Rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verzinsung einer freiwilligen Zahlung an das Finanzamt
Leitsatz (amtlich)
Keine Verzinsung von durch den Steuerpflichtigen nach Ablauf der Karenzzeit geleisteten freiwilligen Zahlungen.
Ein Zuwiderhandeln des Finanzamts gegen Nr. 17, 25 AEAO zu § 233a begründet keinen Anspruch auf Verzinsung; die Zinsberechnung ergibt sich abschließend aus § 233a Abs. 3 AO.
Normenkette
AO § 233a Abs. 1-3, § 238 Abs. 1-2; EStG § 36 Abs. 3 S. 3
Tatbestand
Streitig ist die Verzinsung einer freiwilligen Zahlung der Kläger.
Die Kläger übermittelten am 26.09.2014 auf elektronischem Weg ihre Einkommensteuererklärung 2012 an das Finanzamt.
Am 02.01.2015 leisteten sie eine freiwillige Zahlung i.H.v. 20.000 €. Ein Antrag auf Anpassung der Vorauszahlungen wurde nicht gestellt.
Das Finanzamt hatte mit Bescheid vom 12.03.2013 nachträgliche Vorauszahlungen zur Einkommensteuer 2012 i.H.v. 51.058 € festgesetzt, die die Kläger bezahlt hatten.
Mit Einkommensteuerbescheid 2012 vom 15.04.2015 setzt das Finanzamt die Einkommensteuer i.H.v. 44.083 € fest, berücksichtigte den Steuerabzug vom Lohn i.H.v. 855 € und errechnete eine verbleibende Steuer von 43.228 €.
Im Abrechnungsteil des Einkommensteuerbescheids wies das Finanzamt einen bereits getilgten Betrag von 71.058 € und einen zuviel entrichteten Betrag von 27.830 € aus.
Zudem setzte es (Erstattungs-) Zinsen i.H.v. 468 € fest.
Aus der Zinsberechnung ergibt sich, dass das Finanzamt die Differenz zwischen verbleibender Steuer (43.228 €) und den festgesetzten Vorauszahlungen (51.058 €) ermittelte und diesen Betrag von 7.830 € verzinste.
Hierbei setzte es nach Abrundung 7.800 € x 12 Monate (01.04.2014 bis 20.04.2015) x 0,5 % an und errechnete Erstattungszinsen von 468 €.
Mit Einspruch gegen den Zinsbescheid vom 24.04.2015 begehrten die Kläger die Verzinsung des (vollen) Erstattungsbetrags von 27.800 €.
Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos; der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 10.09.2015 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie tragen vor, gem. § 233a Abs. 1 S. 1 AO sei der Unterschiedsbetrag, der sich aus der Festsetzung der Einkommensteuer ergibt, zu verzinsen. Weder die zuständige Behörde noch der Steuerpflichtige habe ein Wahlrecht bzw. einen Ermessensspielraum.
Nach Nr. 1 AEAO zu § 233a solle die Regelung zur Verzinsung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen dienen.
Das Finanzamt habe die Zahlung vereinnahmt und behalten. Hierin liege - unter Verweis auf Nr. 15 AEAO zu § 233a - ein Antrag auf Anpassung der Vorauszahlung zur Einkommensteuer. Die freiwillige Zahlung sei nicht innerhalb kurzer Zeit zurück an die Steuerpflichtigen überwiesen worden. Dem Antrag sei somit seitens des Finanzamts entsprochen worden.
Nach Nr. 17 AEAO zu § 233a solle, wenn der Steuerpflichtige nach Ablauf der Karenzzeit eine freiwillige Zahlung leiste, bei Vorliegen einer Steuererklärung unverzüglich eine Steuerfestsetzung erfolgen, ggf. auch personell unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Das Finanzamt habe dem zuwider gehandelt.
Bei einer Bearbeitungszeit von mehr als 6 Monaten bzw. einem Zeitraum von mehr als 3 Monaten zwischen freiwilliger Zahlung und Rückzahlung müsse eine Verzinsung im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen erfolgen.
Die Kläger beantragen das Finanzamt unter Änderung des Zinsbescheids vom 15.04.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.09.2015 zu verpflichten, Zinsen zur Einkommensteuer 2012 i.H.v. 768 € festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt die Klage abzuweisen.
Es trägt unter Verweis auf die Einspruchsentscheidung vor, die Verzinsung des zu erstattenden Betrages erfolge nur bis zur Höhe des Mindersolls. Freiwillig geleistete Zahlungen sollten zum Anlass genommen werden, die bisher festgesetzten Vorauszahlungen anzupassen (vgl. AEAO zu § 233a, Nrn. 15 und 16) oder die Jahressteuer unverzüglich festzusetzen (vgl. AEAO zu § 233a, Nr. 17). Bis zur Festsetzung der Vorauszahlung oder der Jahressteuer seien sie aber zur Vermeidung von Missbräuchen von der Verzinsung ausgeschlossen. (AEAO zu § 233a, Nr. 25).
Bei der Ermittlung freiwilliger (Über-)Zahlungen des Steuerpflichtigen, die bei der Berechnung der Erstattungszinsen außer Ansatz bleiben, seien die zuletzt eingegangenen, das Vorauszahlungssoll übersteigenden Zahlungen als freiwillig anzusehen (AEAO zu § 233a, Nr. 27).
Ansonsten hätte jeder Steuerpflichtige die Möglichkeit durch Einzahlung von Geldbeträgen beim Finanzamt eine Verzinsung von 6 % pro Jahr zu erzielen, ohne eine Anlagerisiko zu tragen. Insbesondere in Zeiten eines niedrigen Zinsniveaus bestehe ein hohes Missbrauchsrisiko.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet; die von den Klägern am 02.01.2015 geleistete Zahlung von 20.000 € ist nicht zu verzinsen.
1. Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag ...