Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Abgeltungssteuer und tariflicher Einkommensteuer bei Zinsen aus privatem Darlehen
Leitsatz (redaktionell)
1) Zinsen aus einem privaten Darlehen, das zur Finanzierung des Erwerbs eines Anteils an einer Partnerschaftsgesellschaft gewährt worden ist, unterliegen der Abgeltungsteuer und damit dem Abgeltungssteuersatz von 25%, sofern kein "Näheverhältnis" im Sinne von § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG vorliegt.
2) Ein privates Darlehen zu fremdüblichen Bedingungen zwischen nicht einander Angehörigen Personen im Sinne von § 15 AO, die keine identischen Interessen haben, begündet keinen Missbrauch des Abgeltungssteuerverfahrens.
Normenkette
EStG § 32d Abs. 3, 2 Nr. 1 Buchst. a; AO § 15; EStG § 32d Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob Zinsen aus einem privat gewährten Darlehen dem tariflichen Einkommensteuersatz oder dem Abgeltungsteuersatz von 25% (§ 32d Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG –) unterliegen.
Die Kläger sind Eheleute und werden für das Streitjahr 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist evangelischer, die Klägerin römisch-katholischer Konfession. Der Kläger ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Er war zunächst alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer Steuerberatungs GmbH. Mit Wirkung zum 31.12.2008 übertrug er einen Geschäftsanteil der GmbH an den Steuerberater T.. Mit Wirkung zum 01.01.2009 wurde die Steuerberatungs GmbH in eine Partnerschaftsgesellschaft, die I. + Partner Steuerberatungsgesellschaft, formgewechselt. Herr T. erwarb vom Kläger eine fünfprozentige Beteiligung an der neu gegründeten Partnerschaftsgesellschaft zum Kaufpreis von EUR 57.500.
Den Kaufpreis für die Beteiligung an der I. + Partner Steuerberatungsgesellschaft finanzierte Herr T. durch ein Darlehen, das ihm der Kläger aus privaten Mitteln mit Wirkung zum 01.01.2009 zur Verfügung stellte. Das Darlehen ist mit 5% p.a. zu verzinsen. Zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs verpfändete Herr T. dem Kläger seinen Anteil an der I. + Partner Steuerberatungsgesellschaft. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Darlehensvertrag vom 31.12.2008 Bezug genommen.
Sowohl den Darlehensrückzahlungsanspruch als auch die Zinszahlungsverpflichtung auf den 31.12.2009 passivierte die I. + Partner Steuerberatungsgesellschaft im Sonderbetriebsvermögen von Herrn T. (Sonderbetriebsvermögen II).
Im März 2010 zahlte Herr T. an den Kläger die für den Zeitraum vom 01.01.2009 bis 23.03.2010 fälligen Zinsen in Höhe von insgesamt EUR 3.537,85. Kapitalertragsteuer wurde nicht einbehalten.
In der gemeinsamen Einkommensteuererklärung der Kläger für das Streitjahr 2010 erklärte der Kläger die vorgenannten Zinsen als solche, die nicht dem inländischen (Kapitalertrag-)Steuerabzug unterlägen hätten und die nach § 32d Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG mit dem Steuersatz von 25% zu besteuern wären.
Nachdem der Beklagte der Erklärung zunächst mit Einkommensteuerbescheid vom 18.10.2011 gefolgt war, änderte er mit weiterem Bescheid vom 15.12.2011 die Festsetzung nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) dahingehend, dass er die Zinserträge nunmehr als Einkünfte erfasste, die dem progressiven Einkommensteuersatz unterlägen. Zur Begründung führte er an, dass der Abgeltungsteuersatz deshalb keine Anwendung fände, da der Kläger und Herr T. einander nahe stehende Personen i.S. von § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG seien. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb auch im Änderungsbescheid bestehen.
Die Kläger beantragten sodann die Abänderung des Einkommensteuerbescheides vom 15.12.2011 und machten geltend, dass die Kapitalerträge der Abgeltungsteuer unterlägen.
Der Beklagte lehnte den Änderungsantrag mit Bescheid vom 19.01.2012 ab.
Während des Einspruchsverfahrens gegen den Ablehnungsbescheid erging aus vorliegend nicht streitigen Gründen am 03.12.2012 ein erneut geänderter Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2010.
Der Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2013 hielt der Beklagte an seiner Auffassung fest, dass der Kläger und Herr T. einander nahe stehende Personen i.S. von § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG seien. Die Ausnahme von der grundsätzlichen Geltung der Abgeltungsteuer für Kapitalerträge solle dem Anreiz entgegenwirken, betriebliche Gewinne in Form von Darlehenszinsen abzusaugen, um so in den Genuss einer Steuersatzspreizung zu kommen. Im Streitfall sei es nicht erheblich, dass der Kläger und Herr T. keine Angehörigen i.S. von § 15 AO seien und der Darlehensvertrag auch den Erfordernissen des Fremdvergleichs standhalte. Vielmehr müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger 95% der Anteile an der I. + Partner Steuerberatungsgesellschaft halte und Herr T. als Darlehensnehmer nur 5%. Insoweit sei es dem Kläger möglich, über die Beteiligungsposition einen beherrschenden Einfluss auf Herrn T. auszuüben. Hinsichtlich der Vereinbarung der Bedingungen des Darlehensvertrages sei es dem Kläger zudem möglich gewesen,...