Rz. 489
Bislang war umstritten, ob vom sachlichen Umfang der Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO a.F. nur die Steuerarten und Steuerabschnitte, die Gegenstand der Prüfung sind oder sein sollen, umfasst sind, oder ob auch andere Steuerarten oder -abschnitte mit umfasst werden, die mit dem geprüften Sachverhalt in einem mehr oder weniger engen oder überhaupt keinem sachlichen Zusammenhang stehen. Der Wortlaut des § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO a.F. sah weder in zeitlicher noch in sachlicher Hinsicht eine Begrenzung der Sperrwirkung vor. Für nach dem 31.12.2014 abgegebene Selbstanzeigen ist dieser Streit durch die Neufassung zum 1.1.2015 obsolet geworden. Die Beschränkung der Sperrwirkung auf den sachlichen Umfang bewirkt, dass diese nur hinsichtlich der Steuerarten eintritt, auf die sich die Prüfung erstreckt. Aufgrund der Beschränkung in zeitlicher Hinsicht besteht die Sperrwirkung nur für die vom Prüfungsauftrag erfassten Veranlagungszeiträume.
Rz. 490
Bereits zur bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung des § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO sowie zu § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO a.F. bestand die weitgehend einhellige Ansicht, dass die Sperrwirkung einer einschränkenden Auslegung und damit einer formalen Begrenzung bedurfte, da eine am Wortlaut haftende Auslegung zu dem Ergebnis geführt hätte, dass das Erscheinen jedes Amtsträgers der FinB die Selbstanzeige bzgl. sämtlicher Steuerarten und Steuerabschnitte ausgeschlossen hätte, was gerade bei Großbetrieben und Konzernen dazu geführt hätte, dass diese faktisch gar keine Selbstanzeige mehr abgeben könnten, da bei ihnen permanent steuerliche Prüfungen stattfinden.
Rz. 491
§ 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO i.d.F. des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes sah jedoch zunächst eine Ausweitung der Sperrwirkung vor, indem das Vorliegen der Voraussetzungen des Sperrgrundes für eine der zur Selbstanzeige gebrachten Taten die Selbstanzeige hinsichtlich aller unverjährten Steuerstraftaten der betroffenen Steuerart ausschloss.
Rz. 492
Zunächst wurde die sachliche Begrenzung der Sperrwirkung aus der sachlichen Zuständigkeit der FinB, in deren Auftrag der Amtsträger erscheint, hergeleitet. Die Ausschlusswirkung umfasste danach nur die Steuern, für deren Verwaltung die jeweilige beauftragende Behörde zuständig ist (vgl. § 16 AO i.V.m. dem FVG).
Rz. 493
Daneben bestand in der Literatur weitgehend Einigkeit, dass die Begrenzung des sachlichen Umfangs der Sperrwirkung nicht anhand eines Sachzusammenhangs, sondern des internen Prüfungs- bzw. Ermittlungsauftrags zu erfolgen hatte. Zwar hatte hinsichtlich des Sperrgrundes des § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c Alt. 2 AO a.F. (Erscheinen eines Amtsträgers zur Ermittlung einer Steuerstraftat) der BGH in seinem Beschluss vom 20.5.2010 ausgeführt, dass die Sperrwirkung nicht zwingend anhand des Prüfungs- bzw. Ermittlungsauftrags zu bestimmen sei. Vielmehr ließ der BGH ausdrücklich einen Sachzusammenhang zur Auslösung der Sperrwirkung genügen. Die Ausführungen des BGH bezogen sich aber einzig auf die Alt. 2 des § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c AO a.F. Richtigerweise war hieraus im Umkehrschluss zu folgern, dass zur Bestimmung des sachlichen Umfangs der Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c Alt. 1 AO a.F. (Erscheinen eines Amtsträgers zur steuerlichen Prüfung) nach wie vor auf den Prüfungsauftrag abzustellen war (s. Rz. 494 ff.).