Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausübung des Bilanzierungswahlrechts nach § 24 Abs. 2 UmwStG bei Einbringung eines Betriebes
Leitsatz (redaktionell)
- Das bilanzielle Wahlrecht nach § 24 Abs. 2 UmwStG kann mangels ander-weitiger gesetzlicher Regelungen bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft des Steuerbescheides ausgeübt werden.
- Ein Fall der Korrektur eines bereits ausgeübten Wahlrechts liegt nicht vor, wenn die Voraussetzungen der Ausübung des bilanziellen Wahlrechts nicht ge-geben waren und die dafür notwendige formelle Einbringungsbilanz unter An-satz der Teilwerte nachgereicht wird.
Normenkette
UmwStG § 24 Abs. 2 Satz, Abs. 3 S. 2; EStG § 34 Abs. 1
Streitjahr(e)
1989
Tatbestand
Der Kläger ist Internist und bezieht Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Streitig ist, ob der Kläger im Rahmen der Einbringung seiner Einzelpraxis in die zum 01.04.1989 gegründete Gemeinschaftspraxis mit Dr. A für einen dabei erzielten Veräußerungsgewinn eine Tarifermäßigung nach den Vorschriften des Umwandlungsteuergesetzes (UmwStG) in Anspruch nehmen kann.
Nach § 2 Ziffer 1 des Praxisgründungsvertrages hatte der Kläger seine gesamte Einrichtung der Einzelpraxis zum Teilwert einschließlich des ideellen Praxiswertes in die Gemeinschaftspraxis einzubringen. Dafür zahlte Dr. A an den Kläger die in § 2 Ziffer 2 aufgeführten Beträge i.H.v. insgesamt 145.000,-- DM. Wegen der weiteren Einzelheiten des Leistungsumfangs wird auf den bei den Akten befindlichen Gesellschaftsvertrag Bezug genommen. Der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr fügte der Kläger bezogen auf den Einbringungsvorgang die folgenden Gewinnermittlungsunterlagen bei: eine Einnahmeüberschußrechnung für den laufenden Gewinn bis zum 31.03.1989, eine Erklärung, dass die Berechnung des Gewinns wegen der Einbringung nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) erstellt worden sei sowie eine Ermittlung des Veräußerungsgewinns als Darstellung der Differenz zwischen dem Veräußerungserlös der Praxis und den Restbuchwerten derselben. Mit Bescheid vom 05.06.1991, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, veranlagte das Finanzamt den Kläger entsprechend seiner Erklärung.
Anlässlich des Einbringungsvorgangs wurde sowohl die Praxis des Klägers als auch die neu gegründete Gesellschaft von dem Finanzamt -FA- im Rahmen einer Außenprüfung überprüft. Der Betriebsprüfer beanstandete u.a., dass der Kläger anlässlich der Veräußerung keine Aufgabebilanz erstellt habe und auch die notwendige Umstellung der Gewinnermittlung von § 4 Abs. 3 EStG auf § 4 Abs. 1 EStG nur unvollständig erfolgt sei. Darüber hinaus erfasste die Betriebsprüfung erstmals das Arbeitszimmer des Klägers und ermittelte entsprechende Buchwerte. Unter Hinweis auf diese Mängel sowie auf das Fehlen einer Einbringungsbilanz der Gemeinschaftspraxis vertrat der Prüfer die Auffassung, dass das bilanzielle Wahlrecht nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG nicht eindeutig ausgeübt worden sei und versagte dem Kläger die Tarifermäßigung nach § 24 Abs. 3 Satz 2 UmwStG i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Teilziffern 8, 12, 15, 16, 17 und 18 des Betriebsprüfungsberichts vom 15.10.1992 (Auftragsbuchnummer 005 020 30 019 290) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 29.10.1992 stellte der Kläger beim Finanzamt einen Antrag auf Änderung gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO). Unter Bezugnahme auf den Bp-Bericht übersandte er eine Einbringungsbilanz für die Gemeinschaftspraxis Dr. B mit einer Aufteilung der Wirtschaftsgüter zum Teilwert auf das Gesamthands- sowie das Sonderbetriebsvermögen, eine Schlussbilanz der Einzelpraxis Dr. B zum 31.03.1989 sowie eine Ermittlung des Veräußerungsgewinns i.H.v. xxx DM unter Berücksichtigung der Aufdeckung aller stillen Reserven einschließlich des Arbeitszimmers des Klägers. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass ihm nunmehr die Tarifermäßigung zustehe. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Bilanzen und Berechnungen wird auf die bei den Akten befindlichen Unterlagen Bezug genommen. Das Finanzamt folgte dem Antrag des Klägers nicht und erhöhte den Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit entsprechend den Ansätzen der Betriebsprüfung ohne Gewährung der Tarifermäßigung. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 06.05.1997 zurückgewiesen. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Kläger die Voraussetzungen der Tarifermäßigung, nämlich die eindeutige Ausübung des Wahlrechts zugunsten des Teilwertes nicht erfüllt habe; auch komme eine nachträgliche Korrektur der gewählten Ansätze entsprechend den Grundsätzen des Urteils des FG Baden-Württembergs (EFG 1992, 140) nicht in Betracht.
Dagegen hat der Kläger Klage erhoben. Er ist im wesentlichen der Auffassung, dass sich die neu gegründete Gemeinschaftspraxis eindeutig, wenn auch in formeller Hinsicht unvollständig, für die Aufdeckung aller stillen Reserven gleich zu Beginn ihrer Tätigkeit entschlossen habe. Dies ergebe sich nicht nur aus § 2 Ziffer 1 des Gesellschaftsvertrags, sondern auch...