Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungen eines Strafurteils kann sich das Finanzgericht auch dann zu eigen machen, wenn es sich bei dem strafgerichtlichen Urteil um ein solches in abgekürzter Form nach § 267 Abs. 4 StPO handelt und der Kläger keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen des Strafgerichts im finanzgerichtlichen Verfahren erhoben hat Zur Frage des Ausmaßes der Konkretisierung von Einwendungen des Steuerpflichtigen gegen Feststellungen des Strafgerichts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Finanzgericht ist nicht gehindert, sich die tatsächlichen Feststellungen eines Strafurteil in Gestalt eines abgekürzten Urteils nach § 267 Abs. 4 StPO zu Eigen zu machen, wenn diese Feststellungen nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zutreffend sind und der Steuerpflichtige keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen des Strafgerichts erhoben hat.

2. Die gerichtliche Pflicht zur Sachaufklärung erfordert keine erneute Vernehmung von bereits im Strafverfahren vernommenen Zeugen, wenn der Steuerpflichtige nicht hinreichend darlegt, dass und warum die Zeugen nunmehr etwas anderes bekunden sollen.

3. Soweit eine diesbezügliche Substantiierung dem Steuerpflichtigen nicht möglich ist, weil das abgekürzte Strafurteil keine eingehende Beweiswürdigung vornimmt, geht dies zu Lasten des Steuerpflichtigen, der auf die Einlegung von Rechtsmitteln gegen das Strafurteil freiwillig verzichtet hat.

 

Normenkette

FGO § 96 Abs. 1 S. 1, § 81 Abs. 1; UStG § 2 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 11.12.2014; Aktenzeichen XI B 44/14)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger in den Streitjahren 1995 bis 2001 als Unternehmer unter dem Deckmantel der Fa. Z tätig war.

Der Kläger war seit 1978 bei der Firma S beschäftigt. Dort arbeitete er zunächst als Maschinist bzw. Baggerfahrer, bevor er zum Schachtmeister ausgebildet wurde. In 1991 wechselte er zu der Firma B, einer 100%-igen Tochter der Firma S. Wegen der Liquidation dieser Firma kam er 1998 zur Firma S zurück, wo er als Bauleiter seinen letzten Arbeitseinsatz am 30. November 1998 hatte. Danach war er auf Grund eines Asthmaleidens krankgeschrieben. Das Arbeitsverhältnis endete auf Grund des Vergleiches vor dem Arbeitsgericht am 30. Juni 2001 (Bl. 399 Strafaktenordner 2). Am 10. September 2002 meldete er die Firma M Erd- und Tiefbauarbeiten an.

Im Jahr 1994 gründete der türkische Staatsangehörige Herr C. A. die auf den Namen seiner Mutter lautende Firma "Garten- und Landschaftsbau Z" in H. Der Betrieb wurde auf Frau Z. A. in 1994 angemeldet, weil ihr Sohn C. A. noch keine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland hatte. Frau Z. A. ist laut den Feststellungen des Beklagten mit ihrem Ehemann 1997 wieder in die Türkei zurückgekehrt. Auch Herr C. A. ist wieder in die Türkei zurückgekehrt; nach Auffassung des Beklagten im Januar 2001 und nach Auffassung des Klägers Mitte 2002.

Der Kläger lernte Herrn C. A., der als Subunternehmer für die Firma B arbeitete, im Rahmen seiner dortigen Tätigkeit als Bauleiter kennen. Der Kläger vermittelte in der Folge Aufträge für die Firma Z, ermittelte die Aufmaße für die Rechnungserstellung und teilte diese dem Buchführungsbüro der Firma Z, der Firma P, mit. Das Buchführungsbüro P fertigte auf Grund dieser Aufmaße auf einem Briefkopf der Firma Z die Rechnungen.

Nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens gegen Frau Z. A. wegen des Verdachts der vorsätzlichen Verkürzung von Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer teilte der damalige Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 2. Juli 2002 den Finanzämtern S und L mit, dass er einen Sachverhalt mitteilen wolle, der ggfs. vor einem steuerstrafrechtlichen Hintergrund gewertet werden könne (Bl. 223 d. Akte 1 K 2427/05 Band I). Der Kläger habe auf Bitte des Herrn A diesen an Geschäftspartner weiterempfohlen. Wirtschaftliche Vorteile habe er dadurch nicht erzielt. Herr A erbringe weit über das normale zeitliche Maß Arbeiten selbst. Vor diesem Hintergrund habe er den Kläger gebeten, selbst oder über Dritte die Einlösung von Kundenschecks vorzunehmen. Da der Kläger in W wohnhaft sei, sei dies über das Konto-Nr. ...398 der damaligen H Bank eG in S, der heutigen Volksbank H eG erfolgt. Es handele sich um folgende Beträge:

13.10. bis 19.12.1995

127.372,02 DM

09.01. bis 04.12.1996

534.042,73 DM

Insgesamt

661,414,75 DM

Den Gegenwert der eingelösten Schecks habe der Kläger Herrn A zur Verfügung gestellt (Bl. 4 Strafaktenordner 1).

Auf Grund dieses Schreibens fand bei dem Kläger eine Steuerfahndungsprüfung statt (vgl. Steuerfahndungsbericht vom 23. Dezember 2004, Bl. 2 f. Steuerfahndungsakten/Steufa-Bericht II).

Nach den Feststellungen der Steuerfahndung konnte der Kläger im Jahr 1995 die Firma E als Auftraggeber für Pflasterarbeiten und den Einsatz von Arbeitskräften in den verschiedensten Bereichen der Produktion gewinnen (Tz. 1.02. des Steuerfahndungsberichts vom 23. Dezember 2004 /Bl. 2 ff. d. Steuerfahndungsakte, Lasche "Steuerfahndungsbe-richt"). Er habe beschl...

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