Rz. 207
Eine verdeckte Einlage stellt, wie auch eine offene Einlage, keine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung des einlegenden Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft dar. Die Zuwendung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Förderung des Gesellschaftszwecks und erfolgt auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage. Derartige Vorgänge zwischen Gesellschafter und Gesellschaft, gleich ob quotal oder disquotal, gleich ob Einlage oder verdeckte Gewinnausschüttung, sind grundsätzlich keine Schenkungen. Der Gesellschafter will mit der Einlage seine Gesellschafterstellung stärken, was zu nachträglichen Anschaffungskosten seiner Beteiligung und damit zu einer korrespondierenden Vermögensmehrung bei ihm führt. Dies schließt das Merkmal der "Freigebigkeit" aus. Die Einlage ist daher keine freigebige Zuwendung. An dieser Rechtslage hat sich auch nach der Einführung des § 7 Abs. 8 ErbStG nichts geändert. Diese Vorschrift behandelt nur schenkungsteuerliche Folgen im Verhältnis der Gesellschafter zueinander, nicht etwaige Folgen im Verhältnis des Gesellschafters zu der Kapitalgesellschaft. Da sich bei einer inkongruenten Einlage der Wert der Beteiligung der anderen Gesellschafter regelmäßig erhöht, greift im Verhältnis der Gesellschafter untereinander i. d. R. der Besteuerungstatbestand des § 7 Abs. 8 ErbStG ein (Rz. 208). Ein nach § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG schenkungsteuerpflichtiger Vorgang kann auch vorliegen, wenn ein Gesellschafter seine Anteile gegen eine zu geringe Vergütung an die Kapitalgesellschaft veräußert. Der Tatbestand des § 7 Abs. 7 ErbStG liegt nicht vor, da dieser Tatbestand nur das Ausscheiden aus einer Kapitalgesellschaft erfasst, nicht die rechtsgeschäftliche Veräußerung der Anteile. Jedoch kann dieser Sachverhalt unter § 7 Abs. 8 ErbStG fallen (Rz. 208ff.).
Rz. 207a
Nach Ansicht der Finanzverwaltung kann eine Einlage in eine Kapitalgesellschaft eine freigebige Zuwendung an einen anderen Gesellschafter sein, wenn und soweit in zeitlichem Zusammenhang mit einer Einlage eine offene oder verdeckte Ausschüttung an den anderen Gesellschafter erfolgt.
Soweit danach ein zeitlicher Zusammenhang (den die Finanzverwaltung nicht definiert) allein ausreichen soll, eine freigebige Zuwendung an den anderen Gesellschafter anzunehmen, ist dem m. E. nicht zu folgen. Es muss ein sachlicher Zusammenhang hinzutreten, wobei aber Nämlichkeit des Gegenstands der Einlage und der Auskehrung an den anderen Gesellschafter nicht zu fordern ist. Die Vermögensmehrung, die die Kapitalgesellschaft durch die Einlage erhält, muss von dieser aber bestimmungsgemäß dazu verwendet werden, die Auskehrung unmittelbar oder mittelbar zu finanzieren. Nur dann ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Einlage erfolgte, um den anderen Gesellschafter zu bereichern.
Rz. 207b
Dagegen kann eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vorliegen, wenn der Gesellschafter durch die Zuwendung an die Gesellschaft aus dieser ausscheidet, etwa indem er die Anteile an der Gesellschaft unentgeltlich oder zu einem zu niedrigen Kaufpreis auf diese überträgt. Da die verdeckte Einlage in diesem Fall ihm nicht mehr zugutekommt, fördert er nicht einen eigenen, sondern einen fremden Gesellschaftszweck. Darin kann eine freigebige Zuwendung liegen. Ob es jedoch zu einer Schenkungsteuerpflicht kommt, hängt davon ab, ob in der Übertragung der Anteile, die zu eigenen Anteilen führen, eine verdeckte Einlage i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 2 EStG liegt. Ist das der Fall, führt die verdeckte Einlage bei dem Einlegenden zu einer fiktiven Veräußerung, die nach § 17 Abs. 2 S. 2 EStG unter Aufdeckung aller stillen Reserven besteuert wird. Eine fiktive Veräußerung zum gemeinen Wert kann aber keine freigebige Zuwendung sein; eine verdeckte Einlage i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 2 EStG schließt daher eine Schenkungsteuerpflicht aus. Bis zur Änderung der Behandlung eigener Anteile durch das BilMOG galt dies uneingeschränkt. Nachdem der Erwerb eigener Anteile als Kapitalmaßnahme, nicht mehr als Erwerb eingestuft wird, stellt sich die Frage, ob die Übertragung von Anteilen, die bei der Kapitalgesellschaft eigene Anteile werden, noch eine verdeckte Einlage sein kann. Die Anteile sind bei der Kapitalgesellschaft nicht mehr bilanzierbar. Die Finanzverwaltung und der BFH ordnen den Vorgang auf der Seite des Übertragenden trotzdem als Veräußerung ein, was die Besteuerung nach § 17 EStG auslösen und das Entstehen von Schenkungsteuer verhindert. Unmittelbar gilt das jedoch nur, soweit der Übertragende eine Gegenleistung erhält. Überträgt er die Anteile ohne Gegenleistung, oder soweit die Gegenleistung unter dem gemeinen Wert liegt, liegt trotz der nicht mehr gegebenen Bilanzierbarkeit nach § 17 Abs. 1 S. 2 EStG eine der Veräußerung gleichgestellte verdeckte Einlage vor. Denn obwohl die Anteile nicht mehr bilanzierbar sind, erfüllen sie gleichwohl den Wirtschaftsgutsbegriff. Denn es liegen hier Rechte vor, welche sich ein Erwerber etwas kosten lässt, die einer eigenständigen Bewertung...