom 4. August 2005 beantragte der Kläger die Gewährung eines Freibetrages gem. § 16 Abs. 4 EStG. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Gewährung des Freibetrages gem. § 16 Abs. 4 EStG scheide aus, da der Kläger im Zeitpunkt der Veräußerung das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet habe (Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2006). Der Wortlaut des Gesetzes spreche dafür, dass der Steuerpflichtige bereits im Veräußerungszeitpunkt das 55. Lebensjahr vollendet haben müsse. Dies gelte auch für den Wortlaut des § 34 Abs. 3 EStG. Zudem sei nach dem Sinn und Zweck der Regelung von einer Anknüpfung des Freibetrages an das Dispositionsrecht des Steuerpflichtigen auszugehen. Schließlich weise das BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2005 (IV B 2-S 2242-18/05) klarstellend darauf hin, dass der Zeitpunkt der Veräußerung maßgeblich sei.
Mit der sodann erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Ansicht: Für die Gewährung des Freibetrages gem. § 16 Abs. 4 EStG reiche es aus, dass er das 55. Lebensjahr im Veranlagungszeitraum 2000 vollende. Nicht erforderlich sei, dass er es bereits im Veräußerungszeitpunkt vollendet habe. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des Gesetzes. Außerdem sei das Ende des Veranlagungszeitraumes maßgeblich, weil die Steuer zu diesem Zeitpunkt entstehe (§ 36 Abs. 1 EStG). Diese Auffassung widerspreche auch nicht dem Wortlaut des § 34 Abs. 3 EStG, der im Streitjahr noch nicht anwendbar gewesen sei. Außerdem lasse § 34 Abs. 1 EStG keinen Rückschluss auf die Regelung des § 16 Abs. 4 EStG zu. Schließlich sei das BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2005 für den Streitfall nicht bindend.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 22. Juli 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2006 zu ändern und die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung des gem. § 16 Abs. 4 EStG steuerfreien Veräußerungsgewinnes in Höhe von 39.604,00 DM niedriger festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf die Darlegungen der Einspruchsentscheidung.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO) verzichtet.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Der streitige Einkommensteueränderungsbescheid 2000 vom 22. Juli 2005, in dem der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 39.604,00 DM erhöht hat, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Beklagte war gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 8. April 2003 zu ändern und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung des gesondert festgestellten, tarifbegünstigten Veräußerungsgewinnes festzusetzen.
Gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist ei...