Dr. Dino Höppner, Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 127
Der Darlehensvertrag (§ 488 BGB) ist ein zeitbezogener Vertrag, nach dem der Darlehensgeber das Kapital auf Zeit überlassen muss, und der Darlehensnehmer dafür die vereinbarte Vergütung zu zahlen hat. Zu der Vergütung gehören neben den Zinsen etwaige Kreditgebühren, Disagien und Umschuldungsgebühren. Gewinnrealisierung tritt ein, wenn der Darlehensgeber seine Leistung (Überlassung des Kapitals für eine bestimmte Zeit, evtl. für einen vertraglich bestimmten Teilzeitraum) erbracht und damit den unbedingten Anspruch auf die Gegenleistung erlangt hat. Zu diesem Zeitpunkt ist der Anspruch auf die Zinsen zu aktivieren, bei dem Darlehensnehmer dagegen zu passivieren. Daher können auch bis zum Bilanzstichtag angefallene Stückzinsen bei festverzinslichen Wertpapieren nicht aktiviert werden, wenn der vereinbarte Zinszahlungszeitraum noch nicht abgelaufen ist. Vor Ablauf dieses Teilzeitraums besteht kein (anteiliger) Zinsanspruch. Stückzinsen werden nur bei einer Veräußerung des Wertpapiers von dem Käufer vergütet. Hierbei handelt es sich aber um einen selbstständigen Vertrag.
Vorausgezahlte Entgeltanteile (Gebühren, Disagio) sind abzugrenzen (Rz. 242ff.; § 250 Abs. 3, § 340e Abs. 2 HGB).
Daneben können Kreditgeber keine Rückstellungen für künftige Verwaltungsarbeit bilden. Der Darlehensschuldner muss wegen der Verpflichtung, eine am Bilanzstichtag bestehende Darlehensverbindlichkeit in den Folgejahren höher zu verzinsen, grundsätzlich eine abzuzinsende Verbindlichkeit oder eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands passivieren.
Darlehensverträge zwischen nahestehenden Personen, z. B. innerhalb eines Konzerns, können in steuerlicher Hinsicht nur anerkannt werden, wenn sie wie vereinbart tatsächlich durchgeführt werden.
Betriebliche Verbindlichkeiten aus Darlehen zwischen Angehörigen, die grundsätzlich unverzinslich sein mögen, sind abzuzinsen, falls der Darlehensvertrag i. S. d. Fremdvergleichsgrundsatzes steuerrechtlich anzuerkennen ist.
Das Abzinsungsgebot für unverzinsliche Verbindlichkeiten mit 5,5 % nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG a. F. ist mit Wirkung zum Vz 2021 entfallen; damit gelten die handelsrechtlichen Vorschriften aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips. Nach dem HGB sind nur Rückstellungen (§ 253 Abs. 2 S. 1 HGB) und Rentenverpflichtungen (§ 253 Abs. 2 S. 1 und 3 HGB) abzuzinsen.
Rz. 128
Ein Sachdarlehen (§ 607 BGB) ist ein Darlehen, bei dem als Darlehensbetrag nicht eine Geldsumme, sondern Sachen übergeben werden (regelmäßig Umlaufvermögen, wie Waren). Die Sachen gehen dabei in das Eigentum des Entleihers über mit der Verpflichtung, Sachen gleicher Art, Güte und Menge zurückzugeben. Da die Gegenstände in das Eigentum des Entleihers übergehen, hat er sie zu aktivieren und regelmäßig nach den für Umlaufvermögen geltenden Vorschriften zu bewerten. Gleichzeitig hat er die Verpflichtung zur Rückgabe gleichartiger Sachen in einer Rückstellung zu erfassen. Dabei ist die Rückstellung mit dem jeweiligen Buchwert der übernommenen Sachen zu bewerten; es ergibt sich daher keine Gewinnauswirkung.
In der Folgezeit hat der Darlehensnehmer die Sachwertverpflichtung mit demjenigen Wert zu bewerten, der am Bilanzstichtag erforderlich ist, um Sachen gleicher Art, Menge und Güte zurückzugeben. Der Höhe nach entspricht die Verpflichtung also dem Ansatz der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Waren gleicher Art, Menge und Güte auf der Aktivseite.
Der Darlehensgeber hat die als Sachdarlehen übergebenen Sachen auszubuchen und durch eine Forderung aus dem Sachdarlehen zu ersetzen. Der Wert der Forderung entspricht dem Buchwert der als Darlehen gegebenen Sachen im Zeitpunkt der Hingabe des Sachdarlehens. Der Vorgang ist daher auf der Seite des Darlehensgebers bei der Hingabe des Sachwertdarlehens gewinnneutral. In den Folgejahren ist der Sachwertanspruch mit dem Wert anzusetzen, der dem Wert von Sachen gleicher Art, Menge und Güte zum Bilanzstichtag entspricht. Sachlich entspricht die Bewertung der Sachwertforderung bei dem Darlehensgeber der Rückstellung für die Rückgabe der Sachen bei dem Darlehensnehmer.
Rz. 129
Wertpapier-Leihgeschäfte sind Geschäfte, bei denen Wertpapiere als Sachdarlehen gegeben werden. Sie gehen in das Eigentum des Darlehensnehmers über, der berechtigt ist, die Früchte zu ziehen; er ist verpflichtet, nach Ablauf der Darlehensdauer Wertpapiere der gleichen Art, Güte und Menge (gleicher Nennbetrag, gleiche Laufzeit, gleiche Verzinsung; bei Aktien gleiche Gattung der Aktien, gleicher Emittent) zurückzugeben. Der Darlehensnehmer hat eine Vergütung für die Überlassung der Wertpapiere zu zahlen. Der Börsenkurs der Wertpapiere ist bei diesen Geschäften ohne Bedeutung, d. h., es erfolgt kein Ausgleich für steigende oder fallende Kurse, da Wertpapiere gleicher Art zurückgegeben werden. Vom Pensionsgeschäft unterscheidet sich die Wertpapierleihe dadurch, dass dem Pensionsgeschäft ein Kaufvertrag zugrunde liegt, der Wertpapierleihe dagegen ein Darlehensgeschäft (zum Pensionsgeschäft vgl. Rz. 133).