Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine erhöhte Absetzungen nach § 82g EStDV bzw. § 7h EStG bei Abriss und Neubau eines Gebäudes; Verbindlichkeit einer Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde bei Sanierungsmaßnahmen
Leitsatz (redaktionell)
- Von der zuständigen Gemeindebehörde bescheinigte Maßnahmen im Sinne von §§ 177, 179 BauGB, die durch den Abriss und den Neubau eines Gebäudes entstanden sind, sind nicht nach §§ 82g EStDV bzw. 7h EStG begünstigt.
- Die Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde ist nur dann für die Anwendung der §§ 82g EStDV, 7h EStG bindend, wenn sich die Baumaßnahmen auf die Modernisierung und Instandsetzung oder auf die Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechte Verwendung eines Gebäudes erstrecken, das erhalten werden soll. Baumaßnahmen, die auf den vollständigen Abriss eines Gebäudes und die Errichtung eines neuen Gebäudes gerichtet sind, können nicht Gegenstand einer Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde im Sinne des § 177 BauGB oder des § 43 Abs. 3 Satz 2 StBauFG sein.
Normenkette
EStG § 79 Abs. 1; EStDV § 82g; AO § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Nr. 1; BauGB §§ 177, 179
Nachgehend
Tatbestand
Die zur Einkommensteuer zusammenveranlagten Kläger bezogen in den Streitjahren Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Der Kläger war als Textileinzelhandelskaufmann gewerblich tätig und unterlag mit diesem gewerblichen Unternehmen der Gewerbesteuer. Die Klägerin war in dem Betrieb des Klägers als Angestellte nichtselbständig tätig.
Der Kläger war an der zwischenzeitlich aufgelösten Bauherrengemeinschaft B beteiligt, deren alleiniger Unternehmenszweck die Errichtung und Fertigstellung der Gebäude in der B mit Ladeneinheiten zu eigengewerblichen Zwecken im Jahre 1988 war. Auf Grund notariellen Kaufvertrages vom 28. Mai 1986 erwarb der Kläger von der Bauherrengemeinschaft B eine Ladeneinheit zu alleinigem Eigentum. In den Räumen dieser Ladeneinheit betreibt der Kläger ein Textilwareneinzelhandelsgeschäft. Für das in den jeweiligen Bilanzen als notwendiges Betriebsvermögen aktivierte Geschäftsgrundstück beantragte der Kläger die erhöhten Absetzungen (AfA) für Gebäude in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen nach § 82g der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) bzw. ab 1991 nach § 7h des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von jährlich 10 v. H. und behandelte die jährlichen AfA-Beträge als Betriebsausgaben.
Im Kalenderjahr 1990 fand für die Bauherrengemeinschaft eine Betriebsprüfung statt, nach deren Auffassung die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erhöhten AfA nach § 82g EStDV nicht vorlagen (Tnr. 24 des Prüfungsberichts vom 11. September 1990). Der Beklagte erließ darauf für 1986 und 1987 geänderte Bescheide und für 1988 einen erstmaligen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der Bauherrengemeinschaft, die nach einem am 23. November 1995 verkündeten Urteil des erkennenden Gerichts (6 K 1691/95) bestandskräftig sind.
Am 1. Februar 1996 erließ der Beklagte geänderte Einkommen- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide für die Jahre 1990 bis 1993, in denen er statt der geltend gemachten erhöhten AfA nach § 82g EStDV bzw. § 7h EStG AfA nach § 7 Abs. 5 EStG gewährte. Die Einsprüche dagegen sind erfolglos geblieben (Einspruchsentscheidungen vom 6. März 1996).
Mit der Klage beantragen die Kläger,
die geänderten Einkommensteuerbescheide 1990 bis 1993 vom 1. Februar 1996 und die Einspruchsentscheidung vom 6. März 1996 sowie
die geänderten Gewerbesteuermessbetragsbescheide 1990 bis 1993 vom 1. Februar 1996 und die Einspruchsentscheidung vom 6. März 1996 aufzuheben.
Die Kläger tragen vor, der Beklagte sehe die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Bauherrengemeinschaft für 1986 bis 1988 zu Unrecht als Grundlagenbescheide für die mit der vorliegenden Klage angefochtenen Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide an, da die Streitjahre von den Feststellungsbescheiden nicht erfasst würden. Er verweigere die erhöhte AfA in der irrigen Auffassung, an die Bescheinigung der Verbandsgemeindeverwaltung B vom 10. Februar 1989 nicht gebunden zu sein. Diese Bescheinigung, nach der es sich bei den Bauarbeiten an der Ladeneinheit des Klägers um steuerlich begünstigte Sanierungsmaßnahmen im Sinne des Städtebauförderungsgesetzes gehandelt habe, stelle einen Grundlagenbescheid nach § 175 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) dar, hinsichtlich dessen Inhalt dem Beklagten und auch dem Bundesministerium der Finanzen keine Prüfungskompetenz zustehe. Dass der Bescheinigungsinhalt möglicherweise unzutreffend sei, sei für den Streitfall nicht relevant. Alle Beteiligten seien davon ausgegangen, dass es sich um eine begünstigte Baumaßnahme handele, weil die besondere städtebauliche Bedeutung der Häuserzeile durch die Sanierungsmaßnahme erhalten bleibe. Ohne die deshalb erwarteten steuerlichen Begünstigungen wär...