Rz. 103
Wird eine Selbstanzeige für eine Personen- oder Kapitalgesellschaft abgegeben, so ist der Kreis der Begünstigten begrenzt. Jedoch sind Selbstanzeigen auf der Ebene von Gesellschaften oft nicht auf die Gesellschaft begrenzt.
Rz. 104
Wird für eine Kapitalgesellschaft eine Steuerverkürzung infolge einer verdeckten Gewinnausschüttung angezeigt, betrifft die Selbstanzeige zunächst nur die Körperschaft als Steuersubjekt und die für sie handelnden gesetzlichen Vertreter bzw. die Personen, für die wegen Gewinnbeteiligung die Hinterziehung zum Vorteil gereicht (s. Rz. 298 ff.). Hinsichtlich der Einkommensteuerhinterziehung bei den begünstigten Gesellschaftern wirkt eine Selbstanzeige der Gesellschaft nur dann strafbefreiend, wenn die Gesellschafter den Anzeigeerstatter hierzu beauftragt haben und in die Selbstanzeige ausdrücklich miteinbezogen werden.
Rz. 105
Da für die Festsetzung der nacherklärten Beträge häufig verschiedene FÄ zuständig sind (Betriebsstätten-FA und Wohnsitz-FA der Gesellschafter), empfiehlt es sich, sämtliche zuständigen FÄ über den Korrekturbedarf zu informieren. Hierzu kann es sich anbieten, ein einheitliches Schreiben (i.d.R. an das Betriebsstätten-FA) zu formulieren und dieses den Wohnsitz-FÄ in Kopie zur Kenntnisnahme zu übersenden. Die Übermittlung sollte per Telefax erfolgen, um einen zeitgleichen Zugang der Schreiben bei den unterschiedlichen FÄ sicherzustellen.
Rz. 106
Bei Personengesellschaften wird eine gesonderte Feststellung der Einkünfte durchgeführt (vgl. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO), aufgrund derer die Besteuerung der einzelnen Gesellschafter erfolgt. Hierzu hat jeder Feststellungsbeteiligte eine Erklärung abzugeben (§ 181 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AO). Hat ein Beteiligter die Erklärung abgegeben, so sind die anderen von der Erklärungspflicht befreit, es sei denn, die Erklärung ist unrichtig. Damit führt eine Berichtigung der unrichtigen Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung nur zur Straflosigkeit des Gesellschafters, der die Anzeige erstattet. Eine Selbstanzeige ist somit grundsätzlich für sämtliche Feststellungsbeteiligte abzugeben. Dies gilt jedoch nur dann, wenn auch alle Feststellungsbeteiligten an der Steuerhinterziehung strafbar beteiligt waren. Soweit einzelne Gesellschafter darauf vertrauen durften, dass die durch den von ihnen damit beauftragten Feststellungsbeteiligten abgegebene Erklärung richtig war, ist ihnen ein strafbares Verhalten nicht vorzuwerfen, so dass für sie keine Notwendigkeit zur Abgabe einer Selbstanzeige besteht. Dies dürfte insb. bei sog. Publikumsgesellschaften regelmäßig der Fall sein.
Rz. 107
Berichtigt ein anderer Feststellungsbeteiligter eine unrichtige Erklärung nach § 153 AO, kommt bzgl. der anderen nach § 153 AO zur Anzeige Verpflichteten eine Strafbefreiung nach § 371 Abs. 4 AO in Betracht.
Wegen der Bindungswirkung des geänderten oder erlassenen Grundlagenbescheids (vgl. § 175 Abs. 1 Nr. 1, § 171 Abs. 10 AO) können sich die Feststellungsbeteiligten der Selbstanzeige beim Feststellungs-FA anschließen, ohne zusätzlich gegenüber ihrem Wohnsitz-FA Selbstanzeige erstatten zu müssen. Aus anwaltlicher Vorsicht kann gleichwohl ratsam sein, eine Kopie der Selbstanzeige gegenüber dem Feststellungs-FA an das Wohnsitz-FA zu versenden.
Zu der Frage, ob bei einer Korrektur des einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids zugleich etwaige weitere Fehler in den Einkommensteuererklärungen der Gesellschafter offenbart werden müssen, vgl. Rz. 134 ff.
Rz. 108
Entsprechendes gilt für die Selbstanzeige wegen Gewerbesteuerhinterziehung im Verhältnis von Gewerbesteuermessbescheid und Gewerbesteuerbescheid.
Rz. 109
Bei der Umsatzsteuer ist die Personengesellschaft selbst Steuerobjekt, so dass die Geschäftsführer (§ 34 Abs. 1 Satz 1 AO) oder die Gesellschafter (§ 34 Abs. 2 Satz 1 AO) erklärungspflichtig sind und damit selbständig mit Wirkung für die Gesellschaft Selbstanzeige erstatten können.