Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Umlauf-/Anlagevermögen bei Kapitalbeteiligungen
Leitsatz (redaktionell)
- Maßgebliches Abgrenzungskriterium zwischen Anlage- und Umlaufvermögen ist die Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes.
- Zur Ermittlung der Zweckbestimmung von Kapitalbeteiligungen und Aktien ist im Einzelfall auf die subjektive Absicht des Kaufmanns abzustellen, die sich aufgrund objektiver nach außen erkennbarer Merkmale ergibt.
- Die Bilanzierung von Aktien ist ein gewichtiges Indiz, zur Ermittlung des für die Bestimmung der betrieblichen Vermögensart maßgeblichen zweckgerichteten Willens des Kaufmanns.
Normenkette
EStG § 6b Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 5, Abs. 4 S. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
1974
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob hinsichtlich des An- und Verkaufs von Aktien durch die Klägerin die Steuervergünstigung des § 6b Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr 1974 geltenden Fassung (EStG) in Anspruch genommen werden konnte.
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die 1972 im Wege der formwechselnden Umwandlung entstand. Anläßlich einer bei ihr in den Jahren 1979-1985 durchgeführten Betriebsprüfung (Bp), die den Prüfungszeitraum 1973-1977 zum Gegenstand hatte, wurde festgestellt, daß die Klägerin (bzw. deren Rechtsvorgängerin) in den Jahresabschlüssen zum 31.12.1963 bis zum 31.12.1966 zunächst Aktien der A - AG im Anlagevermögen (Beteiligungen) auswies (zum 31.12.1966: 41.192 Stück). Zum 31.12.1967 wurden dann nur noch 23.752 Stück dem Anlagevermögen und 17.620 Stück dem Um-laufvermögen zugerechnet. Wegen der Fusion der A - AG mit der B - AG wurden in 1969 die A - 'Aktien im Verhältnis 10:9 in B-Aktien umgetauscht. Der Bestand verringerte sich damit zum 31.12.1969 auf 21.213 Stück B-Aktien im Anlagevermögen und 15.858 Stück B- Aktien im Umlaufvermögen. Wegen des Zugangs junger Aktien (2.648 Stück) erhöhte sich der Bestand zum 31.12.1971 auf 22.728 Stück im Anlagevermögen und 16.991 Stück im Umlaufvermögen.
Im Jahr 1972 wurden die 16.991 Stück B- Aktien schließlich wieder aus dem Umlaufvermögen in das Anlagevermögen gebucht. Aus dem Gesamtbestand von 39.719 Stück B- Aktien wurde der Altbestand (21.213 Stück +pl 15.858 Stück = 37.071 Stück) anschließend in zwei Transaktionen veräußert. Zunächst wurden in 1972 20.000 Stück B - Aktien verkauft, wobei der Gewinn von den Anschaffungskosten im selben Wirtschaftsjahr erworbener C - Aktien gemäß § 6b EStG im Einverständnis mit dem Finanzamt abgezogen wurde. Dann wurden in 1974 die weiteren 17.071 B - Aktien des Altbestandes veräußert, sodaß nur noch die jungen Aktien (2.648 Stück) im Anlagevermögen verblieben. Der hier erzielte Gewinn von 951.244,-- DM wurde wieder von den Anschaffungskosten weiterer erworbener C - Aktien abgesetzt.
Die Bp stellte sich bezüglich des Veräußerungsvorgangs in 1974 auf den Standpunkt, daß die Voraussetzung des § 6b EStG nicht erfüllt sei, wonach die gewinnbringend veräußerten Aktien mindestens 6 Jahre vor der Veräußerung zu einem Anlagevermögen gehört haben müßten. Vielmehr hätten sich 15.858 Stück der verkauften 17.071 Stück B - Aktien von 1967 bis 1972 im Umlaufvermögen befunden. Der auf diese Aktien entfallende Veräußerungs-gewinn von 883.652,-- DM sei deshalb zum 31.12.1974 auszuweisen und ent-sprechend zu versteuern.
An diesem Ergebnis ändere sich nichts dadurch, daß während der Bp eine "Notiz" vorgelegt worden sei, wonach zum 31.12.1967 fälschlich im Umlaufvermögen ausgewiesene Beteiligungen an anderen Aktiengesellschaften im Buchwert von 915.000,-- DM im Austausch gegen "fungible" A - AG (17.620 Stück im gleichen Buchwert) in das Anlagevermögen umgebucht worden seien. Weise eine Aktiengesellschaft aufgrund des geltenden Rechts Wertpapiere (Aktien) im Umlaufvermögen aus, so sei dies mangels anderer nachprüfbarer Umstände für die Zuordnung maßgeblich. So habe die Klägerin im Geschäftsbericht 1973 die Zuordnung des Wertpapierbestandes zum Umlaufvermögen (einschließlich der fraglichen B - Aktien) mit dem Halten einer zusätzlichen Liquiditätsreserve begründet.
Die Veranlagungsstelle des Finanzamts schloß sich der Auffassung der Bp an.Der Körperschaftsteuerbescheid 1974 wurde am 15.4.1987 zur Post gegeben. Der am 14.5.1987 beim Finanzamt eingegangene Einspruch blieb in der Streitfrage erfolglos. Der Einspruch wurde mit Entscheidung vom 2.12.1997 im genannten Punkt als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der nunmehr erhobenen Klage trägt die Klägerin im wesentlichen vor, das Finanzamt habe zu Unrecht die Voraussetzungen des § 6b EStG verneint. Für den Streitfall sei es allein entscheidend, ob der Aktienbesitz nur deshalb nicht dem Anlagevermögen zugerechnet werden könne, weil er während der Sechsjahresfrist vorübergehend als Umlaufvermögen bilanziert worden sei. In diesem Zusammenhang sei der in der Einspruchsentscheidung dargelegte Sachverhalt ergänzungsbedürftig. Anläßlich des Jahresabschlusses 1967 hätten Wirtschaftsprüfer darauf hingewiesen, daß die Klägerin mehrere Beteiligungen an kleineren X - Herstellern im Uml...