Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 58
Der Versuch des Bannbruchs ist aufgrund der ausdrücklichen Verweisung des § 372 Abs. 2 AO gem. § 370 Abs. 2 AO strafbar (so die nahezu einhellige Meinung). Auf die Erläuterungen in § 370 Rz. 704, 1533 ff., in denen die Besonderheiten von Ein- und Ausfuhrvergehen mit Beispielen berücksichtigt werden, wird Bezug genommen.
Demgegenüber zweifelt Makee Mosa grundlegend an, ob der Versuch des Bannbruchs strafbar ist. Mit Blick auf den Wortlaut könne die Lesart des Verweises in § 372 Abs. 2 AO ("nach § 370 Abs. 1, 2 AO" statt "nach § 370 Abs. 1 und Abs. 2 AO") auch dahin verstanden werden, dass der (vollendete) Bannbruch rechtsfolgenseitig wie eine versuchte Steuerhinterziehung, also mit einem fakultativen Strafmilderungsgrund nach § 23 Abs. 2 StGB, zu bestrafen sei. Dies entspreche auch dem Sinnzusammenhang der Norm, da § 372 Abs. 1 AO selbst keine Rechtsfolge enthalte. Eine "ausdrückliche" Bestimmung der Versuchsstrafbarkeit i.S.d. § 23 Abs. 1 StGB fehle jedenfalls. Auch dies sei ein weiteres Anzeichen für die Fehlkonzeption des Bannbruchs (s. dazu Rz. 8).
Rz. 59
Besonderer Aufmerksamkeit bedarf im Rahmen der Prüfung, ob noch eine straflose Vorbereitungshandlung vorliegt oder bereits das Versuchsstadium erreicht ist, die Frage, wann das Verhalten des Täters als "unmittelbares Ansetzen zur Tat" i.S.d. § 22 StGB anzusehen ist. Zutreffender Ansicht nach kommt es dabei auf eine Abgabenlast der Ware nicht an. Auch bedarf es bei der Festlegung des Versuchsbeginns keiner Differenzierung zwischen Einfuhr und Ausfuhr (s. Rz. 61).
Den Tatbeginn bilden frühestens Handlungen, die in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Das ist der Fall, wenn die Bannware einen grenznahen Ort erreicht oder von dort aus nach der Vorstellung des Täters ohne weitere Unterbrechung in Richtung Grenze in Bewegung gesetzt wird. Noch straflose Vorbereitungshandlungen sind daher z.B. die Übernahme der Bannware, der Einbau eines Verstecks oder das Aufladen bzw. Verstecken der Ware in Containern mit Tarnladung.
Rz. 60
Der Versuch der verbotswidrigen Einfuhr beginnt regelmäßig erst kurz vor Erreichen der Hoheitsgrenze oder der vor ihr eingerichteten Zollstelle. Daran fehlt es, wenn der in einem Kraftfahrzeug befindliche Täter noch einige Kilometer bis zur Grenze zu überwinden hat. Ein Versuch liegt ebenfalls nicht vor, wenn der Täter vor der Fahrt zur Grenze noch im Ausland übernachtet oder nach Übergabe des Stoffes an die Transportpersonen noch weitere Zwischenakte (Beladung des Fahrzeugs u.a.) erforderlich sind. Ein Einfuhrversuch im Flugverkehr beginnt, wenn der Abflug zum deutschen Hoheitsgebiet demnächst erfolgen soll, regelmäßig bereits mit dem Einchecken des Reisegepäcks. Versuchte Einfuhr, nicht etwa Durchfuhr, hat der BGH früher angenommen, wenn ein Flugreisender Betäubungsmittel für einen Flug mit Zwischenlandung im Inland als Reisegepäck aufgegeben und mit einer Aushändigung gerechnet hat, aber die Zollbehörde beim Umladen des Transitgepäcks darauf Zugriff nimmt. Der BGH führte aus, dass der Transitreisende bei der Umladung des Reisegepäcks am Ort der Zwischenlandung regelmäßig (die Annahme der Durchfuhr ausschließende, jedoch die Einfuhr begründende) Zugangsmöglichkeit zu dem Gepäckstück und damit tatsächliche Verfügungsmacht i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 BtMG habe. Das ist nach heutigen Sicherheitsbestimmungen aber nicht mehr der Fall, so dass für eine (versuchte) Einfuhr die Zugriffsmöglichkeit des Transitreisenden konkret festzustellen ist (s. Rz. 49 f.). Ansonsten kommt bei Aufgriff der Ware bei der Zwischenlandung versuchte Durchfuhr in Betracht.
Rz. 61
Nach überwiegender Ansicht soll der Versuch bei Ausfuhrvergehen gegenüber Ausfuhr- und Durchfuhrverstößen, denen die Überwindung eines bereits der Grenze vorgelagerten Sperrgürtels gemeinsam sei, früher beginnen. Hier trete die unmittelbare Gefährdung der Banngrenze bereits mit dem Beginn des Transportvorgangs zur Grenze hin ein. Das Argument, die Kontrollmöglichkeiten der Zollbehörden seien auf das Inland beschränkt und im Übrigen weniger streng als bei der Einfuhr, überzeugt aber in der heutigen Zeit angesichts der verschärften zollamtlichen Kontrollen von Ausfuhrgütern (vgl. § 17 Abs. 1 AWG), insbesondere bei Embargo-Regeln, nicht mehr. Daher beginnt der Versuch nicht bereits damit, dass das Ausfuhrgut Richtung Grenze in Bewegung gesetzt wird, sondern erst mit dem Eintritt in den grenznahen Raum (s. dazu die Legaldefinition in § 14 Abs. 1 Satz 1 ZollVG).
Rz. 62
Anders beurteilt sich die Sachlage bei Versand der Ware, sei es vom Ausland oder Inland aus. Hier ist bereits mit Aufgabe der Ware zur Beförderung bei dem Transportunternehmen der Versuchsbeginn anzunehmen (s. auch Rz. 42, 50); bei Flugreisenden ist das der Zeitpunkt der Aufgabe des Reise...