Entscheidungsstichwort (Thema)
Segmentierung bei der Prüfung der Überdotierung einer Unterstützungskasse
Leitsatz (amtlich)
Für die Prüfung, ob eine Unterstützungskasse mit mehreren Trägerunternehmen überdotiert ist, ist ausschließlich auf das gesamte Vermögen der Kasse abzustellen. Eine steuerunschädliche Rückzahlung von Kassenvermögen an ein Trägerunternehmen ist deshalb nur möglich, wenn die Kasse insgesamt überdotiert ist. Es ist keine Segmentierung in der Weise vorzunehmen, dass die Überdotierung jeweils bezogen auf das Trägerunternehmen ermittelt wird, so dass eine steuerunschädliche Rückzahlung an das Trägerunternehmen, für das eine Überdotierung vorliegt nicht möglich ist, wenn andere Trägerunternehmen unterdotiert sind und dadurch insgesamt eine Überdotierung nicht vorliegt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 4d; BetrAVG § 17; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 3, § 6 Abs. 6
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Leistungen an eine Unterstützungskasse Betriebsausgaben sind.
Der Kläger ist selbstständiger Versicherungsvertreter, insbesondere als Rentenberater tätig. Er ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG.
Am 18.12.1995 schloss der Kläger als "Trägerunternehmen" mit der G Gruppenunterstützungseinrichtung e.V. einen Vertrag gemäß § 4d EStG ab (Bl. 92 Prüfer-Handakte). Er verbuchte eine Zahlung in Höhe von 38.745 DM an die G, die er im Jahr 1995 in voller Höhe als "Aufwendungen für Unterstützungskasse" als Betriebsausgabe behandelte. Ein tatsächlicher Geldfluss fand nicht statt; der Kläger nahm zur Finanzierung bei der G ein Darlehen in Höhe des Einzahlungsbetrages auf (Bl. 93 - 95 Prüfer-HA). Die G stellte die Höhe des Darlehens zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen jährlich fest. Die Zinsen wurden jeweils als Betriebsausgaben abgezogen.
Als begünstigte Arbeitnehmer wurden drei Personen benannt. Tatsächlich wurden diese Personen als freie Mitarbeiter beschäftigt. Herr J. S. (geb. am 10.07.1959) war vom 01.10.1995 bis Ende 1996 für den Kläger tätig. Frau H. P. (geb. am 16.11.1965) war im Jahr 1994 für den Kläger tätig; nachgewiesen sind Provisionen an Frau P. im Januar 1994 in Höhe von 60 DM und im April 1994 in Höhe von 240 DM. Frau B. M. (geb. am 02.05.1957) war von Mai 1995 bis Mai 1996 für den Kläger tätig; die Höhe der an sie ausgezahlten Provisionen ist nicht bekannt. Insgesamt wurden lt. Gewinn- und Verlustrechnung im Jahr 1995 an freie Mitarbeiter Provisionen in Höhe von 6.025 DM ausgezahlt.
In der Bilanz zum 31.12.2001 war unter der Position Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten auf Konto Nr. 3151 auch ein Darlehen G in Höhe von 43.738,72 DM passiviert (22.286, 26 €).
In der Bilanz zum 31.12.2002 wurde das Darlehen G mit 28.392,00 € passiviert.
In der Bilanz zum 31.12.2003 wurde es in Höhe von 30.663,00 € passiviert.
Die dem Darlehen jeweils hinzu gerechneten Zinsen wurden als Betriebsausgaben abgezogen.
Die Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre 2001 bis 2003 wurden unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durchgeführt. Im Jahr 2006 fand für die Streitjahre eine Betriebsprüfung statt. Die Prüfungsergebnisse sind im Prüfungsbericht vom 19.06.2006 dargestellt.
Die Prüferin gelangte zu dem Ergebnis, dass keine Lohnzahlungen geleistet worden seien und der Vertrag mit der G deshalb in voller Höhe überdotiert sei. Mangels Beschäftigung von Arbeitnehmern bestünden keine unverfallbaren Ansprüche auf Auszahlung einer Altersversorgung gegenüber dem Kläger. Nach § 8 des Darlehensvertrages stehe dem Kläger ein Rückforderungsanspruch zu. Die Prüferin stellte deshalb in Höhe der Verbindlichkeit eine Forderung gegenüber der G aus überdotiertem Vermögen ein (Tz. 1.8 des Prüfungsberichts):
Forderungen aus überdotiertem Vermögen bei der G
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2001 |
2002 |
2003 |
Lt. Bp |
43.783,72 DM |
28.392,00 € |
30.663,00 € |
Zugleich erkannte sie die geltend gemachten Schuldzinsen für das Darlehen nicht als Betriebsausgaben an (Tz. 1.9 des Prüfungsberichts).
Zinszahlungen Darlehen G
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2001 |
2002 |
2003 |
Weniger lt. Bp |
1.893,28 DM |
6.486,75 € |
2.743,00 € |
Am 27.07.2006 ergingen entsprechend den Prüfungsfeststellungen geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre.
Die dagegen gerichteten Einsprüche begründete der Kläger mit dem Verweis auf § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG. Danach würden die Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung entsprechend für Personen gelten, die nicht Arbeitnehmer sind, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden seien. Es sei daher nicht schädlich, dass die drei Personen, denen die betriebliche Altersversorgung zugesagt worden sei, keine Arbeitnehmer, sondern freie Mitarbeiter gewesen seien.
Im Falle einer temporären Überdotierung besehe darüber hinaus bei jeder Unterstützungskasse die Möglichkeit, diese Beiträge auf zukünftige Arbeitnehmer zu übertragen. Ein Rückforderungsanspruch sei daher erst da...