Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Fütterungsleistungen an Schweinemastbetrieb. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 9/21)
Leitsatz (redaktionell)
1. Höchstrichterlich ist festgestellt, dass jeder Umsatz in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten ist, und dass zum anderen ein Umsatz, der eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellt, im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden darf. Die Futterherstellung und automatische Verfütterung an die Mastschweine sind weder nach der Interessenlage der am Leistungsverhältnis Beteiligten noch technisch aufteilbar.
2. Nach Auffassung des Senats sind die Flüssigfutterleistungen über eine einheitliche Futtermittelzentrale an andere Unternehmer keine Lieferungen, sondern dem Regelsteuersatz unterliegende Futtermanagementleistungen, da zusätzliche weitere Dienstleistungselemente wie Überwachung des Fressverhaltens der Mastschweine, Wiederbefüllung der Tröge u.a. gegeben sind, die nicht mit der bloßen Vermarktung einhergehen.
Normenkette
UStG Anlage 2 Nr. 37; UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist für das Streitjahr 2013, ob eine ermäßigt zu besteuernde Lieferung oder eine dem Regelsteuersatz unterliegende einheitliche Leistung besonderer Art vorliegt.
Der Kläger ist Landwirt. Für die Jahre 2001 bis 2017 optierte er zur umsatzsteuerrechtlichen Regelbesteuerung. Er errichtete 1999 einen ca. 2 km von seiner Hofstelle (A-Straße 86, 00000 N) entfernt liegenden freistehenden Schweinemaststall (B-Str. 30, 00000 N) und erweiterte diesen in 2001 um 1.260 Mastplätze auf insgesamt 1.980 Mastplätze. Der durch eine Brandschutzmauer erweiterte, räumlich abgegrenzte Teil war vorgesehen für eine Verpachtung an einen anderen Unternehmer und ist letztlich im Umfang von 840 Mastplätzen an die Ehefrau des Klägers verpachtet worden. Die gesamte Mastanlage, also alle 1.980 Mastplätze, wurden versorgt durch eine gemeinsame computergesteuerte Flüssigfutteranlage. Diese besteht neben dem Fütterungscomputer im Wesentlichen aus Vorratssilos, Anmischbehälter und Leitungen und befindet sich in einem gesonderten Gebäude auf dem Grundstück B-Str. 30, N, und versorgt die einzelnen Mastplätze über ein Rohrleitungssystem mit Flüssigfutter. Der Kläger hatte zwei Anträge auf verbindliche Auskunft vom 07.12.1999 und vom 05.07.2002 zur beabsichtigten Betriebsteilung gestellt, auf die wegen des Inhalts Bezug genommen wird (Akte „verbindliche Auskünfte”, Bl. 1ff und 15ff). Der Beklagte erteilte mit Bescheid vom 18.07.2002 die verbindliche Auskunft, dass es sich bei den landwirtschaftlichen Betrieben des Klägers und seiner Ehefrau um zwei selbstständige Betriebe handelt.
Das Flüssigfutter wird in einem einzigen Anmischbehälter für beide Mastställe zusammengemischt und über einen Fütterungscomputer verteilt. Der Computer regelt individuell nach den Vorgaben des jeweiligen Betriebsinhabers die Futtermittelrezepturen, die sodann über die Misch- und Verteilanlage verteilt wird. Die Erfassung nach Quantität und Qualität für jeden Maststall erfolgt mit entsprechenden Messinstrumenten. Es werden bis zu 25-mal am Tag kleinere Mengen Futter an die Schweine gegeben. Dabei wird sensorisch kontrolliert, ob noch Futter im jeweiligen Trog ist; bei leerem Trog wird automatisch nachgeliefert. Zu Beginn der Mastperiode wird vom jeweiligen Betriebsinhaber eine Futterkurve festgelegt. Diese kann in den beiden Mastbereichen unterschiedlich sein. Eine gleichzeitige Fütterung beider Mastbereiche ist aber nicht möglich. Die Eingabe der jeweiligen Futterkurve in den Fütterungscomputer und weiterer Daten kann in der Fütterungsanlage B-Str. 30 und der Haupthofstelle A-Straße 86 erfolgen.
Mit Wirkung vom 01.10.2002 (Pachtvertrag vom 27.09.2002) verpachtete der Kläger 840 Mastplätze einschließlich Betriebsvorrichtungen, Anlagen und Einrichtungen im Stall, einem Güllelagerbehälter außerhalb des Stalls und die notwendigen Verkehrsflächen des Maststalls B-Str. an seine Ehefrau. Die Fütterungsanlage oder Teile davon wurden nicht mitverpachtet. Gemäß § 5 des Vertrags, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Vertragsakte Bl. 1ff), verpflichtete sich der Kläger, das Pachtobjekt während der Pachtzeit mittels seiner am Pachtstandort eingerichteten Fütterungszentrale mit Flüssigfutter in einem qualitativ und quantitativ erstklassigen Zustand zu versorgen. Die Pächterin verpflichtete sich zur Abnahme. Dazu sollte eine gesonderte Vereinbarung getroffen werden, die die Vertragsparteien mit Vertrag vom 28.09.2002, auf den wegen des Inhalts verwiesen wird (Gerichtsakte Bl. 54), auch getroffen haben. Die übrigen Plätze des Maststalls B-Str. nutzte der Kläger selbst zu Mastzwecken.
Die Ehefrau des Klägers ist pauschalierende Landwirtin und lieferte ihre Getreide- und Maisernte mit Umsatzsteuerausweis i.H.v. 10,7 % an den Kläger. Dieser mischte die von seiner Ehefrau erworbene und gegebenenfalls seine eigene Er...