Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1199.2
Erfolgt die Nichtzahlung der Umsatzsteuer in den Fällen des § 26b UStG gewerbs- oder bandenmäßig (s. dazu Rz. 1194, 1198), handelt es sich um einen Straftatbestand, der wie folgt lautet:
§ 26c UStG Gewerbsmäßige oder bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens
Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer in den Fällen des § 26b gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Handlungen verbunden hat, handelt.
Nach dem Willen des Gesetzgebers soll damit eine Regelungslücke bei § 370 AO geschlossen werden, die die Täter bei den sog. Umsatzsteuer-Karussellgeschäften systematisch ausnutzen. Es werden ordnungsgemäß Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Jahreserklärungen abgegeben, die Steuerschulden jedoch planmäßig nicht gezahlt. Damit war die Verfolgung des sog. missing traders nahezu unmöglich, da er nicht selbst Täter war und ein Beihilfeverdacht ohne aufwendige Ermittlungen im Strafverfahren gegen die Haupttäter (die übrigen Bandenmitglieder) kaum ausreichend zu begründen war. Die Tatbestände der §§ 26c, 26b UStG sollen deshalb einen geeigneteren Ermittlungsansatz für die Strafverfolgungsbehörden bieten, da bei dem zuerst auffällig werdenden missing trader angesetzt wird.
Erstmalig wird damit die nicht rechtzeitige Zahlung der Steuer unter Strafe gestellt. Der Straftatbestand des § 26c UStG stellt einen Systembruch dar. Das Grunddelikt ist eine bloße Ordnungswidrigkeit. Der Strafrahmen orientiert sich an anderen Straftaten des StGB, die gewerbs- und bandenmäßig begangen werden, und soll angesichts der Steuerausfälle in dreistelliger Millionenhöhe pro Fall, die durch unvalutierte Rechnungen ausstellende missing trader verursacht werden, angemessen sein. Zu Recht wird jedoch kritisiert, dass das bisherige Sanktionensystem der AO gesprengt wird, indem ein eigener Straftatbestand außerhalb der AO geschaffen wird. Damit werden unnötige Konkurrenzprobleme provoziert. Problematisch ist außerdem, dass der Unternehmer, der als Gehilfe des Staates bei der Umsatzbesteuerung tätig wird, praktisch zur Vorfinanzierung der Umsatzsteuer gezwungen wird. Zu Recht verlangt Stadie deshalb als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, dass der Unternehmer den geschuldeten Steuerbetrag zum Fälligkeitszeitpunkt auch als Teil der Gegenleistung vereinnahmt haben muss. Es stellt sich die Frage nach dem rechtspolitischen Sinn der §§ 26b, 26c UStG. Organisierte Umsatzsteuer-Betrügereien werden sich dadurch kaum verhindern lassen, letztlich trifft es "normale" Unternehmer, die zur Begleichung der Umsatzsteuer aufgrund von Liquiditätsschwierigkeiten nicht in der Lage sind oder die aus Bequemlichkeit die Fälligkeitstermine verstreichen lassen.