Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt des Wegfalls des negativen Kapitalkontos und Wertberichtigung von Forderungen im Sonderbetriebsvermögen. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: IV R 28/22)
Leitsatz (redaktionell)
1. Das negative Kapitalkonto des Gesellschafters einer Personengesellschaft fällt zum Zeitpunkt weg, zu dem feststeht, dass ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos mit zukünftigen Gewinnanteilen nicht mehr in Betracht kommt, spätestens im Moment der Betriebsveräußerung oder -aufgabe (hier: Zeitpunkt, in dem ein Restaurantbetrieb vollständig eingestellt und dies sowohl gegenüber der Stadt als auch dem Finanzamt erklärt wurde, die letzte Erlösbuchung erfolgt und kein Personal mehr beschäftigt worden ist und auch mit einem während des Gaststättenbetriebs angebotenen Cateringservice keine Umsätze mehr erzielt worden sind).
2. Zumindest bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft sind Darlehensforderungen des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft, falls ein solcher Anspruch wertlos ist, im Sonderbetriebsvermögen noch nicht bei Betriebsaufgabe, sondern erst bei Beendigung der Mitunternehmerstellung, also beim Ausscheiden des Gesellschafters oder bei Beendigung der Gesellschaft wertzuberichtigen, da erst zu diesem Zeitpunkt der Verlust im Sonderbetriebsvermögen realisiert wird.
Normenkette
EStG § 15a Abs. 2 S. 1, Abs. 4, § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob die D E GmbH & Co KG, an der die Klägerin als Kommanditistin beteiligt war, ihren Betrieb im Streitjahr 2012 aufgegeben hat und deshalb das in dieser Gesellschaft bestehende negative Kapitalkonto der Klägerin aufzulösen war sowie die Wertberichtigung einer Forderung im Sonderbetriebsvermögen der Klägerin.
Die D E GmbH & Co. KG, deren Vermögen zum 31.12.2014 auf die Klägerin angewachsen ist, wurde mit Vertrag vom 3.3.2011 gegründet. Kommanditistin war mit einer vermögensmäßigen Beteiligung von 100 % die Klägerin, Komplementärin ohne vermögensmäßige Beteiligung war die B C GmbH. Diese war zugleich die zur Geschäftsführung berufene Gesellschafterin.
Gegenstand des Unternehmens der D GmbH & Co KG war der Betrieb von Gaststätten und gastronomischen Unternehmen aller Art, insbesondere des D in F sowie die Planung und Ausführung von Veranstaltungen und Großevents aller Art. Tatsächlich betrieb die Gesellschaft den D, dessen Räumlichkeiten von der B G GmbH & Co KG angemietet worden waren.
Mit einer Erklärung vom 15.8.2012 meldete die D E GmbH & Co KG am 24.8.2012 ihr Gewerbe Schank- und Speisewirtschaft D bei der Stadt H ab. Datum der Betriebsaufgabe sei der 31.8.2012. Als künftigen Gewerbetreibenden benannte sie die J K GmbH.
Am 10.9.2012 ging bei dem Beklagten (dem Finanzamt –FA–) ein mit dem Datum „6.8.12” unterzeichnetes Formular ein, in dem von der D E GmbH & Co KG erklärt wurde: „Zeitpunkt der Einstellung 31.8.2012” und „Die D E GmbH + Co KG hat zum 31.8.12 den Betrieb eingestellt. Die Eigentümergesellschaft der Immobilie hat ab 01.09. die Immobilie neu verpachtet an die Fa. J K GmbH … H”. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das ausgefüllte Formular Bezug genommen.
Eine gesellschaftsrechtliche Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft erfolgte nicht. Löhne oder Umsätze wurden nach der Einstellung nicht mehr verbucht. Die Klägerin hatte als Kommanditistin zum 31.12.2012 eine Darlehensforderung gegenüber der D E GmbH & Co. KG in Höhe von 204.972,40 €, die als Sonderbetriebsvermögen behandelt wurde.
Am 21.2.2014 meldete die D E GmbH & Co. KG zum 1.2.2014 das Gewerbe „L, M” an. Aus der Bilanz zum 31.12.2014 ergibt sich nicht, dass die Gesellschaft seitdem wirtschaftlich aktiv war. Insbesondere finden sich keine laufenden Umsätze und keine Löhne.
Zum 31.12.2014 schied die Komplementär-GmbH aus der D E GmbH & Co. KG aus; deren Vermögen wuchs damit der Klägerin an. Im Handelsregister wurde das Erlöschen der Firma am 17.3.2015 eingetragen.
Das FA erließ zunächst erklärungsgemäße Bescheide für 2012 bis 2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes 2009 (EStG 2009). Die Bescheide datierten vom 18.6.2014 (für 2012), 23.10.2014 (für 2013) und 2.3.2016 (für 2014). Sämtliche Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung –AO–) und waren an die Fa. B C GmbH als Empfangsbevollmächtigte für die Fa. D E GmbH & Co KG adressiert, und zwar mit dem Zusatz: „Der Bescheid ergeht an Sie als Empfangsbevollmächtigten mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten”.
Am 2.2.2017 unterrichtete Frau N vom Büro der Prozessbevollmächtigten das FA vom Ausscheiden der Komplementär-GmbH aus der D E GmbH & Co KG.
Das FA prüfte im Jahre 2018 die Jahre 2012 bis 2014 bei der D E GmbH & Co. KG abschließend.
Der Prüfer ging davon aus, zum 31.8.2012 sei die Betriebsaufgabe erfolgt. Das zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe bestehende negative Kapitalkonto der Kommanditistin, der Klägerin, in Höhe von ./. 271...