Joachim Moritz, Dr. Joachim Strohm
Rz. 16
§ 32d Abs. 1 EStG regelt den proportionalen Sondertarif i. H. v. 25 % für die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG, der die Anwendung des progressiven Normaltarifs i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG i. H. v. bis zu 45 % ausschließt. Die Vorschrift enthält mehrere Sätze. § 32d Abs. 1 S. 1 EStG sieht vor, dass die ESt für die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG, die nicht unter § 20 Abs. 8 S. 1 EStG fallen, 25 % beträgt. § 32d Abs. 1 S. 2 EStG regelt die Anrechnung ausl. Quellensteuern bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG. In § 32d Abs. 1 S. 3 EStG finden sich Vorgaben für die Berücksichtigung der KiSt, falls der Stpfl. Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG erzielt. § 32d Abs. 1 S. 4 und 5 EStG enthält eine Formel zur Berechnung der auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG entfallenden Abgeltungsteuer. Keine Regelung findet sich in § 32d Abs. 1 EStG für den Solidaritätszuschlag, der auf Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG erhoben wird. Insofern gelten die allgemeinen Grundsätze des SolZG. Zu beachten ist, dass es sich bei § 32d Abs. 1 EStG zwar um eine Tarifvorschrift des Veranlagungsverfahrens handelt. Auch beim Steuerabzug vom Kapitalertrag findet nach § 43a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG aber ein proportionaler Steuertarif i. H. v. 25 % Anwendung, für den die Formel i. S. d. § 32d Abs. 1 S. 4 und 5 EStG nach § 43a Abs. 1 S. 3 EStG entsprechend gilt. Diese nimmt nicht nur auf den Sondertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 S. 1 EStG Bezug, sondern berücksichtigt auch die Anrechenbarkeit ausl. Quellensteuern nach § 32d Abs. 1 S. 2 EStG und die pauschale Steuerermäßigung im Fall der KiSt nach § 32d Abs. 1 S. 3 EStG. Der auf diese Weise hergestellte Gleichlauf von Veranlagungs- und Steuerabzugsverfahren ermöglicht die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag nach § 43 Abs. 5 S. 1 EStG, da eine Veranlagung der Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG allein zur Anwendung des zutreffenden Steuertarifs und zur steuermindernden Berücksichtigung ausl. Quellensteuern und der KiSt entbehrlich ist.
Rz. 17
2.1 Proportionaler Sondertarif
2.1.1 Ausgestaltung des Sondertarifs
Rz. 18
§ 32d Abs. 1 S. 1 EStG bestimmt, dass die ESt für die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG, die nicht unter § 20 Abs. 8 S. 1 EStG fallen, 25 % beträgt. Der normale ESt-Tarif i. S. d. § 32a EStG i. H. v. bis zu 45 % findet keine Anwendung. Bei dem besonderen Steuertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 S. 1 EStG handelt es sich um eines der zentralen Merkmale der mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007 eingeführten Abgeltungsteuer für private Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne. Kennzeichnend für diesen besonderen Steuertarif ist der proportionale Tarifverlauf, der die persönlichen Verhältnisse des Stpfl. unberücksichtigt lässt. Hierdurch unterscheidet sich der besondere Steuertarif für die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG wesentlich von dem normalen ESt-Tarif i. S. d. § 32a EStG, der als progressiver Steuertarif konzipiert ist, wodurch sich bei steigendem Einkommen nicht nur die Bemessungsgrundlage, sondern auch der Steuersatz erhöht. Der besondere Steuertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 S. 1 EStG bildet nicht die abschließende steuerliche Belastung der Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG. Hinzu kommen noch Solidaritätszuschlag i. H. v. 5,5 % und ggf. KiSt i. H. v. 8 % oder 9 %, wobei sich die Abgeltungsteuer im Fall der KiSt-Pflicht nach § 32d Abs. 1 S. 3 EStG um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden KiSt ermäßigt. Sofern auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG ausl. Quellensteuern einbehalten wurden, sind auch diese nach § 32d Abs. 1 S. 2 EStG auf die Abgeltungsteuer anzurechnen. § 32d Abs. 1 S. 4 und 5 EStG enthält eine Formel zur Berechnung der Abgeltungsteuer, die die Anrechenbarkeit ausl. Quellensteuern und die pauschale Steuerermäßigung im Fall der KiSt-Pflicht bereits berücksichtigt.
Rz. 19
Die nach § 32d Abs. 1 S. 1 EStG ermittelte Abgeltungsteuer rechnet nicht zur tariflichen ESt. Dies folgt aus § 32d Abs. 3 EStG, wonach sich die "tarifliche ESt" bei einem fehlenden Steuerabzug um die Steuer nach § 32d Abs. 1 S. 1 EStG erhöht, sowie aus § 32d Abs. 6 EStG, nach dem die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG auf Antrag der "tariflichen ESt" unterworfen werden, wenn dies zu einer niedrigeren ESt führt. Die fehlende Qualifikation als tarifliche ESt hat zur Folge, dass die Steuerermäßigung für Zuwendungen an politische Parteien und an unabhängige Wählervereinigungen i. S. d. § 34g EStG, die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, Dienstleistungen und Handwerkerleistungen i. S. d. § 35a EStG, die Steuerermäßigung bei Belastung mit ErbSt i. S. d. § 35b EStG und die Steuerermäßigung für e...