Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1985–1988
Nachgehend
Tenor
1. Unter Abänderung der Umsatzsteuerbescheide 1985 bis 1988, sämtlich vom 7. Februar 1991, wird die Umsatzsteuer 1985 um … – DM auf … – DM, die Umsatzsteuer 1986 um … – DM auf … – DM die Umsatzsteuer 1987 um … – DM auf … – DM und die Umsatzsteuer 1988 um … – DM auf … – DM herabgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin führte in den Streitjahren auf einem von ihr ständig gecharterten Seeschiff Kreuzfahrten durch und nahm dabei Reisevorleistungen dritter Unternehmer in Anspruch. Als Veranstalterin der Reisen umfaßte ihre Tätigkeit auch die Planung, Organisation und Durchführung sämtlicher mit dem Kreuzfahrtbetrieb zusammenhängender Dienstleistungen. Sie versteuerte diese Reiseleistungen nach § 25 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), wobei die Umsätze im wesentlichen steuerfrei gemäß § 25 Abs. 2 UStG erklärt und veranlagt wurden.
Im Rahmen einer Außenprüfung wurde festgestellt, daß die Klägerin an Bord des Kreuzfahrtschiffes durch Angestellte Eigenleistungen erbrachte, die unstreitig nicht von der Differenzbesteuerung des § 25 Abs. 1 UStG erfaßt wurden. Es handelt sich dabei um folgendes: Die Klägerin unterhielt auf dem Schiff ein sogenanntes Bordreisebüro. Das Büro bestand aus mehreren Räumen. Ein Büroraum stand dem „Cruize-Director”, dem Leiter des Bordpersonals der Klägerin, für seine Verwaltungstätigkeit zur Verfügung; weiter existierte ein „Bordreisebüro”, d.h. ein Raum mit einem Tresen zu einem Schiffsgang, von dem aus an Schalterstunden die Passagiere betreut wurden. Das Büro war mit üblicher Technik wie Telefon, Faxgerät, Fotokopierer und Schreibmaschinen ausgerüstet. Von diesem Büro aus wurden neben der Betreuung der Passagiere folgende Tätigkeiten ausgeführt: Planung, Verkauf und Organisation von Landausflügen, Erstellung des Verpflegungsplanes, Engagement und Einsatz der Künstler, Musiker und Artisten, Entscheidungen über Änderungenn der Reiserouten aus aktuellem Anlaß sowie die Koordination und Überwachung der übrigen Dienstleister an Bord inklusive Crew. An Bord waren dafür durchschnittlich 11 Angestellte der Klägerin tätig.
Der Prüfer und ihm folgend der Beklagte gingen davon aus, daß die von diesem Büro aus erbrachten Eigenleistungen gemäß § 3 a Abs. 1 UStG steuerpflichtig seien, da das Büro auf dem Schiff entgegen der Auffassung der Klägerin mangels fester Beziehung zu einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche keine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage und damit keine ausländische Betriebsstätte im Sinn des § 12 Abgabenordnung (AO) darstelle. Der Beklagte behandelte dementsprechend in den Umsatzsteueränderungsbescheiden für 1985 bis 1988 vom 7. Februar 1991 diese Eigenleistungen als steuerpflichtig (1985: … – DM brutto; 1986: … – DM brutto; 1987: … – DM brutto; 1988: … – DM brutto), wodurch sich die Umsatzsteuer aus diesem Grund um … DM (1985), … DM (1986), … DM (1987) und … DM (1988) erhöhte.
Daraufhin legte die Klägerin am 25. Februar 1991 Einsprüche gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide vom 7. Februar 1991 mit der Begründung ein, das Schiffsbüro stelle eine ausländische Betriebsstätte dar, weshalb die streitigen Eigenleistungen als nichtsteuerbare Umsätze im Ausland zu behandeln seien. Der Auslegung des Beklagten, der Begriff „fest” in der Legaldefinition der Betriebsstätte in § 12 AO beinhalte eine feste Bindung an einen bestimmten Punkt der Erdoberfläche, könne nicht gefolgt werden. Wie sich aus Wahrigs Deutsches Wörterbuch und der Brockhaus Enzyklopädie ergebe, sei der Definition des Begriffs „fest” die Beziehung zur Erdoberfläche im allgemeinen Sprachgebrauch fremd und dürfe daher nicht angewandt werden. Soweit sich der Beklagte auf die Rechtsprechung zu Seeschiffen beziehe, könne diese Rechtsprechung vorliegend nicht mehr angewandt werden, weil sie zu der von § 12 AO unterschiedlichen Regelung des § 16 Steueranpassungsgesetzes ergangen sei. Denn damals sei die Betriebsstätte als „feste örtliche Anlage oder Einrichtung,…” definiert gewesen. Der Betriebsstättenbegriff des § 16 Steueranpassungsgesetz sei daher in dem streitigen Punkt ein anderer gewesen. Durch den Wegfall des Begriffs „örtlich” sei eine Änderung des materiellen Rechts eingetreten, die dazu geführt habe, daß die Annahme einer Betriebsstätte nicht von einer festen Verbindung der Einrichtung zu einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche abhängig sei.
Am 25. November 1991 hat die Klägerin vor Ergehen einer Einspruchsentscheidung Untätigkeitsklage erhoben, mit der sie unter Bezugnahme auf die Einspruchsbegrü...