Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft kein ständiger Vertreter
Leitsatz (amtlich)
Die Tätigkeit des Geschäftsführers einer luxemburgischen S.A. kann nicht als die eines ständigen Vertreters i.S. des § 13 AO angesehen werden, da der Geschäftsführer das notwendige und zugleich einzige Vertretungsorgan der Gesellschaft ist.
Normenkette
AO §§ 12-13; GewStG § 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin in den Streitjahren beschränkt körperschaftsteuerpflichtig und gewerbesteuerpflichtig war.
Die Klägerin ist eine luxemburgische Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer S.A. Sie wurde am 5. Dezember 2000 unter dem Firmennamen E Luxemburg AG gegründet. Mit Vertrag vom 24. April 2006 erfolgte eine Umfirmierung in M S.A. Seit 11. Januar 2001 hielt Herr M 99 % der Geschäftsanteile an der Klägerin; seine (damalige) Ehefrau B war zu 1 % beteiligt. Laut Handels- und Gesellschaftsregister Luxemburg war der Sitz der Klägerin zunächst in Rue xxx, A. Seit September 2002 mietete die Klägerin Räume in der Rue yyy, B (Luxemburg) an. Gegenstand des Unternehmens war der Handel mit Dentalgold sowie das Betreiben eines zahntechnischen Labors. Die Geschäfte führte im Streitzeitraum Herr M. Daneben beschäftigte die Klägerin einen Angestellten, Herrn A, und unterhielt Handelsvertreterbeziehungen u.a. zu Herrn C. Zum 2. Oktober 2007 traten die Eheleute M/B ihre Geschäftsanteile zu gleichen Teilen an die Herren A, Ka. und Kr. ab. Seit dem 30. Mai 2008 ist Herr A alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin. Am 21. Juni 2013 liquidierte er die Firma; am 24. Juni 2013 erfolgte die Löschung im luxemburgischen Handelsregister.
Die (damalige) Ehefrau des Herrn M, Frau B, war Eigentümerin eines im ca. 4 km von B entfernten L, G-Straße (Deutschland) belegenen Wohnhauses.
In dem Zeitraum vom 21. Januar 2008 bis zum 8. März 2013 (mit Unterbrechungen) fand sowohl bei Herrn M als auch bei der Klägerin eine Steuerfahndungsprüfung für die Streitjahre statt (Steuerfahndungsberichte vom 11. März 2013). Die Steuerfahndung und ihr folgend der Beklagte gelangten zu der Auffassung, dass die Klägerin im gesamten Prüfungszeitraum durch Herrn M als Gesellschafter-Geschäftsführer in dessen Wohnhaus in L eine Betriebsstätte unterhalten habe und zwar in der Form einer festen Geschäftseinrichtung wie auch zugleich in der Form einer Vertreterbetriebsstätte (Tz. 2.3 des Berichtes). Der inländische Betriebsstättenanteil wurde mit 50 % der Gewinne laut luxemburgischer Steuerbilanz angesetzt. Hinzu gerechnet wurden nichtabziehbare Betriebsausgaben i.S.d. § 160 Abgabenordnung - AO -, verdeckte Gewinnausschüttungen und die gezahlte Körperschaftsteuer (vgl. Tz. 2.1 des Berichtes).
Den Feststellungen der Steuerfahndung folgend erließ der Beklagte erstmalig unter dem 6. Mai 2013 Bescheide über Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag für 2001 bis 2007 (Bl. 90 - 110 Einspruchsakte).
Den hiergegen gerichteten Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23. April 2014 als unbegründet zurück (Bl. 83 - 88 Einspruchsakte). Am Wohnsitz des Geschäftsleiters der Klägerin in L bestehe eine inländische Betriebsstätte i.S.d. § 12 AO. Die Klägerin sei sowohl beschränkt körperschaftsteuerpflichtig als auch gewerbesteuerpflichtig. Zugunsten der Klägerin sei davon ausgegangen worden, dass sich die Geschäftsleitung in Luxemburg am Firmensitz befinde. Am Wohnsitz des Geschäftsleiters M seien folgende Tätigkeiten für die Klägerin ausgeübt worden: Der Kundenstamm der Klägerin für den Scheidguthandel bestehe aus nahezu ausschließlich inländischen Dentallaboren und Zahnärzten. Das Zahngold werde üblicherweise bei diesen Kunden aufgekauft. Herr M habe diese Handelsvertretertätigkeit für die Klägerin durchgeführt. Er habe im Außendienst die Lieferanten besucht und habe das Scheidgut bei den Scheideanstalten abgeliefert. Das bezogene Dentalgold sei auch an die Adresse in L geliefert worden. Dies werde durch Zeugenaussagen der Nachbarschaft, die die Päckchen entgegen genommen habe, bewiesen. Die Firma W (Scheideanstalt) habe beispielsweise das Scheidgut unter dieser Adresse abholen lassen. Der gesamte Warenverkehr sei über das inländische Konto Nr. 25001819 bei der Sparkasse … abgewickelt worden. Hierüber seien auch in den Jahren 2004 – 2007 600 Barabhebungen in einem Umfang von 1,3 Mio. EUR durch den Gesellschafter und Geschäftsleiter der Klägerin, Herrn M, erfolgt. Alle telefonisch geschlossenen Geschäftsanbindungen seien durch Mobilfunk und Festnetz in Deutschland erfolgt. An dem Firmensitz in Luxemburg habe sich Herr M als deren Geschäftsleiter und Gesellschafter nur gelegentlich (2-3 mal die Woche für ca. 4 Stunden) aufgehalten, über ein eigenes Büro vor Ort habe er nicht verfügt. Aus all diesen Beweisen ergebe sich eindeutig, dass in L eine inländische Betriebsstätte in Gestalt einer festen Geschäftseinrichtung bestanden habe.
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