Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Rechtsfolgen nach Aktienzuteilung und Verkauf der zugeteilten Aktien
Leitsatz (amtlich)
Überträgt eine börsennotierte Gesellschaft Anteile, die diese an einer weiteren selbständigen börsennotierten Gesellschaft hält, unentgeltlich auf ihre Anteilseigner, so liegt darin ein sonstiger Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Veräußert der Anteilseigner die ihm zugeteilten Anteile weiter, so realisiert er mangels Anschaffung dieser Anteile kein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 22 Nr. 3 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 22 Nr. 3, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger, zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, hatten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr Spekulationsverluste aus dem An- und Verkauf von verschiedenen Wertpapieren in Höhe von insgesamt 5.784,24 DM (Differenz zwischen An- und Verkauf ./. 3.599,58 DM zuzüglich Werbungskosten 2.184,66 DM) erklärt. (Wegen der Zusammensetzung im einzelnen wird auf Bl. 16 ESt-Akten 2000 verwiesen.) Bereits im Vorjahr 1999 hatten sie 3OO Stück 3com-Aktien (3com corp. Shares O. N.) gekauft. Im August 2000 wurden ihnen 444,963 Stck. Palm-Aktien (Palm Inc. Shares DL-,001) gutgeschrieben (Bl. 13 und 42 ESt-Akten 2000).
Dem lag folgender Vorgang zugrunde: Die 3com hielt ab 1997 100 %, später zwischen 94 und 95 % der Anteile an Palm, die seit Herbst 1999 börsennotiert ist. Im Mai 2000 hatte 3com bekannt gegeben, sich von ihren Anteilen an Palm trennen zu wollen, um sich auf ihr Kerngeschäft Netzwerkprodukte konzentrieren zu können. Im Juli 2000 teilte 3com ihren Anteilseignern die Anteile an Palm in dem Verhältnis 1 (3com-Aktie) zu rund 1,48 (Palm-Aktie) zu, ohne dass die Anteilseigner hierfür eine gesonderte Leistung zu erbringen hatten.
In dem Einkommensteuerbescheid für 2000 vom 11. Dezember 2001 (Bl. 18 ff ESt-Akten 2000) setzte das Finanzamt die Verluste aus Spekulationsgeschäften erklärungsgemäß und darüber hinaus - gestützt auf das BMF-Schreiben vom 21. Juli 2000, IV C 3-S 2256-176/00, FR 2000, 1098 - wegen der Aktienzuteilung Einkünfte aus Kapitalvermögen der Kläger in Höhe von je 18.544,- DM (444,963 Stck. Palm x 83,35 DM = Aktienkurs der Palm per 31. Juli 2000) an, da die Übertragung von Sachwerten durch eine Kapitalgesellschaft, die keine Rückzahlung geleisteter Einlagen darstelle, als steuerpflichtige Gewinnausschüttung in Form einer Sachdividende anzusehen sei.
Mit hiergegen fristgerecht eingelegtem Einspruch wendeten die Kläger ein, am Wert ihres Vermögens habe sich vor und nach der Zuteilung der Palm- Aktien nichts geändert. Vor der Abtrennung habe die 3com-Aktie einen Börsenwert von 67,87 US-$ (26. Juli 2000) bzw. von 64,56 US-$ (27. Juli 2000) gehabt. Die Palm habe am 27. Juli 2000 zu 35,56 US-$ notiert. Am Tag nach der Abtrennung sei eine 3com-Aktie mit 12,93 US-$ und eine Palm-Aktie mit 37,25 US-$ notiert gewesen. Berücksichtige man das Umtauschverhältnis von 1,4 Palm-Aktien für eine 3com-Aktie, so sei nachgewiesen, dass lediglich der bisherige Aktienwert beibehalten worden und keine Bereicherung eingetreten sei. Der Vorgang sei nicht mit der Ausschüttung einer Dividende zu vergleichen, da die Kläger lediglich für den Wertverlust der 3com-Aktie, den sie nicht hätten beeinflussen können, mit Palm-Aktien entschädigt worden seien. Darin liege jedoch keine Verzinsung des Aktienkapitals, sondern ausschließlich die Entschädigung für die Auskehrung von Reinvermögen im Unternehmen der 3com. Dabei handele es sich zwar nicht um eine Kapitalrückzahlung oder um die Gewährung von Freianteilen im Sinne des deutschen Gesellschaftsrechtes, jedoch um eine vergleichbare Transaktion im US-rechtlichen Sinne. So habe auch die US-Steuerbehörde den Vorgang bei den Anlegern nicht als steuerpflichtige Dividende behandelt.
Außerdem sei der Wert der Palm-Aktien vom Finanzamt falsch ermittelt worden.
Aus einer von den Klägern im Laufe des Einspruchsverfahrens vorgelegten "Jahresdepotabstimmung" der ...bank A per 31.12.2000 und einer Abrechnung vom 25.09.2000 (Bl. 52 und 61 ESt-Akten 2000) erhielt das Finanzamt davon Kenntnis, dass die Kläger am 22. September 2000 244 Stck. Palm-Aktien zu einem Kurswert von 12.200,- US-$ verkauft hatten. Es teilte den Klägern daraufhin mit, dass es unter Berücksichtigung von Spesen und Provisionen einen Veräußerungserlös von 20.337,40 DM anzusetzen beabsichtige. (Wegen der hierzu angestellten Berechnungen wird auf Bl. 64 ESt-Akten 2000 Bezug genommen.)
Nachdem zwischen den Beteiligten über den Kurswert der Palm-Aktie und den Umrechnungskurs Einigung erzielt worden war, wurde dem Einspruch insoweit abgeholfen, als das Finanzamt von Einnahmen aus der Zuteilung der Palm-Aktien in Höhe von nunmehr jeweils 16.601,- DM und von einem Spekulationsgewinn in Höhe von je 1.319,- DM, der nach Verrechnung mit Verlustvor...