Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 327
Diskutiert wurde früher, ob auch die Hinterleute eines Schmuggels gestellungspflichtig sind, die eigenhändig keine Waren in das Zollgebiet der EU verbringen und am eigentlichen Transportvorgang als Fahrer oder Beifahrer nicht beteiligt sind. Durch EuGH und BGH wurde klargestellt, dass Verbringer i.S.d. Art. 38, 40 ZK und damit Täter einer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO auch derjenige sein konnte, der als Organisator des Transports durch seine Weisungsbefugnis die Herrschaft über das Fahrzeug hat. Nach Art. 139 Abs. 1 Buchst. b UZK ist nunmehr ohnehin auch jeder gestellungspflichtig, in dessen Namen oder Auftrag der Verbringer handelt. Damit ist jeder Auftraggeber tauglicher Täter nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Deshalb ist auch derjenige nach Abs. 1 Nr. 2 strafbar, der Ware aus einem Drittland in das Gebiet der EU versendet, die durch die (gutgläubige) Post befördert wird, und dabei vorsätzlich eine unrichtige Zollinhaltserklärung (CN22 und 23) abgibt, so dass die Ware direkt an den in Deutschland ansässigen Besteller geliefert wird, ohne dass eine Gestellung durch den Verbringer erfolgt und somit auch keine Einfuhrabgaben erhoben werden. In den unrichtigen Angaben liegt gleichzeitig das pflichtwidrige Unterlassen, richtige Angaben zu machen (zur Bedeutung der steuerlichen Pflichtenstellung bei aktivem Tun s. Rz. 112).
Die unrichtige Zollinhaltserklärung geht der FinB selbst nicht zu, so dass eine Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO nur dann angenommen werden konnte, wenn der Postdienstleister als Empfangsbote und damit Teil der FinB oder aber als andere Behörde i.S.d. Abs. 1 Nr. 1 angesehen wird. Für Letzteres spricht, dass der Verbringer durch die Auswertung der Zollinhaltserklärung eine zollrechtlich relevante Handlung vornimmt und damit eine Stelle ist, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 6 Abs. 1 AO). Wie beim Amtsträgerbegriff des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB ist es dabei gleichgültig, ob die Aufgabenerfüllung durch eine Stelle erfolgt, die öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert ist. Der Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO steht dem nicht entgegen, da Behörde für die AO verbindlich abweichend vom normalen Sprachgebrauch in § 6 Abs. 1 AO definiert wird. Denkbar ist auch, dass durch die unrichtigen Angaben, durch die der Verbringer getäuscht wird, eine spezifisch begründete strafrechtliche Garantenpflicht nach § 13 StGB entsteht, die zu einer Pflicht nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO führt, die FinB über die steuerlich erheblichen Tatsachen aufzuklären (s. Rz. 94). Durch die Verletzung dieser Pflicht würde der Hinterziehungserfolg herbeigeführt.
Rz. 328– 333
Einstweilen frei.