Prof. Dr. Martin Tschandl, Prof. Dr. Paul Hofmann
Dem Mangel an objektiver Berücksichtigung externer Marktfaktoren in der Planung kann durch Berücksichtigung jener makroökonomischen Trends entgegengewirkt werden, die empirisch nachweisbar maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensergebnisse haben. Als makroökonomische Trends wird hier die Summe aller (volks-)wirtschaftlichen Faktoren definiert, die das Unternehmensumfeld, das Marktpotenzial und in weiterer Folge die Unternehmensumsätze prägen. Ein Beispiel aus der Unternehmenspraxis ist das Economic Trend Outlook Model (Makroökonomisches Trend- und Umsatzprognosemodell), das den makroökonomischen Einfluss der Wirtschaftsentwicklung unternehmensspezifisch in fünf Schritten erfassbar macht (siehe Abb. 5).
In Stufe 1 wird die monatliche Umsatzveränderungsrate über mindestens einen Konjunkturzyklus – im Beispiel Hoerbiger USA sind sieben Jahre die durchschnittliche Dauer eines gesamten Konjunkturzyklusses – geglättet und aggregiert berechnet. Ähnlich einem gleitenden Durchschnitt soll die Jahresänderungsrate die monatlichen und kurzfristigen Volatilitäten bzw. Umsatzschwankungen eliminieren und den zugrunde liegenden mittel- und langfristigen Umsatztrend, respektive den firmenspezifischen Konjunkturzyklusverlauf identifizieren und darstellen.
In Stufe 2 erfolgt die Auswahl relevanter Wirtschafts- bzw. Frühindikatoren über Korrelations- und Regressionsanalysen mit standardisierten und unternehmensspezifischen (Region, Branche, etc.) Indikatorensets und der errechneten Umsatzveränderungsrate. Es werden meist zwischen 800 und 1.000 (potenziellen) Vorlaufindikatoren untersucht, wobei weltweit geschätzt über eine Million unterschiedlicher Konjunkturindikatoren und Zeitreihen in verschiedensten, meist kostenpflichtigen Datenbanken abrufbar sind. Typische Frühindikatoren sind beispielsweise Auftragseingänge, Produktionsindizes und Kapazitätsauslastungen (z. B. gesamte industrielle Produktion, Personenfahrzeuge Produktion), Verkaufszahlen und Umsätze (z. B. Einzelhandelsumsätze), Geschäftsklimaindex (z. B. ifo-Geschäftsklimaindex, CEO Confidence Index, Einkaufsmanagerindex), Konsumklimaindex (z. B. US-Verbrauchervertrauen, Konsumklimaindex für Deutschland). Erfahrungswerte zeigen, dass je Unternehmen zwischen 15 und 50 Konjunkturindikatoren mit hoher Korrelation (r2 > 0.8) identifiziert werden können.
Abb. 5: Vorgehen im Economic Trend Outlook Model (makroökonomisches Umsatzprognosemodell)
In Stufe 3 wird der optimale Vorlauf (Versatz auf einer Zeitachse) für die vorlaufenden Konjunkturindikatoren mathematisch berechnet. Die Indikatorvariable wird auf der Abszisse um eine bestimmte Anzahl von Datenpunkten nach rechts und links verschoben, um somit das maximale Bestimmtheitsmaß r2 ermitteln zu können.
Die identifizierten Konjunkturindikatoren ermöglichen in Stufe 4 anhand ihrer ermittelten unternehmensspezifischen Vorlaufzeiten sowie Skalierungsverhältnissen eine Prognose der zu erwartenden Unternehmensumsätze, basierend auf relevanten Markteckdaten. Die Prognosereichweite hängt von der Vorlaufzeit der Konjunkturindikatoren ab. Um einen Ausblick zu erhalten, der über die Vorlaufzeit der Frühindikatoren hinausgeht, können rollierende 36-Monate-Prognosen erstellt werden.
Dadurch wird der Planungshorizont von der eigentlichen Vorlaufzeit des Indikators, die typischerweise zwischen fünf und 15 Monaten beträgt, auf drei Jahre erhöht. Diese 3-Jahresprognosen für Wirtschafts- und Konjunkturindikatoren können von externen Institutionen bezogen werden. Die 3-Jahresprognose von Konjunkturindikatoren wird über den Zusammenhang bzw. die Wechselwirkung zu sogenannten Super-Vorlaufindikatoren möglich. Ein Beispiel dafür sind Unternehmensanleihen mit einer sehr langen Vorlaufzeit gegenüber der wirtschaftlichen Entwicklung und deren Konjunkturindikatoren. Basierend auf den 36-Monate-Prognosen der relevanten firmenspezifischen Frühindikatoren wird eine 36-Monate-Umsatzprognose erstellt (siehe Abbildung 6). Mittels 6-monatiger Rollierung der 36-Monate-Prognosen wird die Prognosequalität durch Berücksichtigung jüngster ökonomischer Entwicklungen erhöht.
Abb. 6: Makroökonomischer Forecast – Umsatz(-veränderung) vs. korrelierenden Indikator Total Industrial Production USA (links) mit fünf Monaten Vorlaufzeit/Prognose und 36 Monaten Forecast
Die letzte Stufe des Makroökonomisches Trend- und Umsatzprognosemodels trägt entscheidend zur Funktionalität und Akzeptanz des Modells bei. Hier geht es um eine professionelle Dokumentation und Überwachung der Prognosegenauigkeit des Ansatzes und der in den vorherigen Stufen gewonnenen Informationen.