Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Ausführungen zum steuerrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers und zur Gewinnauswirkung von Einzahlungen in eine Rückdeckversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Der steuerrechtliche Arbeitnehmerbegriff ist eigenständiger Natur und steht mit der sozialrechtlichen Einordnung nicht zwangsläufig in Einklang.
2. Einzahlungen in eine Rückdeckversicherung wirken sich bei einem Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelt, bereits im Zeitpunkt der Zahlung und nicht erst mit Beginn der Rentenzahlung aus.
3. Aufwendungen für Verpflegungen von Seminarteilnehmern unterliegen dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG, auch wenn sie im Seminarpreis inbegriffen sind.
Normenkette
EStG §§ 19, 15, 4 Abs. 3, 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist im Wesentlichen, ob die Klägerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb erzielt sowie verschiedene Betriebsausgaben der Kläger, insbesondere im Zusammenhang mit Prämienzahlungen in eine Rückdeckversicherung.
Die Kläger werden antragsgemäß zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt als Zahnarzt Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Die Klägerin ist gelernte Arzthelferin. Sie erklärte für die Streitjahre Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit für ihre Tätigkeit in der Zahnarztpraxis des Klägers. Daneben betreibt sie ein Institut für biophysikalische Informationstherapien, für das sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt. Neben dem Handel mit Medizinartikeln bietet sie über dieses Unternehmen Fortbildungen für Zahnärzte und deren medizinische Fachangestellten an.
Die Klägerin ist seit 1. Juli 1995 in der Praxis ihres Ehemannes tätig. Ausweislich des für die Streitjahre geltenden Arbeitsvertrages ist die Klägerin als Arzthelferin und Praxisorganisatorin tätig (Bl. 46 d. Bp.-Handakte Band I). Sie ist danach verantwortlich für den gesamten Verwaltungsbereich. Das Aufgabengebiet obliegt nach dem Arbeitsvertrag in ihrem alleinigen Verantwortungsbereich und es obliegt ihrer Beurteilung, über welche Vorgänge und zu welchem Zeitpunkt sie den Arbeitgeber über besondere Vorkommnisse informiert. Ausweislich der für die Streitjahre vorgelegten Gehaltsabrechnungen werden der Klägerin im Jahr 2007 ein Gehalt von 3.635,00 Euro brutto und im Jahr 2008 in Höhe von 4.000,00 Euro gezahlt (Bl. 182 ff. d. PrA.). Der Vertrag enthält folgende Regelungen:
" § 4 Arbeitszeit/Notfalldienst
1. Die Arbeitszeit richtet sich nach den Erfordernissen der Praxis und soll eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden betragen.
2. Die Mitarbeiterin entscheidet selbst über die Einteilung ihrer Arbeitszeit entsprechend den betrieblichen Bedürfnissen.
(…)
§ 6 Vergütung
1. Die Mitarbeiterin erhält für ihre vertragliche Tätigkeit ein monatliches Bruttogehalt von 3.000 DM und eine Provision in Höhe von 4.000 DM. Diese Provision wird der wirtschaftlichen Situation der Praxis angepasst. Damit sind alle Ansprüche aus dem Dienstverhältnis abgegolten.
2. (…)
§ 7 Urlaub
Die Mitarbeiterin hat Anspruch auf Erholungsurlaub. Sie ist frei in der Entscheidung darüber, in welchem Umfang und wann sie den Urlaub nimmt unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange und bei vorheriger Information des Arbeitgebers.
(…)".
Auf Anregung ihrer Steuerberaterin führte die Klägerin im Jahr 2006 ein Statutsfeststellungsverfahren bei der ... Ersatzkasse durch (Bl. 46 d. Bp.-Handakte, Band II). Die ... Ersatzkasse kam zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit der Klägerin in der Zahnarztpraxis ihres Ehemannes nicht als abhängiges, sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu werten ist und befreite die Klägerin rückwirkend zum 1. Januar 1997 von der Sozialversicherungspflicht (Bl. 41 d. Bp.-Handakte, Band II). Die ... Ersatzkasse führte zur Begründung u.a. aus, die freie Arbeitseinteilung, die fehlende Weisungsgebundenheit, die übertarifliche Bezahlung und diverse Darlehen der Klägerin für die Praxis sprächen gegen eine abhängige Beschäftigung (Bl. 41 d. Bp.-Handakte, Band II). Zudem sei die Klägerin Vermieterin der Praxisräume an ihren Mann.
Infolgedessen erstattete die Deutsche Rentenversicherung die bereits erhobenen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung von jeweils 42.278,14 Euro an die Klägerin zurück (Bl. 40 d. Bp.-Handakte, Band II).
Im Jahr 2009 führte der Beklagte sowohl bei der Klägerin als auch beim Kläger für den Veranlagungszeitraum eine Betriebsprüfung durch. Die Ergebnisse sind in den jeweiligen Prüfungsberichten, jeweils vom 9. November 2009 festgehalten. Der Prüfer erkannte im Wesentlichen neben diversen Betriebsausgaben das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Klägerin nicht an. Im Einzelnen betrafen seine Einwendungen folgende Aspekte:
Streitjahr 2007/Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit des Klägers
Tz. 1.2. Privater Nutzungsanteil des betrieblichen Pkws
Der Prüfer setzte einen privaten Nutzungsanteil...